Prognose eingetroffen

CCC: Wie erwartet erhebliche Probleme bei bayerischer Computer-Stimmenzählung

06.03.2008
Bei der bayerischen Kommunalwahl beobachteten interessierte Wähler und bayerische Mitglieder des Chaos Computer Club (CCC) eine Reihe schwerwiegender Probleme und realer Manipulationsrisiken, die das Vertrauen in die eingesetzten Barcode- und Computer-Zählsysteme weiter in Frage stellen. Vor den Risiken der computerisierten Auszählung hatte der CCC bereits im Vorfeld gewarnt.

Der Sprecher des CCC, Dirk Engling, fasste die Beobachtungen zusammen: "Die Auszählung von Stimmen mit Barcode und Computer bringt in der Praxis keine Vorteile, die in irgendeinem Verhältnis zu den Risiken von Fehlern und Manipulationen stehen. Theoretisch gibt es hier zum Nachzählen zwar noch Papierzettel, in der Praxis wird den Ergebnissen der intransparenten und äußerst unzulänglichen Zählprogramme aber vertraut."

In der Gemeinde Unterschleißheim etwa wurde laut CCC einer SPD-Kandidatin auf dem Wahlzettel der gleiche Barcode zugeteilt, wie ihrem Konkurrenten von der CSU. Dieser Fehler der Druckerei blieb bei zwei im Vorfeld durchgeführten Testdurchläufen unbemerkt. Erst in der dritten Gemeinde fiel das Versehen auf. Da es nicht mehr gelang, die Wahlzettel zu korrigieren, mussten die Wahlhelfer diesen Umstand bei der Auszählung berücksichtigen. Ob in anderen Wahlkreisen solche Fehler unbemerkt zu verfälschten Wahlergebnissen geführt haben, sei nicht mehr nachvollziehbar.

In verschiedenen Gemeinden seien die Computer, auf denen die Auszählsoftware lief, nicht nur von Wahlhelfern, sondern sogar von amtierenden Stadträten von zu Hause mitgebracht worden. Das Programm der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung Bayern (AKDB) sei teilweise ohne jegliche Manipulationsicherung über das Internet an die Gemeinden verteilt worden. Das Login-Passwort für den Zugang zur Wahlkonfiguration sei in mindestens einer Stadt auf „123456“ gesetzt gewesen und lag angeblich offen sichtbar im Wahllokal.

Die Wahlhelfer seien mit der Bedienung des Systems vielfach überfordert gewesen: Die versprochene sorgfältige Überprüfung der Stimmenerfassung sei in den meisten Fällen nicht durchgeführt worden. So war vorgesehen, den Wahlhelfern beim Scannen eine zweite Person zur Seite zu stellen. Diese sollte überprüfen, ob die gewählten Kandidaten korrekt von der Software gezählt werden. Um die etwas zähe Prozedur zu beschleunigen, wurde angeblich jedoch oft "blind" und so schnell gescannt, dass auch Fehlermeldungen in der Software übersehen wurden. Verwechslungen und Irrtümer seien somit an der Tagesordnung gewesen.

Im Landkreis Bad Tölz habe man zu allem Überfluss Wahlzettel auf grünem Papier verwendet, die durch mangelnden Kontrast zu einer sehr schlechten Barcode-Erkennung führten. Somit musste der Barcode jedes Kandidaten laut CCC mehrfach abgestrichen werden. Auch in etlichen anderen Gemeinden habe die Auszählung länger als eine gut organisierte Handauszählung gedauert.

"Die Vorkommnisse bei der bayerischen Auszählung sind der Super-GAU für diese Systeme. Insbesondere das Vertrauen in die Barcode-Auszählung ist damit komplett ruiniert", kritisierte CCC-Sprecher Dirk Engling die blinde Technikgläubigkeit der bayerischen Kommunen. (jdo)

Sie interessieren sich für IT-Security? Über aktuelle Sicherheitslücken informieren Sie die Security-Reports von tecCHANNEL in Kooperation mit Secunia. Sie können diesen Dienst auch als kostenlosen Newsletter oder als tägliche tecCHANNEL Security Summary abonnieren. Premium-Kunden haben zudem die Möglichkeit, sich bei hoch kritischen Lücken per Security Alert informieren zu lassen.

tecCHANNEL Shop und Preisvergleich

Links zum Thema IT-Sicherheit

Angebot

Bookshop

Bücher zum Thema

eBooks (50 % Preisvorteil)

eBooks zum Thema

Software-Shop

Virenscanner