Beauftragen statt betreiben

22.09.2000
E-Business verlagert immer mehr IT ins Netz. Dies stellt an das Management der Netze neue und oft ad hoc unlösbare Aufgaben. Jetzt haben Outsourcer auch dieses Segment als neuen Dienstleistungsbereich entdeckt.

Von: Konrad Buck

Als die häufigsten Gründe für das Outsourcing von Netzwerkmanagement nennt Martin Schütz, Geschäftsführer AT&T Global Network Services Deutschland, die internationale Ausbreitung der Geschäftsaktivitäten bei Unternehmen. Hinzu komme der Mangel an Personal mit adäquater Erfahrung.

Vor allem aber steigende Komplexität durch konvergierende Netzarchitekturen mache den Inhouse-Netzwerkern zu schaffen. Dabei müsse das Managementsystem in der Lage sein, Ereignisse aus unterschiedlichen Netzebenen und Protokollen zu korrelieren und Trends sowie Störungsursachen zu identifizieren. Darum sollte gewährleistet sein, dass die Netzwerkmanagement-Tools und -Techniken stets auf dem neuesten Stand sind. Wie in den klassischen Outsourcing-Bereichen gelte auch hier, dass ein Anbieter, der Prozesse gleich für eine Vielzahl von Unternehmen regele, dies zu einem niedrigeren Preis tue, als jeder einzelne Partner für sich. Kostenersparnisse und Effizienzsteigerungen könnten so an die Kunden weiter gegeben werden.

Mit den AT&T "Managed Data Network Services" bietet das Unternehmen sämtliche Netzdienstleistungen im Komplettmanagement an. Dieses enthält zunächst die Vorab-Unterstützung in den Bereichen Bedarfsanalyse und Planungsberatung, Netzwerk-Design und globalem Projektmanagement des Rollouts, inklusive Einkauf und Lieferverfolgung der notwendigen Geräte. Hinzu kommen die Folgeservices Change Management, Remote Monitoring und Alerting, wobei da die Fähigkeit besonders nützlich ist, im Falle einer defekten Zuleitung dennoch Wartungszugriff auf das AT&T-Equipment beim Kunden zu haben. Abgerundet werden die Dienste des Anbieters durch die Sektoren Problemmanagement, Helpdesk - meist in der jeweiligen Landessprache - und Reporting und Analyse. Das Netz des Kunden mit allen Facetten steht im Vordergrund, nicht das AT&T-Backbone. Preise dafür werden auf Projektbasis verhandelt.

Das Outsourcing von Netzwerk-management bietet sich als Servicebereich der traditionellen Carrier an. Oft sind aber auch Kooperationen mit anderen Providern an der Tagesordnung. So arbeitet AT&T nicht erst seit der Übernahme des IBM-Bereichs Global Services eng mit Big Blue zusammen. Daneben besteht eine Allianz mit Hewlett-Packard zwecks Bereitstellung von E-Business- und Hosting-Services.

Die Bedarfshaltung für Netzmanagement-Outsourcing beim Kunden nimmt Schütz in unterschiedlicher Ausprägung wahr: "Die Kosten für ein vom Kunden selbst durchgeführtes Netzwerkmanagement sind oft versteckt. So sind einigen unserer Interessenten in ersten Gesprächen die eigenen Gesamtkosten nicht klar. Auch muss zuweilen die kritische Bedeutung des Netzes für die Geschäftsprozesse erst im Dialog herausgearbeitet werden, um demzufolge die Messlatte für die Qualität des Netzwerkmanagements richtig zu setzen." Andere Interessenten, so Schütz weiter, kämen mit sehr konkreten Vorstellungen zum Anbieter und wollen die Verantwortung für das Netz inklusive Management einem zuverlässigen Provider anvertrauen, ohne die Kontrolle zu verlieren.

Als Paradebeispiel für die Expertise seines Unternehmens nennt der Manager das Komplettmanagement des weltweiten internen IP-Netzes auf Basis von Cisco-Routern bei der IBM. Das gehe sogar so weit, dass das separate SNA-Netz und auch in Teilbereichen die Outsourcing-Kunden der IBM selbst von AT&T mit betreut würden.

Schütz meint: "In Gesprächen mit Entscheidern unserer wichtigsten Kunden und Interessenten stelle ich immer wieder fest, dass beim Aufbau und Betrieb von Netzwerken das Management ein entscheidender Punkt ist. Das Netz ist Stützpfeiler der Geschäftsprozesse, besonders im Zeitalter des E-Business. Ohne ausgereiftes und innovatives Management kann kein Netzwerk lange den qualitativen Ansprüchen genügen." Diese Aufgabe werde immer schwieriger durch die Integration von Sprache und Daten, Quality-of-Service und den Bedarf an weltweiter, sicherer Kommunikation.

Auch der Wettbewerber und Outsourcing-"Erfinder" EDS führt als Gründe für Netzmanagement-Outsourcing die zunehmend globalisierte Wirtschaft ins Spiel. Hinzu komme vielerorts die Unsicherheit beim Einsatz neuer Techniken, gepaart mit Personalknappheit oder aber zu hohen Personalkosten. Dies alles spiele sich unter den Rahmenbedingungen immer stärkeren Wettbewerbs und dadurch grassierender Margensenkung ab. Dem könne man EDS zufolge nur mit gesteigerter Effizienz durch Neudesign und schrittweisem "Innovationseinbau" begegnen.

Das Management komplexer Systeme ist traditionell das Kerngeschäft von EDS. Wie der Outsourcing-Service in natura aussieht, zeigt ein Blick in das seit April 1998 in Rüsselsheim aktive Service Management Center (SMC). Hier laufen 500 Fernleitungen zusammen, über die mehr als 50 000 Endnutzer vernetzt sind. Bei SMC werden rund um die Uhr 50 000 Jobabläufe täglich abgewickelt und 20 000 Objekte, LAN, Server, Router und so weiter, über Monitore kontrolliert.

Outsourcer und Carrier kooperieren

Weltweit betreibt EDS mehrere hundert Rechenzentren. Alle stehen durch ein weltweites Kommunikationsnetz in Verbindung und ermöglichen einen den Kontinent überspannenden Datentransfer. Eines der hier angebotenen Pakete, das "Communications Management", ist darauf ausgerichtet, Kunden weltweit gleichartige Services im Kommunikationsbereich zu liefern. Die unternehmenseigenen weltweiten Netzwerke "EDS Net" und "EDS Link" bilden die technische Grundlage für diese Dienstleistungen. Um Mehrwert und Kundennutzen zu erhöhen, hat EDS mit allen führenden Hard- und Softwareherstellern partnerschaftliche Vereinbarungen getroffen. Beispiele hierfür sind die Allianz in Sachen Java mit Sun oder die "First-Global-Commerce-Initiative" mit Hewlett-Packard und Verifone zur Entwicklung und Förderung des Internet-Handels und -Bankings.

Kooperationspartner aus dem Carrier-Umfeld ist der TK-Riese MCI/Worldcom. EDS ist für einen Teil des IT-Betriebs des Unternehmens verantwortlich und lagert im Gegenzug Funktionen seiner globalen Netzwerke, darunter Betrieb, Management und Design, an den TK-Anbieter aus. Bereits im April 1999 hatte EDS die IT-Service-Gesellschaft des Carriers, MCI Systemhouse, erworben.

Der Anbieter unterstützt Netzwerkumgebungen verschiedenster Architektur und Komplexität, von Überwachung und Fernsteuerung bis hin zu Entwicklung, Implementierung und kompletter Wartung der Systeme. Die Rüsselsheimer ermitteln die Anforderungen und entwickelt dafür die benötigten Sicherheitsrichtlinien. Entsprechend dazu bietet der Outsourcer seinen Kunden Verbindungen und Sicherheitsstufen an, um die Anforderungen der Geschäftsprozesse zu erfüllen. Darüber hinaus stellt der Bereich Kommunikationsmanagement-Services den Kunden durchgängige Dienstleistungen für Daten-, Sprach- und Videoübertragung in Weitverkehrsnetzen (WANs) zur Verfügung. Dazu zählen auch unternehmensweite Voice- und E-Mail-Anwendungen.

Hewlett-Packard nähert sich dem Thema über das klassische Outsourcing-Geschäft. Harald Stamm, Marketingleiter, dazu: "Netzmanagement ist in 80 Prozent der Fälle Bestandteil unserer Vereinbarungen. Gegenwärtig kommt es hier zu Lande äußerst selten vor, dass ein Kunde sämtliche Services ausschließlich im Outsourcing haben will. In den USA ist Netzmanagement-Outsourcing bereits ein aufkommender Markt."

In dem HP-Framework "IMS" (Infrastructure Management System) sind im Kundenauftrag in HP-Rechenzentren betriebene Netzmanagement-Services nicht dezidiert enthalten. Dienste für Remote Monitoring, Desktop-Management oder Analysen bietet das Unternehmen allerdings in gesonderten Paketen und auf Wunsch auch im Outsourcing an. Als avisierte Klientel nennt Stamm in Deutschland und Europa insbesonders Startup-Unternehmen: "Deren Kernkompetenz ist ihr Service." So bietet HP beispielsweise für Unternehmen wie Level 3 Lösungen für das Management von Web-Hosting-Umgebungen unter dem Produktnamen "Managed Web Solutions" an.

Auch der Düsseldorfer Citycarrier Isis/Arcor baut auf die Dienste von HP. Für sein Technical Operating Center (TOC) brauchte Isis ein effektives Netz- und Systemmanagement. HP hat das Supportzentrum für die gesamten IT- und Netzsysteme des Anbieters geplant und realisiert. Der Betrieb des TOC liegt im Fall des Stadtnetzbetreibers allerdings nicht bei HP, sondern bei Isis selbst. Nur in Einzelfällen kommen Outsourcing-Ansätze zum Tragen: Besonders knifflige Probleme reicht man einfach an HP weiter. Dadurch kommt Isis mit nur 15 Mitarbeitern aus, die bei den eigenen und den Kundensystemen rund um die Uhr für Verfügbarkeit sorgen.

Kosten sollen kalkulierbar sein

Als Grund für Outsourcing, außer transparenten Kosten für die Verwaltung, nennt Ulrich Max Müller, Vorsitzender der Geschäftsführung der Unisys Deutschland, die Anforderung, umfassende und qualitativ hochwertige IT-Dienstleistungen für große komplexe Netzwerke aus einer Hand beziehen zu können, und dies länderübergreifend. Die Firma bietet Dienste wie Remote Monitoring, Netzwerk-Design und -Management, sowie Desktop-Management und Trending/Analysis global an. Darüber hinaus erbringt das Unternehmen Leistungen rund um Sicherheitsaspekte, errichtet Firewalls und bietet Consulting sowie Service. Das Training für IT-Mitarbeiter der Kundenunternehmen bildet die Schnittstelle zu Unisys. Für das Remote Monitoring und Management gibt es zur Steuerung in den USA, in Amsterdam und in Sydney so genannte Managed Services Center.

Das Dienstleistungsangebot richtet sich insbesondere an Großunternehmen und Organisationen, die international tätig sind. Unisys ist in mehr als 100 Ländern aktiv und verfügt weltweit über eine einheitliche Infrastruktur mit global einheitlichen Prozeduren und Qualitätsstandards. Als Carrier-Partner nennen die Sulzbacher niemand geringeren als die Deutsche Telekom AG (DTAG). "Global Desktop Services" ist das erste Produkt, das die beiden gemeinsam Großkunden anbieten. Es umfasst Dienstleistungen vom Consulting, Einkauf und Installation bis hin zur Integration von Netzen sowie Instandhaltung von Einrichtungen, ferngesteuertem Netzmanagement, Desktop-Unterstützung und Hotline-Dienste für den Endnutzer. Daneben pflegt Unisys eine Partnerschaft mit Equant. Das TK-Unternehmen, welches derzeit mit der DTAG-Beteiligung Infonet in Übernahmeverhandlungen steht, stellt internationale Übertragungsstrecken zur Verfügung. (sf)