Bessere Dienste bei weniger Kosten

16.08.2002
Automatisierte und personalisierte Portale im Web können Carriern dabei helfen, ihre Kosten zu senken. Sie ersetzen jedoch nicht zu hundert Prozent Kundenmanagement und persönliche Betreuung. Die Kommunikation von Mensch zu Mensch ist in einigen Fällen weiterhin unerlässlich.

Von: Alex Kempkens

Ein großer Teil der europäischen und weltweiten TK-Anbieter steckt tief in den roten Zahlen. Eine nachhaltige Reduzierung der Kosten ist deshalb das vorrangige Ziel der meisten Carrier. Neben dem Abbau von Arbeitsplätzen geht dies auch durch den Einsatz so genannter automatisierter und personalisierter Self-Services. Der Trick: Endkunden, Resellern und Partnern wird damit deutlich mehr Eigenverantwortung übertragen.

Wenn sich in Kürze auch der Ortsnetzbereich für Call-by-Call-Dienste öffnet, wird für viele Verbraucher ein Anbieterwechsel Routine sein. "Kunden suchen stets nach dem besten Tarif", lautet die Erkenntnis bei BT Cellnet, auf die das Unternehmen seine Strategie aufbaut. Eine Kündigung sollte dann genauso leicht in den "Warenkorb" gelegt werden können, wie eine Bestellung. Denn nur ein zufriedener Kunde, dem die Hürden für einen Wechsel nicht zu hoch erscheinen, wird beim nächsten guten Angebot erneut kaufen.

Spezialisierte Web-Portale sind im E-Business heute fest etabliert. Mitarbeiter, Partner und Kunden können damit synchron, eigenverantwortlich und weitgehend komplikationsfrei Prozesse abwickeln. Das kann so weit gehen, dass der Kunde bis hin zum Trouble-Ticketing alles selbst abwickelt. Diese so genannten "Third Generation Portale" lassen sich beispielsweise mit der "Communication E-Business Solution" (Cebs) von Sybase realisieren. Das System ist modular strukturiert und zentral um einen automatisierten und personalisierten Self-Service entwickelt worden.

Effiziente Selbstbedienung

Heute ist es in den meisten Fällen noch erforderlich, ein Call-Center anzurufen, zu warten und sich durch die komplexen Ebenen der Abwicklung zu kämpfen. Oft genug mit wachsender Frustration, während schier endlos Zeit vergeht und sich der Operator mit den verschiedensten Back-Office-Systemen abmüht. Nach Angaben von Thomas Bögge, zuständig für Systemorganisation/IT-Strategie bei Isis Multimedia-Net, Düsseldorf, sind die Aufwendungen für Call-Center "sehr hoch". Isis plant daher im kommenden Jahr, in drei Schritten einen "erweiterten Self-Service" einzuführen. "Wir erhoffen uns davon eine Reduzierung der Kosten und erhebliche Verbesserungen für unsere Kunden", sagt Bögge.

Was sich bei dem Provider noch im Planungsstadium befindet, ist bei Versatel und anderen ISPs im Ansatz bereits eingeführt. "Im Servicebereich auf unserer Internetseite bieten wir Interessenten heute schon zahlreiche Tools wie beispielsweise einen interaktiven Anschluss-Check sowie einen Download-Bereich mit allen relevanten Infomaterialien und Verträgen. Darüber hinaus haben unsere Kunden die Möglichkeit, Aufträge online zu buchen und damit Geld zu sparen", erklärt Versatel-Pressesprecher Stefan Sayder. Das Unternehmen werde die Web-basierten Dienste weiter ausbauen, weil die Online-Tools insbesondere als Ergänzung zu den etablierten Kommunikationskanälen interessant seien.

Nach Ansicht von Chris Twyman, Produktmanager Cebs bei Sybase, ergeben sich für die Kunden eines Carriers, der bislang mehrere Call-Center in Europa betreibt, deutliche Vorteile: Die durchschnittliche Wartezeit bei einem Hotline-Anruf betrage zurzeit mindestens 40 Sekunden. Dazu komme noch Zeit, die beim Navigieren des Operators in den verschiedenen Back-Office-Systemen verloren geht. Mit Self-Services lasse sich dieser Prozess um bis zu 67 Prozent verkürzen, so Twyman. Auch der kostenintensive Wechsel eines Kunden zu einem anderen Anbieter könne um neun Prozent beschleunigt werden.

Die nahtlose Integration heterogener Strukturen (Back-Office, ERP-Systeme, Datenbanken, Applikationsserver et cetera) ist entscheidend für die Funktionsfähigkeit einer automatisierten Lösung. Die drei zentralen Bereiche für den Einsatz von Self-Serviceportalen bei Carriern sind Billing, Trouble-Ticketing und Bestellungen aus Katalogen. Für den Endkunden, Wholesale-Carrier, ISP oder für Mittelstandunternehmen sind Rechnungsstellung und Analyse durch ihn selbst der entscheidende Mehrwert. Hinzu kommen die Klärung seiner Probleme, das einfache Bestellen und Wechseln von Produkten und Services aus Katalogen. Für den Carrier ergeben sich aus der freiwilligen Mitarbeit des Kunden über ein Self-Serviceportal geringere Kosten für die Kundenbetreuung, verbesserte Analysen der Rechnungen sowie Vorteile bei der Business-Performance und bei Marketingkampagnen.

Wholesale-Carrier-Besonderheiten

"Weil wir sehr viele Projekte gemeinsam mit den Kunden entwickeln, ist uns der persönliche Draht ungeheuer wichtig. Dies lässt sich nur bedingt standardisieren", sagt Claudia Burkhardt, Pressesprecherin von Mediaways. "Aber es gibt sinnvolle Ansätze. Die Stichworte sind hier Konvergenz und Reporting, die Self-Serviceportale rechtfertigen." Für mehrere Business-Anwender entwickelt Mediaways Web-Frontends, über welche diese wiederum ihre Geschäfts- oder Privatkunden verwalten können. "Ein Grossteil der Denkansätze und die Realisierung von Self-Serviceportalen machen nur dann Sinn, wenn sie gemeinsam mit dem Kunden entwickelt werden", so Burkhardt.

Automatisierte und personalisierte Portale sind von erheblicher Bedeutung für die Kostensenkung bei Carriern, sie können jedoch nicht zu 100 Prozent das Kundenmanagement und die persönliche Betreuung ersetzen. Die Kommunikation von Mensch zu Mensch wird weiterhin nötig sein. Der Nutzen von automatisierten Self-Serviceportalen im Web zeigt sich in reduzierten Kosten über die gesamte Supply-Chain beim Carrier bis hin zum Endkunden. Die Automatisierung der Wertschöpfungskette schafft nicht nur bessere Kundenbeziehungen, sondern ermöglicht Kostenreduzierungen bei allen Beteiligten. (afi)

Zur Person

Alex Kempkens

ist freier Journalist in Duisburg.