Touchscreen, QWERTZ-Tastatur und Blackberry OS 6

BlackBerry Torch 9800 im Test - Slider mit Multi-Touch-Display

30.10.2010 von Moritz Jäger
Der Blackberry Torch stellt für RIM einen Neuanfang dar: Erstmals wird ein Smartphone mit dem neuen Betriebssystem Blackberry OS 6 ausgeliefert. Zudem ist es der erste Blackberry mit Slider-Formfaktor - der Torch bietet neben einem Touchscreen auch eine vollständige ausziehbare Tastatur.

Mit dem Blackberry Torch stellt RIM erneut ein Smartpone mit Touchscreen vor. Anders als beim Blackberry Storm handelt es sich diesmal aber um ein Slider - unterhalb des Displays lässt sich eine komplette QWERTZ-Tastatur herausziehen. Das erinnert an Geräte wie den Palm Pre oder das Nokia E66. Verglichen mit diesen Geräten ist der Blackberry Torch aber deutlich größer, von den Abmessungen gleicht er dem aktuellen Blackberry Bold oder dem Curve. Trotz des Sliders orientiert sich auch die Dicke des Smartphones am Bold - der Torch ist allerdings deutlich schwerer. Der Slider ist mechanisch gut verarbeitet, selbst wenn die Tastatur ausgezogen wird, ist kein Spiel vorhanden.

Das Smartphone liegt angenehm in der Hand, der Schwerpunkt ist auf der unteren Hälfte angelegt. Das sorgt für eine gute Stabilität, selbst wenn der Bildschirm hochgeschoben wird. Allerdings tritt beim Design auch ein Nachteil auf: Am unteren Ende der Tastatur ist der Rahmen nach oben gezogen. Zumindest zu Beginn bleibt man beim Tippen mit den Daumen immer wieder an dieser Erhebung hängen. Alternativ kann das System auch eine virtuelle Tastatur einblenden.

Bildergalerie: BlackBerry Torch
BlackBerry Torch 9800
Unter dem Display lässt sich die Tastatur herausziehen.
BlackBerry Torch 9800
Die Erhebung am Ende der Tastatur kommt beim Tippen anfangs oft in den Weg.
BlackBerry Torch 9800
Der Torch im Vergleich zum Bold 9700, die beiden Geräte ähneln sich in den Abmessungen.
BlackBerry Torch 9800
Bold und Torch im Vergleich.
BlackBerry Torch 9800
Mögliche Verwandschaft?: Der Torch im Vergleich zum Palm Pre, der Blackberry ist deutlich größer.

Das Display des Torch ist deutlich besser als beim Storm. Es handelt sich um einen berührungsempfindlichen Multi-Touchscreen. In Karten-Applikationen oder im Browser kann man damit mit zwei Fingern in das Bild hinein oder herauszoomen, das Display kann durchaus mit aktuellen Android-Geräten oder dem iPhone mithalten.

Inspiration?: Der Palm Pre neben dem Blackberry Torch.

Unterhalb des Touchscreens sind die vier typischen Blackberry-Tasten um ein optisches Touchpad angeordnet. RIM hat beim neuen Betriebssystem die Steuerung zwar auf Touchscreens ausgelegt, allerdings lassen sich alle Funktionen auch mit dem Touchpad steuern. Ein cleverer Schachzug, kann man das neue Betriebssystem damit doch auch mit Smartphones ohne Touchscreen verwenden.

Wie alle aktuellen Blackberrys unterstützt der Torch den mobilen Internetzugriff per UMTS und HSDPA. Ebenso ist ein WiFi-Modul integriert, unterstützt wird auch der aktuelle Standard 802.11n. Ebenfalls integriert ist ein GPS-Modul. Auf der Rückseite ist eine Kamera mit fünf Megapixeln samt Blitz angebracht. Eine der Neuerungen: RIM verzichtet auf die Schnellzugriffstaste auf der rechten Seite - diese war standardmäßig mit der Sprachsteuerung verknüpft.

Der interne Speicher des Torch lässt sich wie gewohnt per MicroSD-Karte erweitern, bis zu 32 GByte Speicherplatz werden unterstützt.

Das neue Blackberry OS 6

Die zweite große Neuerung neben dem Touchscreen: Das Smartphone ist das erste Gerät von RIM, das mit dem neuen mobilen Betriebssystem Blackberry OS 6 ausgestattet ist. Anders als Windows Phone 7 ist das OS 6 von RIM kein kompletter Neustart. Die Blackberry-Macher haben stattdessen vor allem viel Aufwand in das Redesign der Nutzeroberfläche gesteckt.

Das zeigt sich dem Nutzer am deutlichsten durch die neuen fünf Kategorien. In den Bereichen Alle, Favoriten, Medienzugriff, Downloads und Häufig sind alle Anwendungen hinterlegt. Mit einer Wischgeste nach links und rechts kann man durch die Kategorien wechseln - alternativ lässt sich auch wie eingangs erwähnt mit dem Touchpad navigieren. Normalerweise ist nur die erste Reihe der installierten Applikationen sichtbar. Mit einer Zieh-Geste kann man auf die kompletten Kategorien zugreifen. Nutzer können häufig genutzte Apps in den Favoriten ablegen. Es ist ebenfalls möglich, gespeicherte Kontakte in den Favoriten abzulegen. Alle zuletzt genutzten Anwendungen werden außerdem in der Kategorie "Häufig" gespeichert.

Blackberry OS 6: Das neue Interface des Blackberry-Betriebssystems.

RIM scheint sich nicht nur beim Formfaktor ein Beispiel an Palm genommen zu haben. Ein weiteres Feature, das die Kanadier übernommen haben, ist die universelle Suche. Sobald man ein Wort eintippt, durchsucht das Blackberry OS 6 alle gespeicherten Informationen nach dem jeweiligen Begriff.

Vorteil für Unternehmen: Trotz des neuen Interface ist der Torch ein vollwertiger Blackberry, der sich wie gewohnt mit Hilfe des BES oder BES Express verwalten lässt. Richtlinien, Software-Deployment, Ausrollen von Geräten - der Torch unterstützt alle Funktionen.

Multimedia und Internet

Bereits seit ein paar Gerätegenerationen will RIM weg vom reinen Business-Image und auch für Consumer interessant werden. Das zeigt sich etwa in den integrierten Apps für die Wiedergabe von Multimedia-Daten. Auch der Torch verfügt über diese Apps zur Wiedergabe von Videos, Musik oder Podcasts. Für OS 6 wurden die Apps leicht überarbeitet - verbessert wurden Kleinigkeiten, etwa die Cover-Anzeige bei der Wiedergabe von Musikdateien.

Kräftig überholt wurde dagegen der integrierte Browser, eine der größten Schwachstellen in den Vorgänger-Systemen. RIM hat den alten Ansatz komplett über Bord geworfen, der neue Browser setzt wie iOS oder Android auf Webkit. Mit dieser Technik als Grundlage kann der Torch zu anderen Smartphones aufschließen. Der neue Browser stellt Webseiten schnell dar, anders als beim Vorgänger werden Seiten meist ohne Probleme dargestellt. Neben JavaScript unterstützt der neue Browser auch HTML5.

Multimedia: Die Musikwiedergabe bietet einen iTunes-ähnlichen Cover-Flow

Ein weiterer Vorteil von OS 6: RIM und Adobe arbeiten, anders als Apple, an einem vollwertigen Flash-Client für das neue Betriebssystem. Im April hatte Adobe CEO Shantanu Narayen in einem Interview noch angedeutet, dass Flash noch in der zweiten Jahreshälfte von 2010 für die Smartphones zur Verfügung stehen wird.

Wichtig für Unternehmen: Der Browser greift nun teilweise direkt auf das Web zu, früher wurde der komplette Traffic über den BES geleitet. Allerdings ist es weiterhin möglich, auf Intranet-Seiten zuzugreifen oder einzelne Adressen zentral zu sperren.

E-Mail, PIM und Kommunikation

Wie jedes RIM-Gerät spielt auch der Blackberry Torch sein volles Potential erst aus, wenn er mit einem Blackberry Enterprise Server verbunden ist. Nutzer müssen sich dann kaum Gedanken machen, E-Mails kommen ohne Zeitverzögerung auf dem Gerät an, ebenso wie Termine und Informationen zu Kontakten.

Nachrichten: Der E-Mail-Client.

Alternativ können Mac- oder PC-Nutzer die Blackberry Desktop Software installieren. Diese ermöglicht einen lokalen Abgleich von Daten wie Kalendereinträgen, Kontakten, Aufgaben und Memos. Zudem bietet sie zahlreiche Verwaltungsfunktionen, etwa kann man damit Blackberrys sichern und wiederherstellen oder Daten auf ein neues Gerät übertragen. Ebenfalls praktisch: Die Desktop Software kann den Blackberry auf Wunsch als Modem zur Verfügung stellen - allerdings erfordert dies oftmals eine spezielle Option im Mobilfunkvertrag.

Die Desktop-Software hilft vor allem Nutzern des BIS, also wenn der Blackberry über einen Mobilfunkprovider angemeldet ist. Die Software liefert zahlreiche Funktionen, die innerhalb einer Firma vom BES zur Verfügung gestellt werden.

Applikationen und zusätzliche Programme

RIM bietet zwei Möglichkeiten an, wie Programme auf den Smartphones installiert werden können. Zum einen können die Apps weiterhin aus dem Internet heruntergeladen und auf das Gerät übertragen werden. Zum anderen steht mit der BlackBerry App World auch ein Softwareverzeichnis auf dem Endgerät zur Verfügung.

Die App World wurde kürzlich in Version 2.0 freigegeben. Zu den Neuerungen gehört unter anderem, dass Apps nun per Mobilfunkrechnung bezahlt werden können.

Vorteil der BlackBerry-Apps ist nicht nur, dass sich mehrere Anwendungen im Hintergrund betreiben lassen; RIM bietet den Entwicklern zahlreiche APIs. Dadurch können sich Programme deutlich besser in das Betriebssystem integrieren und zusätzliche Funktionen ermöglichen. Ein gutes Beispiel ist etwa die Facebook-Applikation. Damit hat man nicht nur Zugriff auf das soziale Netzwerk, sondern kann auch Termine aus Facebook in den lokalen Kalender übernehmen, Kontaktdaten abgleichen oder aufgenommene Bilder direkt in das Netzwerk hochladen.

Bildergalerie: die BlackBerry App World
Das Hauptmenü nach dem Start.
Die BlackBerry App World Anwendung.
Im Hauptmenü sind eine Reihe von empfehlenswerten Anwendungen zu sehen.
Hinter diesem Punkt verbergen sich die einzelnen Kategorien.
Ein Teil der Kategorien.
Die Unterkategorie Maps & Navigation.
Eine einzelne Anwendung, hier GPS Tracker.
Das Rating für eine Anwendung.
Zu den meisten Programmen gibt es Screenshots zu sehen.
Screenshot zu GPS Tracker in der App World.
Screenshot zu GPS Tracker in der App World.
Screenshot zu GPS Tracker in der App World.
Die Top Downloads mit den beliebtesten Anwendungen.
Die ersten vier Top Downloads.
Die App World lässt sich auch durchsuchen.
Die Suche in Aktion.
In MyWorld erhalten Sie Zugriff auf alle bisher geladenen Anwendungen.
MyWorld Übersicht.
Aus MyWorld kann man Anwendungen deinstallieren.
Die Sicherheitsabfrage.
Der BlackBerry muss nach einer Deinstallation neu gebootet werden.
Download einer neuen Anwendung
Die Installation ist geglückt.
Google Talk wird richtig im Ordner Instant Messaging abgelegt.
Details zu einer Anwendung
Bezalungen werden über PayPal abgewickelt.
Auch Security Token werden unterstützt.
Weiter Infos zu PayPal.

Lauf- und Ladezeit

Im Blackberry Torch ist ein Akku mit 1300 mAh verbaut. Laut dem Hersteller hält das Gerät damit 5,5 Stunden im Dauergespräch durch, die Standby-Zeit liegt bei 17 Tagen. Der TecChannel-Laufzeit-Test läuft derzeit noch, sobald er abgeschlossen ist, reichen wir die Daten zu Lauf- und Ladezeit nach.

Der Torch erhält übrigens einen neuen Akku mit der Typenbezeichnung F-S1. Diese unterscheidet sich von den Batterien für Curve und Bold, so dass sie leider nicht einfach austauschbar sind.

RIM nutzt den Micro-USB-Anschluss seitlich am Gerät für die Datenübertragung und um die Batterie zu laden.

Tabelle: der BlackBerry Torch im Überblick

Hardware

Prozessor

624 MHz

Speicher

intern: 512 MByte
RAM: 512 MByte

Erweiterungs-Slot

ja, MicroSD bis 32 GByte

Display

360 x 480 Bildpunkte

Größe (H x B x T)

111 x 62 x 14,6 mm

Gewicht

161,1 Gramm inklusive Akku

Akku

1300 mAh

Verbindung, Kommunikation und Betriebssystem

Mobilfunk

GSM / GPRS / EDGE / UMTS / HSDPA

WLAN / GPS

ja / ja

Bluetooth

ja, 2.1 + EDR

Schnittstelle

Micro-USB

Synchronisation

BlackBerry Enterprise Server, BIS

Betriebssystem

BlackBerry OS 6

Vertrieb und Preis

Hersteller

Research in Motion (RIM)

Preis (voraussichtlich) mit Vertrag

noch keine Angaben

ohne Vertrag (UVP)

582, 98 Euro (Amazon 30.10.10)

Vertrieb

noch keine Angaben

Fazit

Beim Blackbery Torch macht RIM vieles richtig, was beim Storm noch falsch lief. Das Touch-Display ist deutlich besser als das des Vorgängers, außerdem verzichtet der kanadische Konzern auf das haptische Feedback - eine Funktion, die Nutzer oftmals mehr irritierte als wirklich praktischen Nutzen liefert. Dagegen ist die Integration der Tastatur gut gelungen. Im Test nutzten wir in erster Linie den Touchscreen zur Steuerung, zum Tippen von Nachrichten, Web-Adressen oder Suchbegriffen kam die Tastatur zum Einsatz.

Abmessungen: In geschlossenem Zustand ist der Torch nicht größer oder dicker als der Bold 9700.

Vor allem in Kombination mit einem BES oder BES Express kann der Blackberry Torch sein volles Potential ausspielen - E-Mails landen gewohnt schnell und ohne Verzögerung im Postfach. Auch die Multimedia-Features sind ausgereift, bei der Wiedergabe von Musik kann es der Torch durchaus mit aktuellen Android-Smartphones aufnehmen. Besonders praktisch: Wie auch bei Windows Phone 7 bietet RIM die Möglichkeit der Synchronisation per WiFi. Ist das Endgerät im gleichen WLAN angemeldet wie der Rechner auf dem das Programm Blackberry Media Sync installiert ist, kann der Abgleich über das kabellose Netzwerk erfolgen. Alternativ erkennt das Smartphone Medien auch, wenn sie direkt auf das Gerät oder auf eine Speicherkarte kopiert werden.

Alles in Allem können sowohl der Torch wie auch das neue Betriebssystem überzeugen. Das OS 6 soll künftig auch für andere Geräte zur Verfügung stehen, etwa den Storm, den Pearl 3G oder den aktuellen Curve. Wann RIM und die Mobilfunkprovider dieses Update aber ausrollen, ist noch nicht bekannt. (cvi)