Grundlagenserie Business Intelligence (Teil 1)

Berichtssysteme: Grundtypen und Techniken

05.06.2008 von Klaus Manhart
Das betriebliche Berichtswesen soll dafür sorgen, dass Mitarbeitern die richtigen Informationen in einer angemessenen Form präsentiert werden. Je nach Anforderung bieten sich für die Umsetzung unterschiedliche Typen und technische Lösungen an.

Betriebliche Fach- und Führungskräfte, Sachbearbeiter und andere Mitarbeiter müssen in regelmäßigen Abständen oder im Bedarfsfall mit betrieblichen Informationen versorgt werden. Sie müssen Fakten geliefert bekommen, die helfen, Trends auszumachen, Planungen zu starten oder Kontrollen durchzuführen.

Diese Versorgung der Mitarbeiter mit BI-relevanten Informationen geschieht über ein mehr oder weniger ausgeklügeltes Berichtswesen. Ein solches Berichtswesen ist in jedem Unternehmen für die Steuerung und Ableitung von Unternehmensentscheidungen auf jeder Ebene – strategisch, taktisch und operativ – notwendig.

Unter Berichten sind dabei Dokumente zu verstehen, die bestimmte Informationen kombinieren und für einen bestimmten Unternehmenszweck in aufbereiteter Form zur Verfügung stellen. Die technische Gesamtlösung, die es ermöglich, Berichte in elektronischer Form aufzubereiten und bereit zu stellen, bezeichnet man als Berichtssystem. Die Aufbereitung erfolgt weitgehend automatisiert, so dass dem Berichtsempfänger eine eher passive Rolle zukommt.

Das Portfolio von Berichtstypen ist vielfältig. So gibt es Tages, Wochen-, Monats-, Quartals- und Jahresberichte, zudem Projektberichte oder Mitarbeiterbeurteilungen. Zudem haben die einzelnen Berichte unterschiedliche Adressaten, die vom Top-Management bis zum Sachbearbeiter reichen.

Je nach Zielgruppe können unterschiedlich umfangreiche Werkzeuge zur Verfügung gestellt werden. Einige Anwender wie Controller oder Manager wollen eigene Analysen durchführen und etwa nach bestimmten Mustern in den Datenbeständen suchen. Diese Gruppe braucht flexible, dialogorientierte analytische Tools wie etwa freie OLAP- oder Data Mining Systeme.

Andere Gruppen begnügen sich mit einfachen Auswertungen und sind mit dem Informationsgehalt der bestehenden Datenbanken zufrieden. Wichtig für diese Anwender ist, dass die Informationen schnell und ohne großen Aufwand bereit stehen. Für sie genügen einfache Analysetools wie geführte OLAP-Systeme.

Kategorien von Berichtssystemen

Berichte präsentieren die relevanten Informationen entweder direkt am Bildschirm oder als Papierdokument. Im traditionellen Berichtwesen erfolgt dabei ein direkter Zugriff auf die Speicherkomponenten der operativen Systeme. Diese werden dann entsprechend aufbereitet und mit in der Regel sehr detaillierten Daten präsentiert.

Heute werden allerdings die operativen Datenbanken kaum mehr für das Berichtswesen genutzt. Vielmehr setzen moderne Berichtssysteme direkt auf Data Warehouses und Data Marts auf. Der Vorteil: Der Nutzer kann bei Bedarf analytische Abfragesysteme selbstständig verwenden und ad hoc Daten aus dem Datenbestand holen und auswerten.

Dabei gilt, dass die für anspruchsvollere Nutzer gedachte freie Abfrage flexibler ist als die geführte Abfrage, bei der Abfragen nur angestoßen werden müssen. So muss der User bei freien Abfragen etwa mit den zu Grunde liegenden Datenstrukturen vertraut sein, was bei geführten Abfragen nicht nötig ist.

Werkzeuge zur Abfrage- und Berichtserstellung, die im Data Warehouse eingesetzt werden, lassen sich in verschiedene Kategorien eingeteilen. Wir beziehen uns hier auf eine Einteilung, wie sie in dem Buch „Analytische Informationssysteme“ (Springer-Verlag) im Beitrag „Techniken und Werkzeuge zum Aufbau betrieblicher Berichtssysteme“ von Peter Gluchowski vorgeschlagen wird.

Die einfachsten Reportsysteme sind danach simpel gestrickte Abfrage-Tools, mit denen sich schnell Auszüge aus den operativen und dispositiven Daten erstellen lassen. Etwas komplexer sind Berichtsgeneratoren, die dafür eine breite Vielfalt an Gestaltungs- und Berechnungsmöglichkeiten bieten. Ein organisiertes Berichtswesen wird hingegen am besten mit Management Query Environments realisiert, die zusätzlich mit Verwaltungsfeatures aufwarten. Die komplexesten und neuesten Reporting-Systeme sind webbasierte Tools, die Funktionen für die Gesamtkonzeption des Berichtswesens in einem Unternehmen anbieten.

Abfragegeneratoren

In vielen Software-Paketen sind heute bereits einfache Generatoren für die Formulierung von Abfragen enthalten – entweder integriert im Paket oder als Zusatzkomponente erhältlich. So beinhaltet beispielsweise schon MS-Access einen Abfragegenerator, der es ermöglicht, SQL-Querys zusammenzuklicken, ohne die Abfragesprache SQL beherrschen zu müssen.

Auch andere, professionellere Datenbanken enthalten solche Query-Generatoren – oder diese sind zumindest als Add-ons erhältlich. Gemeinsames Merkmal dieser Ad-hoc-Werkzeuge ist, dass sich Daten ohne viel Aufwand aus den relationalen Datenbanksystemen extrahieren lassen. Über eine grafische Nutzeroberfläche können manuelle SQL-Abfragen per Mausklick zusammengestellt werden.

Statt "... from Kundenstamm" einzutippen, erhält der User bei Abfragegeneratoren beispielsweise eine Auswahlbox mit den Namen aller Tabellen und selektiert die gewünschte Tabelle. Gleiches gilt für die Felder (= Spalten) und die Relation (=, >, < etc.). Häufig wird in einem zweiten Fenster die korrespondierende SQL-Syntax eingeblendet.

Ad-Hoc-Werkzeug: Mit Abfragegeneratoren können SQL-Befehle per Maus schnell zusammengeklickt werden.

Im Hintergrund wird nach Abschluss der Abfrage das entsprechende SQL-Statement generiert und an den Datenbankserver weitergeleitet. Selbstverständlich sind auch eine manuelle Korrektur der zusammengeklickten Befehle sowie eine vollständig händische Abfrage möglich. Eine ODBC-Schnittstelle erlaubt meist die Nutzung unterschiedlicher Datenquellen.

Als Anwender dieser Ad-Hoc-Werkzeuge kommen neben Administratoren und Entwicklern vor allem Nutzer in Frage, die schnell eine Übersicht über Teile des aktuellen Datenbestands brauchen. Für den Einsatz als Standardberichtssysteme sind allerdings zusätzliche Werkzeuge notwendig, die die eingeschränkten Formatierungsmöglichkeiten übernehmen.

Reportgeneratoren

Report- oder Berichtsgeneratoren bieten neben der reinen Abfragefunktion zusätzlich Möglichkeiten zur inhaltlichen und optischen Gestaltung und Präsentation der Ergebnisse. Dies sind beispielsweise Designfeatures, wie sie von Textverarbeitungsprogrammen her bekannt sind, Platzierungsmöglichkeiten für Tabellen und die Einbindung grafischer Objekte wie Bilder und Geschäftsgrafiken. Bei letzteren werden neben den bekannten Balken-, Säulen-, Linien- und Kreisdiagrammen in 2D und 3D auch Polar-, Radar-, Spektral-, Gant- und andere Spezialdarstellungen angeboten.

Berichtsgeneratoren sind in der Regel programmierbar und enthalten eine Makrosprache oder ähnliches. Bei der Gestaltung des Reports unterstützen Assistenten. Sie führen den Nutzer im Dialog durch Masken mit Auswahloptionen. Dabei werden die notwendigen Daten, Gruppierungen, Zwischensummen und anderes abgefragt beziehungsweise berechnet. Am Schluss wird aus den gemachten Eingaben ein Bericht geformt, der sich manuell weiter anpassen lässt.

Mit Hilfe mathematisch-statistischer Verfahren ist es bei einzelnen Systemen möglich, abgeleitete Größen zur Berichtslaufzeit zu generieren. Diese werden aus den Feldinhalten der zu Grunde liegenden Datenbank dynamisch errechnet. Über Datums- und Zeitfelder lassen sich zudem zeitbezogene Auswertungen vornehmen.

Hilfestellung: Bei Reportgeneratoren wird der Bericht im Dialog mit Auswahloptionen erstellt. (Quelle: GBWS)

Features wie „Exception Reporting“ sorgen dafür, dass besonders auffällige Datenwerte herausgestellt werden. Der Hintergrund: Werden bestimmte Werte von BI-Softwaresystemen überwacht und diese Schwellwerte über- oder unterschritten, so ergeht eine automatische Benachrichtigung des Systems. Berichtsgeneratoren können diese Werte dann automatisch übernehmen.

Reportgeneratoren – ein Beispiel

Ein weiteres nützliches Feature bei Berichtsgeneratoren ist „Two Pass Reporting“. Dabei werden bei einem zweiten Durchgang Werte benutzt, die beim ersten Durchlauf errechnet wurden und somit erst bei Ablauf des ersten Runs zur Verfügung stehen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn im ersten Durchlauf die Gesamtsumme errechnet wird. Erst beim zweiten Durchlauf können dann die Anteile an der Gesamtsumme kalkuliert werden.

Analog zu den Abfragegeneratoren enthalten auch die Berichtsgeneratoren meist eine SQL-Engine, mit der mausgesteuert SQL-Befehle zusammen gestellt werden können. Auch dies trägt zum Komfort der Generatoren bei.

Eine fortgeschrittene, server-basierte Berichterstellungs-Plattform sind beispielsweise die SQL Server 2005 Reporting Services. Damit lassen sich tabellarische und grafische Berichte, Matrix- und Freiformberichte mit Daten aus relationalen und multidimensionalen Datenquellen erstellen und verwalten. Freiformberichte erlauben es, den Inhalt in vertikalen, verschachtelten oder nebeneinander angeordneten Layouts anzuordnen.

Möglich sind auch Drilldown-Berichte, mit denen durch Datenebenen navigiert werden kann oder parametrisierte Berichte, die das Filtern nach Inhalt zur Laufzeit unterstützen. Die erstellten Berichte können über eine webbasierte Verbindung angezeigt und administriert werden. Als Datenquellen kommen relationale oder multidimensionale Daten von SQL Server, Oracle oder jedem beliebigen Microsoft .NET-Datenprovider, wie z. B. ODBC oder OLE DB in Frage.

Berichtsgenerator: Komponenten und Tools von SQL Server 2005 Reporting Services. (Quelle: Comelio)

Dennoch: Ganz ohne Haken sind die Berichtsgeneratoren nicht. Dadurch, dass sie oft dezentral ausgerichtet sind und volle Funktionalität am Arbeitsplatz bieten, geht die unternehmensübergreifende Ausrichtung verloren. Die Systeme belasten zudem bei hoher Nutzung das Netz und die Server recht stark. Auf führen sie zu erheblichem Aufwand bei der Administration des Berichtswesens.

Managed Query Environments

Diese eben genannten Nachteile – Überlastung aufgrund gleichzeitig erstellter Berichte mit viele Abfragen – will der nun vorgestellte Ansatz vermeiden. Bei so genannten „Managed Query Environments“ wird zwischen Datenbank und Endbenutzer ein eigener Reporting-Server in 3-Tier-Architektur geschoben. Dieser Server hat die Aufgabe, die Rohdaten aus dem Datenbank-Server aufzubereiten und anzureichern sowie die Vorformatierung durchzuführen.

Berichte werden als Kopien im Server vorgehalten und über die Berichtsinhalte in einem Report-Repository Buch geführt. So kann im Bedarfsfall auf abgelegte Zwischenergebnisse oder gar ganze Berichte zurückgegriffen werden. Das entlastet sowohl die Report- als auch die Datenbank-Server.

Auch die Frontend-Rechner werden von aufwändigen Berechnungsdurchläufen zur Berichtslaufzeit befreit, da diese ebenfalls der Reporting-Server erledigt. Deutlich geringer ist auch die Netzwerkbelastung, da ein vorformatierter Bereich wesentlich weniger Datenvolumen aufweist als der Rohdatenbestand, auf dem der Bericht aufsetzt.

Gängige Managed Query Environments enthalten oft auch eine Scheduling-Komponente. Sie sorgt dafür, dass komplexe Auswertungsläufe, die ressourcen- und zeitaufwändig sind, auf belastungsarme Zeiten verschoben werden. Die Ergebnisse sind dann im Reporting-Server oder lokal abgelegt.

Internet-basierte Berichtslösungen

Eine neue Generation von Reporting-Systemen orientiert sich noch stärker als frühere Ansätze an einer unternehmensweiten Informationsversorgung. Diese Tools nutzen verbreitete Internet-Technologien mit den damit verbundenen Übertragungs- und Austauschprotokollen.

Typisch für diese Art von Berichtssystemen sind Browser als Ausgabemedium für die Reports. Webbrowser dienen aber nicht nur zur Anzeige, sondern auch zur Erstellung, Verwaltung und Bearbeitung der Berichte. Als Berichtsformat wird in der Regel HTML verwendet, es sind aber auch andere Formate wie PDF möglich.

Die Berichte können auch direkt in den Dateiformaten von Office-Suiten ausgegeben werden und als reine Textdateien – etwa im CSV-Format – um sie im Bedarfsfall mit beliebigen Tools weiter zu verarbeiten. In neuerer Zeit spielt auch XML eine Rolle, das als systemunabhängiges Dateiformat den Austausch von Geschäftsdaten ermöglicht.

Müssen bei den üblichen Reporting-Tools Anwender gezielt und aktiv die Berichtsinformationen nach dem Pull-Prinzip abrufen und zusammenstellen, so übermitteln web-basierte Berichtslösungen diese oft direkt. Dieses Push-Verfahren übermittelt dem Nutzer Informationen anhand eines Zeitplanes oder bei Auftreten bestimmter Ereignisse. Als Informationsmedium dient dabei meist eine E-Mail.

Browserbasiert: Neuere Berichtslösungen wie die von Cognos erlauben die browserbasierte Erstellung und Betrachtung von Berichten.

Ein Beispiel für einen solch unternehmensweiten, internetbasierten Ansatz ist Cognos Impromptu Web Reports. Das zentrale System ermöglicht das einfache Verteilen von Berichten, die damit erstellt, geändert und über einen Web-Server unternehmensweit freigegeben werden. Durch das Browser Interface können die Benutzer weltweit auf Berichte zugreifen. Die vertraute Web-Umgebung minimiert zudem den Aufwand für Schulung und Administration.

Fazit

Leistungsfähige Reporting-Systeme sind heute für eine breite Vielfalt von Anforderungen verfügbar. Das Portfolio deckt sowohl Nutzergruppen ab, die nur vorgefertigte Bausteine und Abfragen ausführen wollen, als auch anspruchsvollere Anwender, die Reports selbstständig inklusive eigener Berechnungen erstellen wollen.

Die einfachsten und kostengünstigsten Reporting-Tools sind Abfragegeneratoren für Datenbanken, die jedoch keine Formatierungsmöglichkeiten bieten. Berichtsgeneratoren schließen diese Lücke und unterstützen den Nutzer bei der Reporterstellung über Assistenten. Sie lassen anwenderseitig kaum Wünschen offen, unterstützen aber kaum beim Aufbau eines unternehmensweiten Reporting-Systems.

Effiziente, unternehmensweite Lösungen lassen sich mit einem eigenen Reporting-Server realisieren, der für eine sinnvolle Verteilung von Funktionen auf Clients und Server sorgt und Administrationsaufwand, Datenschutz und Datensicherheit optimiert. Neuere Lösungen setzen vermehrt auf Internet-Techniken und unternehmensweite Ansätze, die sich in Enterprise Portal Lösungen einbinden lassen. (ala)