Mittelstand trotzt Trend

Blade-Monokultur nicht realistisch

15.10.2009 von Holger Eriksdotter
Die Vorteile von Blade-Systemen sind unbestreitbar: Sie benötigen weniger Platz, bieten höheres Konsolidierungspotenzial, verwenden Energie effizient und bieten Vorteile bei der Virtualisierung. Trotzdem sind Tower-Server im Mittelstand und in Filialkonzepten nicht wegzudenken.

„Die Server-Landschaft ist im Umbruch. Die klassischen Rack-Server werden stark durch Blade-Server ersetzt“, sagt Jörg Dehnen, Brand Manager System x und BladeCenter bei IBM Deutschland. „Dafür gibt es vielfältige Gründe wie Energieeffizienz, vereinfachtes Systemmanagement, TCO-Betrachtungen, Ausfallsicherheitsüberlegungen und das Thema RZ-Density.“ Eine Blade-Monokultur werde es aber wohl nicht geben: „Blades sind aber nicht das Allheilmittel“, sagt Dehnen, „nach wie vor wird es ein begrenztes Kundensegment für Tower-Server geben, die im SMB-Markt, aber auch in Filialkonzepten ihre Existenzberechtigung behalten.“

Von der schwächelnden Wirtschaft bleibt auch der Markt für Blade-Systeme nicht verschont. Verglichen mit den dramatischen Einbrüchen im Server-Geschäft schlagen sich die Blade-Systeme allerdings vergleichsweise gut: Während der Gesamtumsatz im Server-Segment nach Angaben der Marktforscher von im letzten Quartal weltweit um rund 30 Prozent eingebrochen ist, kommen Blade-Systeme mit einem Rückgang von etwa 12 Prozent davon.

Schon in den letzten Jahren hatten Blade-Server die Rack- und Tower-Systeme hinter sich gelassen. Nach Angaben von Gartner lagen sie mit jährlichen Wachstumsraten von 18 Prozent deutlich an der Spitze. Besonders wenn es um Konsolidierungsprojekte in Rechenzentrum ging, entschieden sich die IT-Verantwortlichen immer häufiger für die Leistungsdichte kompakter Blade-Systemen. Nach einer Gartner-Umfrage unter IT-Entscheidern aus Dezember 2008 hatten bereits 78 Prozent der Befragten Blade-Systeme im Einsatz oder planten deren Anschaffung. Nach Einschätzung der Marktforschern von IDC wird bis 2010 jeder vierte Server ein Blade-System sein.

Einsatzgebiet und Vorteile

Bisher werden Blade-Server hauptsächlich im x86-Umfeld eingesetzt. Gartner verzeichnet hier eine Entwicklung zu immer leistungsstärkeren Systemen ((Link zur Studie oder Meldung)). Viele Unternehmen setzen bereits auf x86-Blades als strategische Plattform. Denn verglichen mit Rack- oder Tower-Servern bieten Blades eine erheblich höhere Rechenleistung bei gleichzeitig geringem Platzbedarf. Damit lösen sie eines der dringendsten Probleme vieler IT-Verantwortlicher: Denn während immer mehr Rechenpower benötigt wird, ist einer räumlichen Expansion im Rechenzentrum enge Grenzen gesetzt.

Auch abseits der Rechenleistung gibt es Vorteile. Während traditionelle Server immer eine eigene Anbindung an andere Infrastruktur-Komponenten wie Netzwerk oder Storage-Systeme benötigt, agiert ein Blade-System als kompakte Einheit. Dadurch reduziert sich sowohl die Komplexität als auch der Aufwand für Verkabelung und Administration.

Die 6 Hauptvorteile von Blades

Hohe Server-Dichte, geringer Platzbedarf

effizienter Betrieb durch gemeinsam genutzte Komponenten wie Stromversorgung, Speicher und Netzwerk

hohe Verfügbarkeit, durch redundante Systemkomponenten schnelle Erweiterungen möglich

keine komplexen Verkabelungen

einfache und einheitliche Administration

niedrigerer Energieverbrauch als herkömmliche Server

Spezialisiert auf Virtualisierung

Dabei erweisen sich Blade-Systeme auch im Hinblick auf die zunehmende Virtualisierung in den Rechenzentren als bestens geeignet. Vermehrt bieten die Hersteller in jüngster Zeit Systeme an, die speziell auf die Anforderungen virtualisierte Infrastrukturen optimiert sind. Dazu werden die Einheiten etwa mit einem integriertem Hypervisor, großzügig ausbaubarem Arbeitsspeicher, optimierten I/O für Netzwerk- und Storage-Systeme für den Einsatz in Virtualisierungs-Szenarien fit gemacht.

„Virtualisierungstechnologien greifen an unterschiedlichen Stellen an“, sagt IBM-Experte Dehnen, „wir als Hersteller tragen diesem Trend Rechnung und lassen unsere Entwicklungslabors entsprechend Produkte fertigen, die die Angebote des Markts ergänzen. Beispiele dazu wären etwa VMware 3i Hypervisor im Lieferumfang des Servers oder IBM-Software zur I/O-Virtualisierung in Blade-Centern (BladeCenter Open Fabric Manager). Auch das Server-Design selbst hat Einfluss auf die zunehmende Virtualisierung. „Tendenziell steigt die Anzahl der DIMM-Sockel, um genügend Hauptspeicherkapazität für die virtuellen Maschinen zur Verfügung zu haben“, so Dehnen.

Energieeffizienz statt reiner Rechenpower

Doch nicht nur die reine Leistung spielt eine Rolle. Nicht zuletzt ist es die Frage nach der Energieeffizienz, auf die sich die Server-Hersteller einstellen müssen. Das Thema Green-IT stößt bei vielen Anwendern auf Interesse - wenn sie auch finanzielle Vorteile daraus ziehen können. Der Energieaspekt ist bei der Anschaffung von Servern ein wichtiges Merkmal. Es geht nicht mehr nur um reine Performance-Benchmarks, sondern auch darum, welche Energie die Systeme für die erzielte Leistung verbrauchen. Die Einheit „Performance pro Watt“, die noch vor einigen Jahren allenfalls in Expertenzirkeln diskutiert wurde, ist heute ein wichtiges Merkmal von IT-Systemen.

„Täglich haben wir es mit Kunden zu tun, deren Rechenzentren keine Erweiterungen mehr zulassen, weil die Kapazität der Kühlungsanlagen ausgereizt ist. Wir alle sind auch mit steigenden Energiekosten konfrontiert“, sagt Dehnen von IBM. Deshalb verwundere es ihn keineswegs, dass das Kriterium „Performance pro Watt“ in Kundenausschreibungen verstärkt direkt angefragt wird. Die Hersteller reagieren darauf mit Multicore-Prozessoren und der Miniaturisierung der Komponenten, die zudem immer energieeffizienter werden.. Blades mit ihren gemeinsam genutzten Baugruppen und der hohen Leistungsdichte sind gleichsam per Konstruktion auf energiesparenden Betrieb ausgelegt. „Wir sehen eine Umschichtung der Server-Segmente zugunsten x86-High-End-Server und Blades“, sagt IBM-Mann Dehner.

Besonders die Anpassung der Systeme auf virtualisierte Architekturen trägt zum Energiesparen bei. Virtualisierung erlaubt es, die Auslastung der Host-Systeme deutlich zu verbessern– in vielen Fällen um das Zwei- bis Fünffache. Der Energieverbrauch nimmt dagegen nur minimal zu. Nach einer Beispielrechnung des RZ-Spezialisten Knürr ist ein „normaler“ Server, der keine virtualisierten Maschinen beherbergt, im Tagesverlauf typischerweise zu weniger als 15 Prozent ausgelastet und nimmt etwa 400 Watt Leistung auf. Durch Virtualisierung lässt sich die Auslastung auf mindestens 50 – 60 Prozent vervierfachen, während sich die Leistungsaufnahme dabei aber nur um etwa 40 Prozent auf 550 Watt erhöht. Gleichzeitig sinkt der Raumbedarf im Rechenzentrum und damit die Kosten für Stellfläche, Verkabelung, Wartung und Klimatisierung.

Marktprognosen

Gegenwärtig bremsen die Wirtschaftskrise und knappe Budgets den Server-Umsatz: Laut IDC ist im zweiten Quartal der weltweite Umsatz mit Servern um 30 Prozent auf 9,8 Milliarden Dollar gefallen – das ist das vierte Quartal in Folge mit sinkenden Umsätzen und das schlechteste Ergebnis seit 1996, als IDC mit der regelmäßigen Erfassung der Marktzahlen begann. Für das zweite Halbjahr rechnen die -Analysten mit einem Anziehen der Nachfrage.

Die andauernd Zurückhaltung bei der Anschaffung neuer System führe dazu, dass die Server-Landschaften schnell veralteten und ein Nachholbedarf in den Unternehmen entstehe, vermutet Daniel Harrington, Research Analyst bei IDC. Er rechnet damit, dass der Markt im kommenden Jahr wieder ein stabiles Wachstum erreicht. Blade-Server werden nach seiner Einschätzung überproportional davon profitieren, wenn auch möglicherweise nicht sofort: „Blades bleiben ein Wachstumssegment wegen ihrer Vorteile im Hinblick auf Konsolidierungspotenzial, Energieeffizienz und Virtualisierung“, sagt Harrington, „allerdings könnte der Absatz von Blades sich kurzzeitig verlangsamen, weil viele Unternehmen gerade große Konsolidierungsprojekte abgeschlossen haben oder kurz vor deren Abschluss stehen.“