Bank in der Tasche

16.10.1998
Die Kombination von Mobilfunk und Internet-Techniken ermöglicht es, Bankgeschäfte von unterwegs aus zu erledigen. Mit Hilfe seines Handys kann der Benutzer beispielsweise Börsenkurse oder den Stand seiner Konten abfragen.

Von: Axel Schalt

Erste Konzepte im Bereich "Mobilfunk-Banking" wurden vor zwei Jahren umgesetzt. So können beispielsweise die Kunden der Dresdner Bank einen Teil ihrer Bankgeschäfte mit Hilfe ihres Handys abwickeln. Die Grundlage dafür ist eine Technik, die Internet, Intranets sowie - in Form des "Short Message Service" (SMS) - Mobilkommunikation miteinander verbindet.

Über SMS kann sich ein Kunde Nachrichten vom Server seiner Bank zustellen lassen. Dazu gehören beispielsweise Devisenkurse, Börsenindizes oder Referenzzinssätze. Einige Institute bieten ihren Kunden außerdem die Möglichkeit an, gezielt Informationen anzufordern, etwa den Kontostand oder Umsätze abzufragen. Börsenindizes und Aktiennotierungen werden allerdings gemäß einer Vereinbarung mit den Börsenplätzen mit einer Verzögerung von 20 Minuten übermittelt.

Eine Transaktion läuft beim Mobilfunk-Banking in der Regel nach folgendem Muster ab: Durch ein spezielles Signal, das sich vom normalen Anrufton unterscheidet, informiert das Handy den Benutzer darüber, daß eine Nachricht eingetroffen ist. Ist das Gerät ausgeschaltet, werden die Nachrichten beim Netzbetreiber etwa zwei Tage lang gespeichert und dann übertragen, wenn der Benutzer sein Handy wieder einschaltet. Moderne Mobiltelefone sind in der Lage, mehrere solcher Nachrichten zu speichern, so daß der Benutzer später auf sie zugreifen kann.

Gezielt Informationen abrufen

Neben der automatischen Übermittlung von Börsenindizes, Devisenkursen und Referenzzinssätzen, die zu vorgegebenen Zeiten ohne Eingreifen des Anwenders erfolgt, kann dieser jederzeit Online-Abfragen starten. Mit Kürzeln, die er über die Handy-Tastatur eingibt, etwa DEV für Devisenkurse, legt der Benutzer fest, welche Art von Information er wünscht. Bei sicherheitsrelevanten Abfragen, etwa nach dem Stand seines Kontos, gibt er statt der Kürzel die Kontonummer und die Mobilfunk-Banking-PIN ein.

Einer der Vorteile, den das Mobilfunk-Banking für die Geldinstitute mit sich bringt, ist der Imagegewinn, vor allem bei Zielgruppen wie Geschäftsleuten, Handwerkern, Außendienstmitarbeitern, Managern und jungen Menschen. Diese nutzen das Handy privat wie geschäftlich und betrachten es als wichtiges Informationswerkzeug.

Ein besonders heikler Punkt beim Abwickeln von Bankgeschäften via Mobilfunk ist die Sicherheit. Bei der Dresdner Bank beispielsweise wird der zu übermittelnde Datenbestand auf einen separaten Rechner übertragen. Auf ihm ist die Software "Bancos-SMS" von G&H Bankensoftware installiert, einem Anbieter von Komplettlösungen für Kreditinstitute. Auf diese Daten greift ein SMS-Server von Isocor zu, der die Informationen dann zum Mobilfunk-Dienstanbieter überträgt. Der leitet sie wiederum an das Handy des Kunden weiter. Somit erfolgt kein direkter Zugriff auf den Datenbestand der Bank. Nur die tatsächlich freigegebenen Informationen befinden sich auf dem SMS-Server.

Ein System für Mobile-Banking muß die gängigen Standards bei Mobilfunknetzen berücksichtigen, von GSM-900 über GSM-1800 bis hin zu CDMA (Code Division Multiple Access), das künftig eine wichtige Rolle spielen dürfte. Vorteilhaft ist, wenn sich diese Segmente mit nur einer Plattform abdecken lassen. Im Vergleich zu einer Lösung mit mehreren Systemen, die miteinander verbunden werden müssen, sind in diesem Fall die Kosten erheblich niedriger. Ein Beispiel für eine übergreifende Systemplattform ist "N-Plex Mobile" von Isocor. Mit Hilfe eines "Short Message/Advanced Service Interface" (SM/ASI) lassen sich Informationen wie Devisen- oder Aktienkurse veröffentlichen. Es ist jedoch auch denkbar, daß Banken branchenfremde Services anbieten, etwa Verkehrsberichte oder Sportresultate, wie dies teilweise bereits im Online-Bereich der Fall ist. SM/ASI stellt auch dafür eine Schnittstelle bereit, mit einfachem Zugriff von praktisch allen Entwicklungsumgebungen aus.

Zusatzdienste anbieten

Das Interface von N-Plex Mobile macht den Informationsservice unabhängig von den darunterliegenden Netzwerkprotokollen, so daß der Provider sich auf die Definition neuer Dienste konzentrieren kann. Das Internet läßt sich mit SM/ASI im gesamten Umfang nutzen. So kann der Provider beispielsweise eine Web-Page konzipieren, von der aus Kurzmitteilungen an Mobilfunkteilnehmer erstellt und direkt versendet werden. Auf diese Weise hat eine Bank die Möglichkeit, ohne großen Aufwand für Call-Center oder Kundendienstzentralen einen kostengünstigen Zugang zu ihren mobilen Kunden einzurichten. Gegen den Mißbrauch solcher Web-Seiten hilft ein Paßwort.

Zusätzlich stellt N-Plex Mobile ein Gateway zwischen der SMS-Welt und dem Internet-Protokoll SMTP bereit. Dadurch ist es möglich, konventionelle E-Mails mit einem mobilen Terminal zu versenden und zu empfangen, etwa dem "Nokia 8110i". Zusätzlich läßt sich das System an Mail-Systeme anbinden, etwa "Lotus Notes" und Microsofts "Exchange".

Als Fazit läßt sich festhalten, daß mobile Serviceangebote wie Online-Banking zu einer "Visitenkarte" von Geldinstituten geworden sind. Die Erfahrungen der Dresdner Bank mit Mobilfunk-Banking waren durchweg positiv und ermöglichten eine schnelle Umsetzung von neuen Konzepten, wie Stephan Müller als Repräsentant des Geschäftsbereichs Firmen und Institutionen, Technologie- und Innovationsmanagement des Institutes bestätigt.

Stark wachsender Markt

Die Banken haben bei dem Service natürlich auch das wachsende Kundenpotential im Auge. So wird sich nach den eher konservativen Schätzungen der Marktexperten von Plica, EITO/ZVEI und Motorola die Zahl der Mobilfunkteilnehmer in Deutschland bis zum Jahr 2000 auf über 17 Millionen erhöhen. Das UMTS-Forum geht davon aus, die Zahl der Mobilfunkkunden in der Europäischen Union zwischen dem Jahr 2000 und 2015 von 113 auf über 300 Millionen steigen wird; in Nordamerika sollen dann 230 Millionen, in Asien 1,4 Milliarden Menschen mobil telefonieren. Selbstverständlich wird nur ein Teil davon seine Bankgeschäfte - zumindest teilweise - über das Handy beziehungsweise Short-Messaging-Services abwickeln. Dennoch eröffnet sich hier ein neuer Markt, nicht nur für Banken, sondern auch für Dienstleister aus benachbarten Branchen wie etwa Broker. (re)

Axel Schalt

begann nach dem Studium seine berufliche Laufbahn bei der Isocor GmbH in Berlin. Dort ist er gegenwärtig als "Product Manager Mobile" tätig.