Alternative zum Dienstwagen?

BMW C evolution im Fahrbericht

09.08.2015 von Rene Schmöl
Eignet sich der Elektroroller BMW C evolution als Ersatz für einen Dienstwagen? Wir haben es ausprobiert. Nach einer Woche herumstromern stand die Entscheidung fest.

Roller? Von BMW? Ja klar, das ist der mit dem Dach. Fragt man Kollegen, kommt ihnen sofort der BMW C1 in den Sinn. Den überdachten Motorroller stellte BMW vor 15 Jahren im Frühjahr 2000 vor. Aber vom Elektroroller BMW C evolution hat noch niemand etwas gehört. Selbst im Münchner Straßenbild ist der Roller selten. Aber warum eigentlich?

Fahren

Für die Stadt konzipiert: Der BMW C evolution.
Foto: BMW AG

An den Fahrleistungen kann es nicht liegen. Mit 15 PS (11 kW) Nennleistung und einer Spitzenleistung von bis zu 47,5 PS (35 kW) sowie 72 Nm maximalem Drehmoment gewinnt man auch gegen weitaus stärker motorisierte Autos den Ampelstart - und das völlig lautlos. Das macht Freude. Ungläubige Autofahrer staunen wie schnell der Roller davon zieht. Eine Geschwindigkeit von bis zu 120 km/h (elektronisch abgeregelt) ist möglich. Das reicht für den Einsatz in der Stadt locker und Fahrten an den Stadtrand ganz gut. Man fühlt sich nie untermotorisiert. Die maximal erlaubte Höchstgeschwindigkeit halten, erfordert allerdings viel Geschick. Ein Speed Limiter z.B. für 50, 70 und 80 km/h für die Stadt und die Landstraße wäre hilfreich.

Anfangs machte uns das hohe Gewicht von 265 kg zu schaffen. Auch das Bremsen in Verbindung mit der einsetzenden Rekuperation (Energierückführung) verlangt Übung. Aber nach ein zwei Tagen Fahrbetrieb ging das immer besser. Die Beschleunigung ist jedoch auch nach Tagen noch gewöhnungsbedürftig schnell. So schnell, dass uns der Roller fast mal abgeworfen hätte. Und die Schwächen? Es gibt kaum welche. Einzig das Hindurchschlängeln zwischen Autos im Stau ist aufgrund der Breite des Rollers so gut wie nicht möglich. Das können kleinere Roller besser.

Sound

Wie klingt der C evolution? Ganz so lautlos ist er gar nicht. Bis ca. 40 km/h wimmert der Elektromotor ganz leise. Das Geräusch ist nicht unangenehm. Es ähnelt dem einer Straßenbahn. Bei höheren Geschwindigkeiten überlagern die Windgeräusche das Betriebsgeräusch.

BMW C evolution
BMW C evolution
Der Roller bringt es auf eine Reichweite von 100 Kilometern.
BMW C evolution
Die freigelegten Lithium-Ionen-Speichermodule.
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Die Display-Anzeigen während der Fahrt.
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Display-Anzeigen bei augeschaltetem Roller.
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Die Front.
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Der Funktionscheck vor dem Start wird auf dem Display gezeigt.
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Der Roller ist mit dem BMW Navigationsgerät Navigator V augestattet.
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Der Halter für das Navigationsgerät.
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Zündschloss und Zündschlüssel.
BMW C evolution
Serienmäßig verfügt der Elektroroller über ABS in Verbindung mit Scheibenbremsen.
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Die Spiegel sind groß und bieten eine gute Sicht nach hinten.
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Die vorderen LED-Blinker sind in den Spiegel integriert.
BMW C evolution
Der Kombischalter am Lenker links mit den Schaltern für die Hupe, den Blinker, die Rückfahrhilfe (R), Trip/Info, Licht und die Warnblinkanlage.
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Kombischalter am Lenker rechts mit Tasten für Start/Not-Aus, Fahrmodus und die Griffheizung.
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Die Sitzbank.
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Die Seitenansicht.
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Das Trittbrett.
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Das Helmfach.
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Das Helmfach ist groß genug für einen kleinen Einkauf.
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Das Heck.
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Das Hinterrad.
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Die Hinterradschwinge.
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Die Rückleuchte.
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Auch am Heck gibt es LED-Blinker.
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Die Anzeige der Restreichweite bei geringer Reichweite.
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Der Ladestecker am Roller.
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Das Ladekabel.
BMW C evolution
Der Roller wird geladen.
BMW C evolution
So sieht der Ladevorgang auf dem Display aus.

Akku und Antrieb

Das Kernstück des Elektro-Scooters sind Lithium-Ionen-Speichermodule, identisch zu denen des Elektroautos BMW i3, die aus dem BMW-Werk Dingolfing zum BMW-Motorrad-Werk Berlin zugeliefert werden. Drei dieser Module mit jeweils 12 Batteriezellen werden in einem Aluminium-Druckguss-Gehäuse zusammengefasst. Die Kapazität der luftgekühlten Lithium-Ionen-Hochvoltbatterie gibt BMW mit 8 kWh an.

Der Antrieb des C evolution erfolgt in Form einer Triebsatzschwinge mit einem flüssigkeitsgekühltem Permanent-Synchronmotor über Zahnriemen und ein Hohlradgetriebe.

Reichweite

Die Reichweite gibt BMW mit 100 Kilometern an. Das ist ein realistischer Wert, den man nicht etwa nur mit Mühe und Not erreicht, sondern im Alltagsbetrieb einer Stadt. Wählt man den Eco-Pro-Modus, kann man durch Rekuperation die Reichweite sogar noch um bis zu 10 Prozent verlängern. Das fasziniert. Ein Perpetuum mobile ist der Roller jedoch nicht.

Parken

Der Roller ist sehr breit. Rückwärts rangieren ist nicht so einfach. Die Rückfahrhilfe ist gut gemeint, doch sieht man wenig, was sich hinter dem Roller abspielt, zum Beispiel wie viel Platz noch ist. Eine Rückfahrkamera im Display inklusive Auffahrwarner wäre noch komfortabler. Technisch ist das machbar. Der BMW i3 beispielsweise kann das.

Laden

Die Ladezeit bei einer vollständig entleerten Batterie an einer haushaltsüblichen 220 V Steckdose mit einem Ladestrom von 12 A beträgt circa 4 Stunden (bei 220V / 16 A = 3h). Das Ladekabel ist im Preis enthalten. Am Roller gibt es ein separates Fach dafür.

Fahrmodus

Der Elektroroller bietet vier Fahrmodi zur Wahl. So stehen im Modus "Road" maximale Beschleunigung, etwa 50 Prozent Rekuperation im Schiebebetrieb und volle Rekuperation beim Bremsen zur Verfügung. Im Modus "Eco Pro" sind Beschleunigung und damit Energie-Entnahme begrenzt, und es wird maximal rekuperiert. Im Modus "Sail" wird im Schiebebetrieb nicht rekuperiert, und der C evolution rollt beim Gaswegnehmen nahezu frei von Bremsmomenten. Im Modus "Dynamic" wird die volle Beschleunigung mit einer starken Rekuperation kombiniert. Die Rekuperation erfolgt automatisch sowohl beim Gaswegnehmen im Schiebebetrieb, als auch beim Bremsen.

Man kann den Fahrmodus auch während der Fahrt wechseln. Dabei gibt es keinen Ruck, sondern der Modus wird fließend gewechselt. Der Schalter für den Fahrmodus ist jedoch während der Fahrt etwas schwierig zu erreichen. Der Blick geht dabei unweigerlich von der Straße zum Schalter. Schade, denn das ist bei allen anderen Schaltern nicht nötig.

Fahrwerk

Fahrwerkstechnisch besitzt der C evolution keinen Rahmen wie ein Motorrad. Zentraler Bestandteil ist ein aus Aluminium-Druckguss gefertigtes Batteriegehäuse, das vorne einen Lenkkopfträger aus Stahlrohr und hinten eine Einarmschwinge sowie einen Heckrahmen aus Stahlrohr aufnimmt. Die Aufgaben von Federung und Dämpfung übernimmt vorne eine Upside-down-Telegabel und hinten ein linksseitig montiertes Federbein.

Platz

Das Fach für das Ladekabel ist etwas knapp bemessen. Nur mit Mühe verschwindet es in dem dafür vorgesehen Stauraum. Doch hinter dem Fahrersitz gibt es noch ein größeres Fach. Es ist groß genug für einen Helm oder einen kleinen Einkauf. Klappe zu. Weiter geht's.

Bedienung und Display

Das TFT-Farbdisplay.
Foto: Rene Schmöl

BMW Motorrad-Fahrern dürften alle Schalter vertraut sein. Das TFT-Farbdisplay hingegen ist neu. Es lässt sich im Gegensatz zum optional verbauten Navigationsgerät Navigator V auch bei Gegenlicht sehr gut ablesen und befindet sich weitestgehend im Blickfeld des Fahrers. Darüber wird der Fahrer nicht nur über die Geschwindigkeit, sondern auch über Daten wie Durchschnittsverbrauch in kWh/100 km, Gesamtverbrauch, Batterie-Ladezustand in Prozent, Durchschnittsgeschwindigkeit, Bordnetzspannung, Hochvoltspannung sowie die Restreichweite in km in Abhängigkeit vom jeweiligen Fahr-Modus informiert. Über die momentane Energie-Entnahme beziehungsweise Energierückführung durch Rekuperation informiert eine Balkenanzeige.

Führerschein

Die Nennleistung beträgt 11 kW (15 PS). So kann der BMW C evolution wie ein kleiner 125-Kubik-Roller mit dem A1-Führerschein gefahren werden. Tipp: Auch Autofahrer dürfen den Elektroroller lediglich mit dem Autoführerschein B fahren, wenn er vor dem 1. April 1980 ausgestellt wurde.

Preis

BMW bietet den BMW C evolution ab 15.000 Euro an. Ein stolzer Preis. Es dürfte der Hauptgrund sein, der Kunden zögern lässt.

Ersatz für den Dienstwagen?

Die Beschleunigungswerte sind ein echtes Argument pro C evolution. Von 0 auf 50 km/h in ca. 2,7 Sekunden oder von 0 auf 100km/h in ca. 6,2 Sekunden. Fährt man, wie viele, lediglich nur ein paar Kilometer zur Arbeit, dann ist der Roller ganz klar eine Alternative zum Dienstwagen. Eine, die mehr Spaß macht. Und auch wenn der Roller bei Regenwetter oder Schnee aus Komfortgründen mal stehenbleibt, so bleibt doch der Wille, umweltbewusst zu fahren.

Fazit

An die Tankstelle fährt man nur noch, um den Luftdruck zu prüfen. Benzinpreise sind plötzlich völlig uninteressant - ein neues und erleichterndes Gefühl. Doch perfekt ist der Roller noch nicht. Einen Wunsch hätten wir noch: Wo ist die App, auf der ich mir relevante Daten vom C evolution wie die Restreichweite auf meinem Smartphone ansehen kann? Elektrisch fahren ist top, aber bitte auch vernetzt.

Technische Daten