Preview-Version der Collaboration Suite

Ausprobiert: Microsoft SharePoint 2013

03.09.2012 von Boris Ovcak
Mit SharePoint 2013 greift Microsoft zentrale Trends wie Cloud Readiness, Social Collaboration und Mobility auf. Das Ziel ist eine einheitliche User Experience. Wir haben die Preview untersucht und stellen Ihnen die neuen Funktionen von SharePoint 2013 vor.

Im Juli hat Microsoft die Customer Preview von Office 2013 sowie von SharePoint 2013 und Project 2013 vorgestellt. CEO Steve Ballmer ließ es sich nicht nehmen, die den neuen Versionen zugrunde liegende Strategie persönlich zu präsentieren. Ballmer bezeichnet die 2013er-Releases als das ambitionierteste Vorhaben Microsofts in den letzten Jahrzehnten.

Ein Blick auf die Produkt-Pipeline des Softwarekonzerns hilft, diese Aussage einzuordnen: Mit Windows 8, Windows Phone 8 und Windows Server 2012 steht die nächste Generation von Betriebssystemen in den Startlöchern. Den (Wieder-)Eintritt in den zukunftsträchtigen Markt der Tablets hat Microsoft mit Surface angekündigt. Mit dem Re-Branding des E-Mail-Diensts Hotmail in Outlook.com rücken Cloud-Dienste und Client-Software enger zusammen. Die Idee hinter diesen konzertierten Bemühungen: Microsoft will eine einheitliche User Experience schaffen - angefangen beim Betriebssystem, über Client-, Web- bis hin zu Cloud-Anwendungen, für alle Endgerättypen (Desktop, Phone, Tablet) und sowohl für Privat- als auch für Geschäftskunden.

Durch ihre hohe Verbreitung im privaten wie im professionellen Umfeld ist die Office-Suite eine zentrale Komponente für Microsofts wirtschaftlichen Erfolg. Gleiches gilt im Geschäftskundenbereich für SharePoint, das sich zu einer unternehmensübergreifenden IT-Plattform entwickelt hat. Über die Business Connectivity Services ist SharePoint Präsentationsebene für Geschäftsdaten und kann zusätzlich beispielsweise ERP-Systeme mit der Office-Welt verbinden. Boris Ovcak von Campana & Schott hat die Preview-Version von SharePoint 2013 detailliert untersucht.

Wie gut ist Microsoft SharePoint 2013?
Entwicklung der SharePoint-Technologie
Newsfeed der MySite mit Web 2.0-Funktionalität
Optimierte Darstellung für mobile Endgeräte
Navigation auf Basis von Metadaten
Einheitliche User Experience

SharePoint 2013: Vier zentrale Investitionsbereiche

Die neue Version SharePoint 2013 greift aktuelle IT-Trends auf. Microsoft agiert hierbei weniger in der Rolle des Trendsetters sondern eher als Early Adopter. Zu den wichtigsten Entwicklungen in diesem Kontext gehören moderne Formen der Zusammenarbeit, die sich über Social Media wie Facebook und Twitter, aber auch Apps und entsprechende digitale Marktplätze wie Apples iTunes Store etabliert haben. Cloud-Services und das Nutzen mobiler Endgeräte sind besonders im Privatkundensegment bereits Usus. Mit Sharepoint 2013 greift Microsoft diese Trends auf und konzentriert sich dabei auf vier zentrale Investitionsbereiche:

Die grundsätzlichen SharePoint-Funktionen hat Microsoft konsistent weiterentwickelt, so dass SharePoint 2013, wie schon SharePoint 2010, aus Anwendersicht mehr Evolution als Revolution ist.

Tipp: Laden Sie bei Microsoft die Preview-Versionen von SharePoint 2013 zum selbst ausprobieren herunter:

Grundlegende Veränderungen in der Architektur

Obwohl Microsoft schon SharePoint 2010 in der Cloud anbietet, ist das System bislang für komplexe Szenarien wenig geeignet. Der Grund: Um den effizienten Cloud-Betrieb gewährleisten zu können, musste die Funktionalität der Architektur eingeschränkt werden.

Mit SharePoint 2013 geht Microsoft dieses Problem an und setzt konsequent auf modulare und service-orientierte Architekturen sowie offene Webstandards. Services sind in eigene Server wie den Workflow Server oder den Office Web Apps Server ausgelagert. Andere Funktionen sind in eigene Services zusammengefasst, wie zum Beispiel der App Management Service zum Bereitstellen zusätzlicher Features. Weiterhin optimiert wurde der Datentransfer: einerseits, indem BLOBs (Binary Large Objects) separiert und nur noch die Deltas zwischen Datenbank und Web Frontend transferiert werden. Andererseits durch ein neues Anfragen-Management, das es erlaubt, den für die System-Performance kritischen Anfragen Priorität einzuräumen. Endanwender profitieren hiervon durch spürbar verbesserte Antwortzeiten.

Mit den offenen Web-Standards OData und OAuth - letztere sind unter anderem auch schon bei Facebook und Twitter im Einsatz - wird eine moderne Anbindung von Fremdsystemen ermöglicht. Mittels OAuth kann die Berechtigungsvergabe von Anwender und Funktionalität separiert werden. Es ist beispielsweise nicht mehr erforderlich, dass ein Web Service für seine Ausführung Account und Passwort des Anwenders kennen muss oder potentiell Zugriff auf alle seine SharePoint-Daten hat. Die Business Connectivity Services unterstützen nun im Standard den Zugriff über das OData-Protokoll. Damit wird eine einfache Verbindung zu externen Datenquellen, etwa aus SQL-Azure-Datenbanken und mittels des Azure Marketplaces möglich. Zudem unterstützt SharePoint unterschiedliche Clients wie zum Beispiel Web Browser oder Mobile Phones.

Erweiterte Funktionen über Apps

Mit SharePoint 2013 hat Microsoft ein weiteres Kernthema angepackt: Bislang war Custom Code -das in der Praxis häufig anzutreffende Hinzufügen von Funktionen über Programmierung - für einen Großteil der Probleme im SharePoint-Betrieb verantwortlich. Andererseits schränkte das Konzept der Sandboxed Solutions (Ausführung von Programm-Code mit dedizierten und eingeschränkten Ressourcen) die Möglichkeiten für Funktionserweiterungen zu stark ein. Ein grundlegend neues Konzept war daher besonders für Cloud-Szenarien notwendig und wurde mit den aus dem Consumer- und Mobile-Bereich bekannten Apps gefunden.

Zusatzliche Funktionen werden in SharePoint 2013 in Apps isoliert und getrennt vom SharePoint-Lebenszyklus bereitgestellt: entweder in einem eigenen App Web mit dedizierter Domäne oder auf externen Systemen in der Cloud. Das stellt sicher, dass Apps den SharePoint-Betrieb nicht negativ beeinflussen können.

Das Deployment von SharePoint-Apps ist über zwei unterschiedliche Wege möglich. Unternehmensintern können Entwickler Apps über den Corporate Marketplace bereitstellen. SharePoint-Administratoren haben anschließend die Möglichkeit, die Verteilung der Apps im Unternehmen zu steuern. Als zweiten Weg bietet Microsoft mit dem Global Marketplace einen digitalen, öffentlichen Marktplatz, wie er beispielsweise von Apples iTunes Store bekannt ist. Entwickler können ihre Apps hier hochladen und mit Preisen versehen. Nach einer Qualitätssicherung von Microsoft stehen die Apps anschließend öffentlich zum Download bereit.

Der Umfang einer App kann in beiden Fällen stark variieren. So sind grundsätzlich Apps möglich, die ein ganzes Business-Szenario wie zum Beispiel einen Urlaubsantrag oder eine CRM-Anwendung umfassen. Das andere Extrem bilden Apps, die technische Funktionen wie etwa eine Custom Action für das direkte Drucken eines in SharePoint gespeicherten Dokuments hinzufügen.

Sharepoint 2013: Facebook und Twitter für das Intranet

Im Bereich Social Collaboration bietet SharePoint 2013 wichtige funktionale Neuerungen, indem es aus Facebook und Twitter bekannte Konzepte adaptiert. Die "MySite" präsentiert sich übersichtlich und trennt in Anlehnung an Facebook klar zwischen öffentlichem und privatem Bereich. Im öffentlichen "About me"-Bereich kann sich der Anwender seinen Kollegen mit einem persönlichen Profil präsentieren sowie Dokumente und weitere Informationen teilen. Weiterhin werden seinem Netzwerk hier seine Aktivitäten wie zum Beispiel das "followen" eines Dokuments, das Bewerten eines Beitrags oder aktuelle Statusmeldungen angezeigt. Dabei kann sowohl zentral als auch vom Mitarbeiter selbst festgelegt werden, wer welche Informationen angezeigt bekommt.

Ein stark verbesserter Newsfeed versorgt den Anwender mit für ihn relevanten Informationen. Relevant bezieht sich dabei auf Informationen aus dem persönlichen Profil des Anwenders sowie auf seine Aktivitäten in SharePoint - also zum Beispiel dem Folgen eines Dokuments, einer Person oder einer SharePoint-Seite, verwendeten Tags oder Erwähnungen der eigenen Person. Die Idee dahinter: Über das persönliche Nutzungsverhalten steuert der Anwender seine Informationsversorgung zielgerichtet. Weiterhin wurde die Benutzerfreundlichkeit stark verbessert. Aus Twitter bekannte Micro-Blogging-Funktionalitäten wie Hashtags und Mentioning sind jetzt verfügbar; das Einfügen von Bildern, Videos und Links in eigene Posts wurde vereinfacht.

Informativ: Newsfeed der MySite mit Web 2.0-Funktionalität.
Foto: Campana & Schott

Gänzlich neu auf der MySite ist die aggregierte Darstellung und Bearbeitung von dem Anwender zugewiesenen Aufgaben. Das besondere hierbei: Die Aggregation umfasst nicht nur sämtliche in SharePoint-Listen gespeicherte Aufgaben sondern kann im Standard auch Tasks aus MS Project sowie MS Exchange beinhalten. Ebenfalls neu auf der MySite ist die sogenannte Mybrary, eine persönliche Dokumentenbibliothek. In diese kann der Anwender Dokumente einstellen und bedarfsspezifisch mit anderen Nutzern teilen. Eine automatische Synchronisierung mit dem Windows Explorer ermöglicht darüber hinaus Offline-Funktionalität.

Über Communities bietet SharePoint 2013 nun endlich die von Internet-Foren bekannte Funktionalität, um sich in Gruppen zu einem bestimmten Thema auszutauschen. Beiträge, Antworten und Bewertungen werden ebenso übersichtlich dargestellt wie Gruppenmitglieder und Moderatoren. Ein je Gruppe individuell definierbares Bewertungssystem ermöglicht es, das Ansehen oder den Wertbeitrag von Gruppenmitgliedern anhand ihrer Aktivitäten transparent zu ermitteln und darzustellen. Somit wird der Einsatz von Communities besonders in Wissens- und Innovationsmanagement-Szenarien attraktiv.

Bessere Unterstützung von mobilen Endgeräten

Auch im Bereich mobiler Endgeräte folgt Microsoft dem allgemeinen Trend und ermöglicht die komfortable Nutzung von SharePoint 2013 auf verschiedenen Device-Typen sowie mobilen Browsern und Betriebssystemen, darunter Android, Safari oder Windows Phone. Die Standard-Mobile View wurde aufgewertet: Benutzer können nun einfacher zu SharePoint-Inhalten wie Listeneinträgen oder Dokumenten navigieren und diese editieren oder neue Einträge hinzufügen. Im Zusammenspiel mit den nun in einen eigenen Server ausgelagerten Office Mobile Web Apps wurde das Bearbeiten von Office-Dokumenten verbessert. So müssen Word-, Excel- oder PowerPoint-Dateien nicht mehr vor ihrer Bearbeitung lokal gespeichert werden.

Auch wurde das Anwendungsverhalten für mobile Endgeräte optimiert, so dass beispielsweise in PowerPoint je nach Ausrichtung des mobilen Endgeräts eine aggregierte oder eine Detaildarstellung der Präsentation angezeigt wird. Die Navigation in BI-Inhalten (Charts, Dashborads etc.) auf Basis der neuen Versionen von Excel Services, Performance Point Services und Reporting Services wurde für Touch-basierte Endgeräte verbessert, so dass zukünftig zum Beispiel auch mit dem iPad interaktive Auswertungen möglich sind.

Mobility: SharePoint 2013 bietet eine optimierte Darstellung für mobile Endgeräte.
Foto: Campana & Schott

Für Web-Content-Management-Szenarien (Bereitstellung von Inhalten mittels Webseiten für das Inter- oder Intranet), die typischerweise die höchsten Anforderungen an die Inhaltsdarstellung besitzen, wurde in SharePoint 2013 das Konzept der Channels eingeführt. Je nach mobilem Endgerättyp kann hiermit eine eigene Masterpage definiert und somit das Ein- und Ausblenden von Elementen in Seitenlayouts festgelegt werden. Das ermöglicht eine je nach Endgerät optimierte Darstellung von Inhalten.

Web-Design ohne SharePoint-Kenntnisse

Mussten Design-Layouts für SharePoint bislang über entsprechende Entwickler-Tools wie Visual Studio bereitgestellt werden, so ermöglicht SharePoint 2013 die aus anderen Web Content Management Systemen bekannte Trennung von Layout, Funktionalität und Inhalten. Web Designer können Layouts in ihren gewohnten Umgebungen wie etwa Dreamweaver oder Microsoft Expression bereitstellen; Entwickler oder Administratoren importieren diese anschließend mittels des neuen Design Managers nach SharePoint und können hier schrittweise automatisiert Masterpages und Page Layouts erzeugen lassen. Der Aufwand für das Bereitstellen von professionellen Layouts wird somit drastisch reduziert und Web Designer sowie SharePoint-Entwickler können sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren.

Professionelle WCM-Funktionen in SharePoint 2013

Darüber hinaus verbesserte Microsoft das Bereitstellen von Inhalten in WCM-Szenarien (Web Content Management) sowohl im Detail als auch in grundlegenden Aspekten. Redakteure werden sich freuen, dass die Inhaltsübernahme von Word nach SharePoint nun auch Formatierungen wie etwa Überschriftenformate unterstützt oder im Rahmen des Bilder-Uploads ein automatisiertes Re-Sizing mit Auswahl von Bildsektionen verfügbar ist.

Grundlegend neu ist die Entkopplung der Navigation von den eigentlichen Strukturen in SharePoint. Die Navigation lässt sich in SharePoint 2013 anhand der Zuordnung von Inhalten (Webseiten) zu einem oder mehreren Term Stores (hierarchisch gegliederten Metadaten) organisieren. Auch hier bedient sich Microsoft bewährter Konzepte - Web Shops wie Amazon oder eBay arbeiten nach ähnlichem Prinzip.

Struktur: Navigation auf Basis von Metadaten.
Foto: Campana & Schott

Für die Inhaltspräsentation nimmt die Search-Funktionalität in SharePoint 2013 eine zentrale Rolle ein. Sie entkoppelt die Inhalte von den Strukturen, in denen diese in SharePoint gespeichert sind und stellt sie in einem zentralen Index bereit, katalogisiert und mit den beschreibenden Meta-Daten. Auf diese Weise können Inhalte dynamisch und Site-Collection-übergreifend dargestellt werden. Um zeitliche Verzögerungen im Rahmen der Index-Bereitstellung zu umgehen, wurde die Search Engine angepasst. Arbeitete sie in SharePoint 2010 noch mit periodischen oder manuell angestoßenen Crawls, so können diese in SharePoint 2013 auch kontinuierlich ablaufen.

SharePoint 2013 zeigt, dass es Microsoft mit dessen Positionierung unter anderem als WCM-System für Internetauftritte ernst meint: Neben den bereits genannten Verbesserungen im Bereich Inhaltsbereitstellung und -darstellung bietet die neue Version die Möglichkeit, klare URLs für die jeweilige Webseite festzulegen. Auch für Suchmaschinen wie Bing oder Google relevante Parameter lassen sich nun im Standard konfigurieren (SEO).

Einsatzmöglichkeiten von SharePoint 2013

Weitere Neuerungen in SharePoint 2013

Fazit

Mit SharePoint 2013 greift Microsoft etablierte Trends auf und führt die Entwicklung als Enterprise -Plattform fort. Dennoch wird es auch weiterhin Software geben, die für einen dedizierten Anwendungsfall wie zum Beispiel Dokumentenmanagement ein paar Prozentpunkte mehr Funktionalität liefert.

Einheitliche User Experience.
Foto: Campana & Schott

Als IT-Plattform für die effiziente Zusammenarbeit in Unternehmen ist SharePoint 2013 jedoch ausgesprochen gut geeignet. Erweitert man die Perspektive auf die von Microsoft angestrebte einheitliche Benutzeroberfläche für alle Anwendungsarten, Endgerättypen und Kundensegmente, wird das eigentliche Potential der Plattform deutlich.

Mit der Einführung von Apps erhält die "Consumerization of IT" im Geschäftskundenbereich zudem eine neue Dimension. Ob sich Apps für das Bereitstellen von Business Applikationen durchsetzen werden oder die Mini-Anwendungen schlicht für zusätzliche Funktionen genutzt werden, muss sich erst noch zeigen. Die technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen sind mit der neuen SharePoint-Version jedenfalls geschaffen.

Ein Wermutstropfen für IT-Verantwortliche: Grundlegende Veränderungen der Architektur lassen die Migration von früheren Versionen auf SharePoint 2013 zu einer Herausforderung werden, besonders in stark unternehmensspezifisch angepassten Installationen. Wenn Unternehmen zukünftig jedoch SharePoint für komplexe Szenarien in der Cloud oder in hybriden Formen nutzen möchten, ist eine Migration unabdingbar. Ebenso sollten IT-Entscheider eine zügige Migration nach SharePoint 2013 prüfen, wenn die geplanten Einsatzszenarien nahe an den zentralen Investitionsbereichen der neuen Version liegen: Cloud Readiness, Social Collaboration, Mobile Devices und Web Content Management.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrat unserer Schwesterpublikation Computerwoche. (cvi)