BMW Sauber: Europas schnellster Industrie-Supercomputer statt Windkanal

15.12.2006
Das BMW-Sauber-Formel1-Team hat im Stammsitz Hinwil in der Schweiz Europas schnellsten Supercomputer für den industriellen Einsatz in Betrieb genommen. Statt wie andere Formel1-Teams hat man bei BMW Sauber nicht in einen zweiten Windkanal investiert, sondern setzt auf die nummerische Strömungssimulation zur Weiterentwicklung der Fahrzeuge.

Der Supercomputer, ein Rechnercluster mit 512 Dual-Core-Xeon-5160-Prozessoren, simuliert die Luftströmung in allen Fahrsituationen mittels Computational Fluid Dynamics (CFD). Der Cluster trägt den Namen Albert² und erreicht eine maximale Rechenleistung von 12.228 GFlops. Damit ist er nach der Top 500-Liste Europas schnellster Supercomputer in der Kategorie "Industry" und liegt weltweit auf Platz drei. Unter allen Supercomputern reiht sich Albert² auf Platz 60 ein.

Eine Optimierung der Aerodynamik ist das A und O in der Formel 1. Dabei geht es jedoch nicht darum, den Luftwiderstand der Autos zu verringern. Dieser trägt nur zu drei Prozent zur möglichen Rundenzeit bei. Bei den Rennwagen ist der Strömungswiderstandskoeffizient (CW-Wert) daher auch drei Mal „schlechter“ als bei Serienautos.

Mit 20 Prozent Beitrag zur Rundenzeit ist der Anpressdruck des Autos auf die Straße der entscheidende Faktor. Bei Tempo 300 km/h presst die Aerodynamik die Rennwagen mit dem Vierfachen ihres Eigengewichts auf die Rennpiste und ermöglicht so extrem hohe Kurvengeschwindigkeiten und harte Bremsmanöver mit bis zu 5 g Beschleunigung. Serienautos kommen hier maximal auf einen Wert von 1,2 g.

Windkanal führt in die Sackgasse

Die großen und finanzstarken Teams der Formel1 setzen inzwischen zwei Windkanäle parallel ein, um möglichst viele Modifikationen zu testen. Doch laut Mario Theissen, dem BMW Motorsport Direktor, ist dies der falsche Weg. Denn der Windkanal zeige zwar das Resultat, aber die dafür ausschlaggebenden Effekte blieben einem verborgen. Doch nur mit diesem Verständnis ist langfristig eine Weiterentwicklung möglich.

Daher hat man sich bei BWM Sauber entschieden, den nur zwei Jahre alten Supercomputer Albert durch ein leistungsfähigeres Modell abzulösen und die Pole Position zumindest bei der CFD einzunehmen. Der neue Albert² überzieht das Auto mit einem nummerischen Gitter von bis zu einer Milliarde Zellen und berechnet mit der CFD-Software Fluent die Strömung rund um das Auto. In der Simulation kann man auch Situationen wie die Kurvenfahrt analysieren, die ein Windkanal nicht nachbilden kann.

Cluster-Partitionierung

Komplettsimulationen in höchster Genauigkeit sind aber eher die Ausnahme. Meist werden nur einzelne Komponenten und deren Auswirkung auf das Gesamtsystem analysiert und der Cluster dabei in unabhängige Partitionen aufgeteilt. Je nach Problemgröße rechen dann 50 bis 100 der Clusterknoten an einem Problem. Dadurch erhöht sich die Auslastung der CPUs deutlich, da sich der Kommunikationsoverhead zwischen den Knoten reduziert.

Mit einer maximalen Rechenleistung von 12,2 TFlops (12 Billionen Fließkomma-Rechenoperationen in der Sekunde) ist Albert² 5,5 mal schneller als sein Vorgänger Albert. In realen Anwendungen bleibt davon ein Faktor 3 übrig. Die Rechenleistung kommt von insgesamt 512 Dual-Core-Intel-Xeon-5160-Prozessoren mit 2 x 3,0 GHz Takt und 4 MByte Cache. Die CPUs sind auf 256 Zwei-Prozessor-Knoten verteilt. Der Cluster verfügt über 2048 GByte Hauptspeicher und 20.480 GByte lokale Festplattenkapazität. Dazu kommen 15 TByte Plattenspeicher, die ein zusätzlicher File-Cluster bereitstellt.

Seit Dezember 2005 arbeiten Intel und BMW in den Segmenten Technologie sowie Co-Marketing zusammen. Im Rahmen der Kooperation will BMW bis 2010 alle Server und Notebooks auf eine Intel-Plattform umstellen. (ala)