BlackBerry 8100: Push-Mail-Perle im Test

16.11.2006 von Moritz Jäger
Der BlackBerry 8100 Pearl ist das neueste Mitglied der BlackBerry-Familie. Neben den altbekannten Push-Funktionen besitzt das Gerät erstmals Multimedia-Funktionen, etwa eine Kamera. tecCHANNEL hat eines der ersten Exemplare getestet.

Mit dem BlackBerry 8100 zielt der Push-Mail-Pionier RIM neben dem Business-Markt erstmals auf die so genannten Prosumer. Dabei handelt es sich gemäß einem RIM-Sprecher um technisch affine Nutzer, die auch ihre private E-Mail per Push-Technologie auf ihrem Smartphone erhalten möchten.

Um diese Zielgruppe zu beeindrucken, hat der BlackBerry eine Reihe neuer Funktionen erhalten. Alte BlackBerry-Hasen müssen umlernen, denn das seitliche Scroll-Rad ist verschwunden und wurde durch den zentralen Trackball ersetzt. Diesem verdankt das Gerät seinen Beinamen „Pearl“.

Wir zeigen Ihnen in unserem Test, wie sich der BlackBerry 8100 in der Praxis schlägt. Außerdem klären wir die Frage, ob es sich immer noch um einen vollwertigen BlackBerry handelt oder ob RIM zu sehr in den Consumer-Bereich abdriftet.

Handling und erster Eindruck

Am neuen BlackBerry fällt vor allem der Formfaktor auf. Das Gerät sieht einem Handy deutlich ähnlicher als sein Vorgänger, dazu trägt vor allem die Größe bei. Mit 50 x 107 x 14,5 mm ist das Gerät ungefähr halb so hoch wie eine Zigarettenschachtel und nur ein wenig länger. Das Gehäuse besticht durch edles Schwarz, die Seitenteile sind silber-metallic gerahmt. Der äußere Eindruck ist sehr hochwertig. Die 89 Gramm (mit Akku) des 8100 sind gut verteilt, der BlackBerry liegt angenehm und sicher in der Hand.

Nach dem Einschalten beginnt der Trackball, das zentrale Bedienelement, weiß zu leuchten. Im Gegensatz zum früheren seitlichen JogDial-Rad ist der Trackball zentral unter dem Display angeordnet. Der Pearl ist somit auch für Linkshänder angenehm zu bedienen.

Als Display kommt ein 2,5-Zoll-TFT-Bildschirm mit einer Auflösung von 240 x 260 Bildpunkten zum Einsatz. Wie üblich stattet RIM seine Geräte nicht mit einem Touchscreen aus. Das Display ist sehr hell und scharf, Inhalte sind auch unter ungünstigen Verhältnissen, wie direktem Licht, gut zu lesen.

Praxis

Das Gerät besitzt keine vollwertige QWERTZ-Tastatur, die Buchstaben und Sonderzeichen müssen sich insgesamt 20 Tasten teilen. Nahezu alle Tasten sind mehrfach belegt und haben so mehrere Funktionen. Großschreibung und die meisten Satzzeichen sind nur in Kombination mit einer zusätzlichen Taste möglich.

RIM setzt die SureType-Technologie ein. Die Software analysiert die eingegebenen Buchstaben und schlägt sinnvolle Wörter vor. Stehen mehrere Varianten zur Auswahl, kann man mit dem Trackball durch die einzelnen Vorgaben scrollen. SureType lernt aus eingehenden und geschriebenen Nachrichten und erweitert dadurch die Wortdatenbank.

Paradestück des Pearl ist natürlich die Push-Dienstfunktion. Da der 8100 ein vollwertiger BlackBerry ist, arbeitet er einwandfrei mit einer bestehenden Enterprise-Umgebung zusammen, vorausgesetzt, Sie verwenden die aktuellste Version. Einzelne Mobilfunkanbieter offerieren zusätzlich eine gehostete Lösung, dabei steht der BlackBerry-Server beim Mobilfunk-Provider. Die Konfiguration des Push-Mail-Dienstes läuft dann über eine Weboberfläche.

Der Pearl verzichtet auf UMTS und HSDPA, dafür kommt EDGE zum Einsatz. EDGE gilt als Nachfolger von GPRS und erreicht theoretisch eine maximale Download-Rate von 384 Kbit/s. In der Praxis ist die Übertragungsgeschwindigkeit völlig ausreichend, zumal die E-Mails und Anhänge vom BlackBerry-Server noch extrem komprimiert werden. Der Ausbau beschränkt sich bisher auf Großstädte, vor allem T-Mobile will EDGE jedoch bis Ende 2007 flächendeckend ausrollen.

Neben dem Mobilfunk steht noch Bluetooth 2.0 zur Verfügung, WLAN steht nicht zur Verfügung.

Multimedia

Bei der Multimedia-Ausstattung wird klar, dass RIM mit dem Pearl auch auf Privatkunden zielt. Integriert sind die Standard-Features, die derzeit den Handymarkt dominieren. Das Gerät verfügt über einen Video- und Musik-Player und enthält als Novum erstmals eine 1,3-Megapixel-Kamera.

Der Musik-Player beherrscht die Formate MP3, MIDI, AMR-NB sowie AAC/AAC+/eAAC+. Geht während der Musikwiedergabe ein Anruf ein, stoppt der Player selbstständig. Nach Beenden des Gesprächs läuft die Musik dann weiter.

Auch der Videopart kann sich sehen lassen. Der Pearl ist zu den Formaten .avi, .3gp, .mp4 und .mov kompatibel. Das Display liefert ein scharfes und klares Bild. Dennoch ist die Videofunktion nur eine nette Zugabe, mit dezidierten tragbaren Video-Playern kann das Gerät nicht mithalten.

Lieder, Videos, Bilder - das alles belegt Speicherplatz. Intern stehen dem Gerät 64 MByte zur Verfügung, davon sind aber bereits 44 MByte belegt. RIM löst das Problem mit einem zusätzlichen microSD-Slot. Allerdings ist dieser extrem ungünstig neben der SIM-Karte platziert.

Ein Wechsel der Speicherkarte ist nur mit ausgebautem Akku möglich. Ein seitlicher Slot für die Speichererweiterung wäre deutlich benutzerfreundlicher gewesen.

Die Kamera

Ein Novum und eine klare Positionierung in Richtung Consumer ist die 1,3-Megapixel-Kamera. Diese bietet einen 5-fach Digitalzoom, einen integrierten Blitz sowie verschiedene vordefinierte Programme für den Weißabgleich, je nach Umgebungslicht. Das Aufnehmen von Videosequenzen ist nicht möglich. Als Bildgröße stehen die Modi 320 x 240, 640 x 480 und 1280 x 1024 zur Auswahl.

Die Qualität ist allerdings wie bei den meisten Handykameras eher mau. Am ehesten eignet sich die Kamera für Schnappschüsse oder Kontaktbilder.

Administratoren, die hier eine Verletzung ihrer IT-Richtlinien befürchten, können aber beruhigt sein. Per Policy lassen sich sowohl Kamera als auch der microSD-Speicher-Slot deaktivieren.

Lauf- und Ladezeit

Der BlackBerry Pearl 8100 beeindruckt mit einer Laufzeit von 433,81 Minuten, das entspricht rund sieben Stunden im Dauertest. Gemessen wurde dabei unter den „schlechtesten“ Bedingungen, also mit höchster Display-Helligkeit und aktiviertem GSM-Modul.

Grund für die lange Laufzeit ist das verglichen mit PDAs relativ kleine Display. RIM hat zudem auf ein energieraubendes UMTS- oder WLAN-Modul verzichtet. Die maximale Sprechzeit gibt der Hersteller mit 210 Minuten (3,5 Stunden) am Stück an. Als Standby-Zeit werden 15 Tage genannt.

Das getestete Gerät zieht seine Energie aus einem Lithium-Akku mit 950 mAh. Dieser war nach 105 Minuten wieder vollständig geladen.

Tabelle

Hardware

Prozessor

keine Angaben

Speicher

Nutzbar

64 MByte

20 MByte

Erweiterungs-Slot

microSD-Card

Display

2,5 Zoll, 240 x 260 Bildpunkte

Größe

50 mm x 107 mm x 14,5 mm

Gewicht

89 Gramm

Akku

950 mAh

Verbindung und Kommunikation

Mobilfunk

GPRS/GSM/EDGE

WLAN

nein

Bluetooth

ja, 2.0

Profile: Hands-Free, Headset, Serial Port

Schnittstelle

USB 2.0

Synchronisation

proprietäre BlackBerry-Software

Antenne

nein

Hersteller

RIM

Preis (voraussichtlich)

Vertrag

Ohne Vertrag

ab 99,95 Euro (T-Mobile)

ab 88,95 Euro (Vodafone)

Zusätzliche Kosten durch BlackBerry-Dienst

zirka 380 Euro

Vertrieb

Vodafone, T-Mobile

Fazit

Der BlackBerry 8100 Pearl ist derzeit eines der elegantesten und optisch ansprechendsten Smartphones auf dem Markt. In dem relativ kleinen Gerät steckt dennoch ein kompletter BlackBerry inklusive aller Push-Dienste. An die Steuerung muss man sich anfangs zwar gewöhnen, mit der Zeit geht sie aber flüssig von der Hand. Dafür sorgt vor allem das gut ausbalancierte Gehäuse, der Daumen ruht so automatisch auf dem Trackball. Allerdings melden einzelne Blogs bereits Schwierigkeiten mit verdreckten Trackballs, die nur schwer zu reinigen waren. Im Test fielen hier keine Probleme an.

Schwieriger zu beherrschen ist da schon die Tastatur, die mit den anderen BlackBerry-Handhelds oder einem Palm Treo 750v nicht mithalten kann. Sie orientiert sich eher am aktuellen Handyformfaktor. Doch auch Handynutzer müssen sich umgewöhnen, stehen auf dem Pearl doch im Vergleich zu einem Standardmobiltelefon knapp doppelt so viele Tasten zur Verfügung.

Ob die Business-Nutzer auch wirklich Multimedia-Spielereien wie die Kamera benötigen, sei dahingestellt. Immerhin ist es dem Admin möglich, diese zu deaktivieren. Man merkt deutlich, dass RIM ebenfalls Marktanteile im Consumer-Markt möchte. Das zeigt auch der Preis. Ohne Vertrag kostet der Pearl knapp 380 Euro, Vodafone wie auch T-Mobile verkaufen die Geräte mitsamt Push-Mail-Dienst subventioniert für weniger als 100 Euro.

Der BlackBerry 8100 Pearl hebt sich sowohl optisch als auch durch die inneren Werte gegenüber seinen Vorgängern ab. Vor allem für den „Normal“-User, der wenige E-Mails schreibt oder ein elegantes Smartphone mit ausgezeichneter E-Mail-Funktion sucht, ist er empfehlenswert. BlackBerry-Poweruser dagegen sollten auf einen anderen Handheld zurückgreifen, sie werden mit der Tastatur nicht glücklich werden. (mja)