Nie mehr langsam

Browser-Tuning - Firefox und Co. in Linux beschleunigen

02.07.2015 von David Wolski
In den ersten Wochen sind sie noch frisch und munter. Danach geht es mit der Leistung oft schnell bergab. Wenn Firefox und Chrome/Chromium nur noch kriechen, helfen folgende Aufräumarbeiten.

Generell sind die großen und populären Browser der Mozilla Foundation und von Google keine schlanken Programme mehr, sondern umfangreiche Software mit erheblichem Ressourcenbedarf. Auf einem typischen Linux-Desktop ist der Browser, egal ob Firefox Chrome oder Chromium, das eindeutige Schwergewicht unter den laufenden Prozessen. Add-ons und die im Laufe der Nutzung anfallenden Datenmengen im Webseiten-Cache und dem Browser-Verlauf sind flotten Start- und Ladezeiten ebenfalls abträglich.

Gerade auf Linux-Systemen mit Langzeit-Support, auf welchen Browser über Jahre mit dem gleichen Benutzerprofil laufen, tut es not, alle paar Monate Ordnung zu schaffen.

Test: Netzwerkprobleme ausschließen

An einem schleppenden Seitenaufbau trägt nicht immer gleich der Browser die Schuld. Eine langsame Netzwerkverbindung über ein WLAN mit schlechtem Empfang bremst etwa den Mozilla Firefox ganz allgemein aus. Einen Test, ob die Internetverbindung, der verwendete DNS-Server oder auch nur ein besuchter Webserver lahmt, können Sie einfach mit einem anderen Browser durchführen.

Ein schlanker alternativer Browser, der in allen verbreiteten Linux-Distributionen zur Installation bereitsteht, ist Midori. Auch auf der Kommandozeile können Sie einen Geschwindigkeitstest für eine Webseite mit dem Tool curl durchführen:

curl -o /dev/null -s -w %{time_total}s\\n www.tecchannel.de

Dieser Befehl gibt die Antwortzeit von www.tecchannel.de in Sekunden aus. Den verwendeten DNS-Server überprüfen Sie mit dem Kommando

dig www.tecchannel.de

das unter „Query time“ die DNS-Antwortzeit in Millisekunden angibt.

Diese Anfragen geben immer nur die Antwortzeiten eines Webservers zurück, nicht die Dauer des Seitenaufbaus einer gesamten Webseite. Dies reicht aber aus, um eine schlechte Netzwerk- oder Internetverbindung nachzuweisen.

Erweiterungen: Weniger ist mehr

Es ist der Browser-Geschwindigkeit nicht zuträglich, mit Add-on-Sammlungen von 20 bis 30 Erweiterungen zu arbeiten. Kontrollieren Sie einige Male im Jahr, ob Sie die installierten und aktiven Erweiterungen tatsächlich benötigen. Spezielle Entwickler-Erweiterungen wie Firebug, die Sie seltener brauchen, können Sie einfach deaktivieren und bei Bedarf über die jeweiligen Browser-Einstellungen aktivieren. Mehrere aktive Blocker gegen Werbung und Tracker zu verwenden, beispielsweise Adblock Plus und zusätzlich Ghostery, ist keine gute Idee. Stattdessen sollte man sich die Mühe machen, die Filterregeln anzupassen und nur einen einzigen Blocker einzusetzen. Eine Filterliste im Stil von Ghostery gegen Zählpixel und Tracker für Adblock Plus und Adblock Edge liefert die Liste „EasyPrivacy“.

Firefox: Die Liste der Add-ons und deren Optionen finden Sie in den Einstellungen unter „Add-Ons -> Erweiterungen“ oder auch über die Adresse „about:addons“.

Chrome/Chromium: In den Google-Browsern öffnet der Menüpunkt „Weitere Tools -> Erweiterungen“ die Übersicht der installieren Add-ons. Auch hier gibt es alternativ die interne Adresse „chrome://extensions“.

Speicherbedarf: Erweiterungen im Detail

Aktive Erweiterungen und Plug-ins wie Adobe Flash haben teils erheblichen Bedarf an Speicher. Zusammen mit einigen geöffneten Tabs kommt der Browser-Prozess insgesamt schnell auf über 500 MB RAM und mehr.

Auf halbwegs aktuellen Rechnern sollte das kein Problem sein, aber auf älteren Maschinen mit weniger als zwei GB RAM wiegt dieser Speicherbedarf schwer. Einige Dutzend MB für anspruchsvolle Erweiterungen sind völlig normal. Mehrere Hundert MB deuten dagegen auf ein Speicherleck in einer Erweiterung hin, und Sie sollten diese besser deaktivieren, bis das Problem durch ein Update der Erweiterung gelöst ist.

About-Addons-Memory zeigt, wieviel RAM jede Erweiterung belegt. Werbeblocker haben den größten Speicherbedarf.

Firefox: Über den aktuellen Speicherbedarf gibt Firefox selbst Auskunft: Geben Sie in der Adresszeile about:memory ein, und klicken Sie dann ganz links auf „Measure“. Der oberste Wert mit der Angabe „100%“ repräsentiert den gesamten Speicherbedarf des Browsers in MB. Ist der Speicher auf dem Rechner generell knapp oder liegt die RAM-Auslastung durch Firefox bei extrem hohen Werten über 700 MB, dann lohnt sich ein Blick auf die einzelnen aktiven Erweiterungen. Eine einzelne Auflistung liefert die Erweiterung About-Addons-Memory von Nils Maier. Nach der Installation der Erweiterung geben Sie in der Adresszeile about:addons-memory ein und erhalten dann eine Übersicht, wie viel Speicher jede Erweiterung aktuell beansprucht.

Chrome/Chromium: Die Google-Browser benötigen keine zusätzliche Erweiterung, um den Speicherbedarf genau aufzuschlüsseln. Einen Report liefert die interne Adresse „chrome://memory-redirect“ in der Adresszeile. In der oberen Zeile ist in der Spalte „Private“ die gesamte Größe der Browsers im RAM angegeben, darunter zeigen die „Prozesses“, welchen Anteil daran jede Erweiterung (Extension) und Plug-ins wie Flash haben. Nettes Extra: In der oberen Spalte zeigt Chrome/Chromium auch den Speicherbedarf eines gleichzeitig laufenden Firefox an.

Reset: Den Browser zurücksetzen

Falls der Browser verkonfiguriert ist, etwa nach Experimenten mit Parametern auf der Einstellungsseite „about:config“ von Firefox oder in Chrome/Chromium auf „chrome://flags“, dann brauchen Sie den Browser nicht neu zu installieren. Ein Reset tut es auch. Dieser setzt alle Einstellungen auf Standardwerte zurück, verwirft Add-ons, den Cache sowie Cookies, hält aber andere Benutzerdaten wie die Lesezeichen, gespeicherte Passwörter und Formulardaten vor.

Mozilla empfiehlt den Reset des Browsers als Allheilmittel gegen eine Vielzahl von Problemen. Benutzerdaten wie Lesezeichen, Passwörter und Cookies bleiben erhalten.

Firefox: Um einen Reset auszuführen, gehen Sie in den Firefox-Einstellungen auf das Hilfe-Symbol und dann auf „Informationen zu Fehlerbehebung -> Firefox restaurieren“. Die Aktion müssen Sie anschließend noch einmal bestätigen, wonach Firefox nach kurzer Verzögerung mit dem frischen Profil neu startet und dabei die automatisch gesicherten Benutzerdaten wieder einliest. Die kompletten alten Profildateien liegen zudem im Ordner „Old Firefox Data“ auf dem Desktop und können gelöscht werden.

Auch in den Google-Browsern können wenige Klicks die Einstellungen zurücksetzen. Lesezeichen und Passwörter bleiben davon unberührt.

Chrome/Chromium: Eine eingebaute Reset-Funktion hat der Google-Browser erst mit Version 29 bekommen. Diese ist im Browser-Menü unter „Einstellungen -> Erweiterte Einstellungen anzeigen -> Einstellungen zurücksetzen“ zu erreichen.

Profil verwerfen: Neuanfang ohne Benutzerdaten

Hilft der sanfte Reset, den Firefox und Chrome/Chromium über ihre Einstellungen bieten, dem Browser nicht auf die Sprünge, ist in vielen Fällen die Datenbank der gespeicherten Benutzerdaten korrumpiert oder zu groß. Ein Neustart des Browsers mit einem frischen, leeren Profil kommt dann einem Komplett-Reset gleich. Dabei gehen allerdings auch alle Lesezeichen, Formulardaten und Passwörter verloren, sofern Sie die Sync-Funktion von Firefox oder Chrome/Chromium nicht verwenden.

Firefox: Beenden Sie alle Firefox-Instanzen, und löschen Sie den versteckten Profilordner „.mozilla“ im Home-Verzeichnis – etwa im Terminal mit diesem Befehl:

rm -rf ~./mozilla

Nach erneutem Start des Browsers legt Firefox ein neues Profil an.

Chrome: Die Benutzerdaten finden sich im Verzeichnis „~/.config/googlechrome/Default“ und der Cache unter „~/.cache/google-chrome“. Der Befehl

rm -rf ~/.cache/google-chrome~/.cache/google-chrome

löscht die Daten.

Chromium: Hier gibt es abweichende Pfade, damit Chrome und Chromium getrennt auf einem System laufen können. Das Verzeichnis „~/.config/chromium/“ enthält die Benutzerdaten und „~/.cache/chromium“ den Cache.

Safe-Mode: Erste Hilfe bei Hängern

Erweiterungen laufen jeweils in ihrem eigenen Prozess, der hier bei Problemen gezielt beendet werden kann.

Wenn der Browser nach der Installation oder Aktualisierung von Erweiterungen einer Erweiterung gar nicht mehr funktioniert, dann hilft der Safe-Mode für Aufräumarbeiten weiter. Dieser abgesicherte Modus startet den Browser ohne jede Erweiterung, im Falle von Firefox zudem ohne Just-intime-Compiler für Java-Scripts und ohne Hardware-Beschleunigung.

Firefox: Es gibt mehrere Wege, in den abgesicherten Modus zu gelangen. Ein Möglichkeit ist der Neustart von Firefox über den Menüpunkt „Mit deaktivieren Add-ons neu starten“ (im Hilfe-Menü unter dem Einstellungs-Symbol). Eine weitere Option ist der Aufruf mit Parameter

firefox --safe-mode

über den „Ausführen“-Dialog. Der dann gezeigte Dialog erlaubt es, Firefox über „Start in Safe Mode“ im abgesicherten Modus zu starten. In dieser Minimalkonfiguration können Sie die problematische Erweiterung in den Einstellungen unter „Add-Ons“ deaktivieren oder ganz deinstallieren. Ist es nicht eindeutig, welche Erweiterung die Probleme verursacht, dann sollten Sie im Safe-Mode zunächst alle Erweiterungen deaktivieren. Starten Sie danach Firefox normal, und aktivieren Sie die Erweiterungen einzeln, jeweils mit einem Neustart des Browsers zwischendurch. Sie finden so systematisch heraus, welche Erweiterung Probleme verursacht.

Chrome und Chromium: Den Safe-Mode wie in Firefox gibt es hier zwar nicht, aber der Inkognito-Modus kommt dem Safe-Mode am nächsten. Starten Sie Chrome mit

google-chrome --incognito

und Chromium mit diesem Befehl

chromium-browser --incognito

ohne Erweiterungen. Zum Deaktivieren von Erweiterungen ist auch der Taskmanager des Browsers nützlich, den Sie mit der Tastenkombination Umschalt-Esc aufrufen. Jede geladene Erweiterung taucht hier als eigener Eintrag auf und lässt sich gezielt beenden.

(PC-Welt/ad)