Mobile-first, Cloud-first

CEO Nadella: Microsoft muss sich neu erfinden

14.07.2014
Microsoft war die dominierende Kraft der PC-Ära, so mächtig, dass einst die Zerschlagung des Windows-Konzerns auf den Plan rückte. Jetzt erklärt der neue Chef Satya Nadella, Microsoft müsse sich neu erfinden, um sich einen Platz in der heutigen Welt zu sichern.

Was für ein Zeitenwandel: Das Wort "Windows" kam im Strategie-Manifest des neuen Microsoft-Chefs Satya Nadella zum ersten Mal im 20. Absatz vor. Nachdem Microsoft mit seinem Betriebssystem Windows über ein Jahrzehnt die Computer-Branche dominiert hatte, gesteht Nadella so offen wie noch nie ein, dass sich die Zeiten geändert haben. Die heutige Welt werde von mobilen Geräten und Cloud-Diensten beherrscht, betont er. Und alte Errungenschaften zählten nicht viel: "Unsere Industrie hat keinen Respekt für Traditionen - sondern nur für Innovation."

In dieser "mobile-first und cloud-first" Welt will Microsoft sich eine Existenzberechtigung als Fels in der Brandung für die Nutzer verschaffen. Egal, ob sie Geräte von Apple oder mit Googles Android-System oder einen PC nutzen - Software und Dienste von Microsoft sollen dafür zur Verfügung stehen. Der Fokus liege dabei auf "Produktivität": "Wir helfen Menschen, Dinge zu erledigen", egal ob es um Lernen, Finanzen oder Kochrezepte gehe. Microsoft wird in alle Ecken der Welt vorstoßen, um jeden Menschen als beruflichen und privaten Nutzer zu unterstützen, gibt Nadella als Devise aus. Eine ausführliche Analyse zur Microsoft-Strategie lesen Sie hier.

Die Realität ist, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen sich daran gewöhnt haben, ohne Microsoft-Produkte auszukommen. Sicher, in den Büros surren zumeist noch Windows-Rechner. Aber unterwegs greifen die meisten zu Smartphones mit Googles Android oder iPhones von Apple. Microsofts System Windows Phone hängt beim Marktanteil nach wie vor im einstelligen Prozentbereich fest. Bei Tablets versucht Microsoft mit Nachdruck, sein Surface zugleich als Notebook-Ersatz zu etablieren. Wie das ausgeht, ist offen. Microsofts Office-Software kam erst mit dem Amtsantritt Nadellas vor wenigen Monaten erstmals auf iPhone und iPad - bisher füllte neben Apples eigenen Angeboten Software anderer Entwickler die Lücke aus.

Microsoft Office für iPad
Microsoft Office für iPad
Nach dem Start der App Word...
Microsoft Office für iPad
... lassen sich neue Dokumente aus verschiedenen Vorlagen erstellen.
Microsoft Office für iPad
Als Dienste zum Speichern der Dateien können neben "Lokal" noch OneDrive-Accounts eingerichtet werden. Dabei lässt sich ein privater und Business-Account parallel verwenden.
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Außerdem können SharePoint-Seiten für das Dokumenten-Sharing angegeben werden.
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Und wer viel mit Formatvorlagen arbeitet, freut und ärgert sich. Positiv: Alle Formatvorlagen bleiben beim Speichern eines Desktop-Dokuments auch bei der Bearbeitung auf dem iPad erhalten, wenn das Dokument anschließend wieder auf dem Desktop weiterverarbeitet wird. Negativ: Beim Bearbeiten stehen nur die Standard-Formatvorlagen zur Verfügung, die vorhandenen eigenen Formatvorlagen im Dokument lassen sich auf neue Textpassagen nicht anwenden. Man kann allerdings vorhandene Texte kopieren und die Formate davon auf andere Absätze einfügen; etwas umständlich aber.
Microsoft Office für iPad
Die Ähnlichkeit zum Desktop-Pendant zeigt sich nicht nur in der Menüleiste. Einer der wichtigsten Funktionen für Business-Nutzer Änderungen nachverfolgen wurde ebenso übernommen und ist identisch mit der Desktop-Version.
Microsoft Office für iPad
Schriftarten stehen "Office-kompatible", "iOS-Schriften" und "Designerschriftarten" zur Verfügung.
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Einfügen von Bildern, Tabellen oder Formen erfolgt über den Reiter "Einfügen".
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Hyperlinks einfügen funktioniert sehr einfach.
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Hier sehen Sie die Optionen des Reiters "Layout".
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Word kann wie das Desktop-Pendant Wörter und Zeichen zählen.
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Nach einem Update gibt es auch eine Druck-Funktion in den Office-Apps.
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Mit dem Update auf Version 1.1 gibt es weitere neue Funktionen.
Microsoft Office für iPad
Unter anderem lässt sich ein Dokument nun als PDF verschicken.
Microsoft Office für iPad
Die Excel-App präsentiert sich im gewohnten Logo.
Microsoft Office für iPad
Excel bietet für neue Kalkulationen gleich viele Vorlagen.
Microsoft Office für iPad
Auch Excel präsentiert sich in der Optik der Desktop-Version
Microsoft Office für iPad
Neben der normalen Tastatur...
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... lässt sich auch auf eine Spezialvariante umschalten, mit der die typische Arbeit in Excel erleichtert wird.
Microsoft Office für iPad
Die Bedienung mit dem Finger klappt sehr gut, die Symbole sind überwiegend selbst erklärend.
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Anders als bei Word ist Änderungen nachverfolgen in Excel für iPad nicht integriert. Die Kommentarfunktion wird nur teilweise unterstützt. Das heißt, Sie können zwar Kommentare sehen und löschen, aber keine neuen erstellen oder bestehende bearbeiten.
Microsoft Office für iPad
Die Ansicht lässt sich mit ein paar Grundfunktionen konfigurieren.
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Die Suchfunktion bietet einige Optionen.
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Drucken kann die App ebenfalls.
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Auch Excel erhält mit dem Update auf die Version 1.1 mehr Features.
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So gibt es beim Drucken nun mehr Konfigurationsmöglichkeiten.
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Außerdem sind nun Pivot-Tabellen in Excel möglich.
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Auch PowerPoint für das iPad ist sofort über sein bekanntes Logo zu erkennen.
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PowerPoint für iPad enthält weit weniger Vorlagen als sein Desktop-Pendant, die mehr elementar oder zweckmäßig im Vergleich sind.
Microsoft Office für iPad
Die Textbearbeitung von Folien und von Notizen ist einfach und intuitiv, obwohl es weit weniger Text-Formatierungsmöglichkeiten oder Spezial-Effekte gibt, als bei der Desktop-Variante.
Microsoft Office für iPad
Die App bietet zwar die Möglichkeit, Bilder, Formen und Tabellen einzufügen, aber nicht Animationen oder Videos.
Microsoft Office für iPad
Diverse Übergangseffekte beim Blättern sind auch mit der App möglich.
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Der Screenshot zeigt den Reiter "Einfügen".
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Praktisch: Im Präsentationsmodus kann mit dem Finger direkt auf dem iPad gezeichnet werden, um beispielsweise während des Vortrags etwas hervorzuheben.
Microsoft Office für iPad
PowerPoint hat neue Features am dringendsten nötig.
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Bilder lassen sich mit der Version 1.1 nun besser bearbeiten.
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Jetzt können auch Videos eingebunden werden.

Microsoft dominiert mit seiner Windows-Plattform zwar nach wie vor das PC-Geschäft, doch die große Masse machen inzwischen andere Geräte aus. Pro Jahr werden mehr als eine Milliarde Smartphones verkauft - und nur rund 300 Millionen Personal Computer. Für kommendes Jahr wird erwartet, dass erstmals mehr Tablets als Notebooks und Desktop-Rechner verkauft werden. Microsoft hat sich der neuen Realität lange verschlossen. Erst lachte Nadellas Vorgänger Steve Ballmer 2007 öffentlich das iPhone aus, dann wollte er höchstens den Anbruch einer "PC-Plus"-Ära eingestehen, in der Computer immer noch im Mittelpunkt stünden. In der Zwischenzeit setzte Google auf Büroanwendungen aus der Cloud, Apple rückte mit iPhone und iPad auch ohne die Office-Apps in Unternehmen vor und Amazon wurde zu einem mächtigen Infrastruktur-Lieferanten für Online-Dienste.

Botschafter einer neuen Welt

In einem Interview mit dem Technologie-Blog "The Verge" betonte Nadella, das Rennen sei aus seiner Sicht aber noch nicht gelaufen. Es würden zwar mehr Smartphones als PCs verkauft und er sei sich des Unterschieds zwischen einer Milliarde und 300 Millionen Geräten bewusst. "Aber 300 Millionen sind 300 Millionen." Für den Konzern sei es jetzt entscheidend, die Verbraucher zu überzeugen, dass sie Microsoft eine Chance auch in ihrem privaten Alltag geben.

Nadellas neuer Kurs bräuchte nicht unbedingt eine eigene Mobil-Plattform wie Windows Phone und nicht unbedingt den von Ballmer für 3,7 Milliarden Dollar gekauften Handy-Hersteller Nokia. Nadella führte früher Microsofts Cloud-Geschäft, er ist so etwas wie der Botschafter der neuen Welt innerhalb der Führungsriege in Redmond. So hatte er auch keine Scheu, Ballmers Definition, Microsoft sei ein Anbieter von "Geräten und Diensten", einfach durchzustreichen. Nadellas Microsoft soll eine Plattform für alle Geräte und Dienste aller Anbieter sein.

Das Technologie-Magazin "Wired" vermisste jedoch einen konkreten Plan hinter Nadellas Worten. Als Apple Mitte der 90er Jahre am Boden lag, habe Steve Jobs den iMac als Symbol für den Neuanfang präsentieren können. In Nadellas sechsseitigem Brief habe es hingegen wenig konkrete Informationen gegeben, die die Microsoft-Mitarbeiter mobilisieren könnten. (dpa/wh)