Replica, Bandbreitenverwaltung, MinWin

Ausblick: Hyper-V 3.0 in Windows 8

22.08.2011 von Thomas Joos
Mit den kommenden Betriebssystemen Windows 8 und Windows 8 Server erneuert Microsoft auch Hyper-V. Die Virtualisierungstechnologie wird insbesondere in Sachen Leistung und Kompatibilität optimiert. Wir haben die Neuerungen für Sie zusammengefasst.

Zwar stehen noch keine öffentlichen Beta-Versionen von Windows 8 und dem entsprechenden Serverbetriebssystem zur Verfügung, dennoch mehren sich die technischen Details zu den neuen Betriebssystemen. So soll Windows 8 die neue Version 3.0 der Virtualisierungstechnologie Hyper-V enthalten.

Zu Hyper-V sind gleichfalls schon einige Details bekannt, die zum Teil auch von Microsoft bestätigt sind. Mit der neuen Version will Microsoft Hyper-V auch für sehr große und leistungshungrige Serverfarmen und Private-Cloud-Infrastrukturen fit machen. Ganz offensichtlich möchte Microsoft mit Hyper-V einen entscheidenden Leistungssprung machen, damit auch anspruchsvolle Server wie SQL-Datenbanken problemlos und leistungsstark funktionieren.

Die grundsätzliche Verwaltungsoberfläche, der Hyper-V-Manager, sieht in aktuellen Builds von Windows 8 Server noch so aus wie bei Windows Server 2008 R2 und lässt sich offensichtlich auch so bedienen. Die neuen Funktionen hat Microsoft dazu in die Oberfläche integriert. Wir zeigen Ihnen die wichtigsten Neuerungen der neuen Version.

Verbesserte Wiederherstellung von virtuellen Servern - Hyper-V-Replica

Hyper-V-Replica ist mit Sicherheit die entscheidende Neuerung in Hyper-V von Windows 8 Server, wenn nicht sogar von Windows 8, und wurde bereits offiziell bestätigt. In Hyper-V 3.0 können Administratoren virtuelle Server sehr viel leichter zwischen Hyper-V-Hosts replizieren als bisher. Es ist kein Exportvorgang mehr notwendig, der die Maschine ausbremst, sondern asynchrone Replikationsvorgänge lassen sich schnell und leicht im laufenden Betrieb von virtuellen Servern durchführen.

Dazu dient eine neue Funktion mit der aktuellen Bezeichnung Hyper-V-Replica. Microsoft zeigt diese Funktion auch in einem Video. Interessant wird es ab Minute 36:50. Auf diesem Weg lassen sich virtuelle Server auch sichern, da der Quellserver natürlich weiterhin aktiv bleibt.

Die Übertragung mit Hyper-V-Replica können Anwender entweder zeitgesteuert oder sofort durchführen. Hyper-V kann diese Replikation vollkommen unabhängig vom eingesetzten Speichersystem erledigen. Die einzige Voraussetzung ist, dass auf dem Quell- und dem Zielserver Hyper-V 3.0 läuft und die Server über eine Netzwerkverbindung verfügen, über die sie kommunizieren können. Im Gegensatz zur Live-Migration in Windows Server 2008 R2, bei der Sie Hyper-V-VMs in einem Cluster zwischen Knoten verschieben können, kann Hyper-V-Replica auch ohne Cluster und ohne Zusatzkosten virtuelle Server replizieren, nicht nur verschieben.

Replikation mit Hyper-V Replica

Die Übertragung findet über einen leicht zu bedienenden Assistenten statt. Diesen starten Sie über das Kontextmenü von virtuellen Servern im Hyper-V-Manager. Zunächst wählen Sie im Assistenten den Zielserver aus, auf dem Sie den virtuellen Server replizieren wollen.

Weiterhin konfigurieren Sie die Verschlüsselung und die Authentifizierung für die Übertragung. Im Assistenten können Sie auch auswählen, welche virtuellen Festplatten Sie auf dem Zielserver replizieren wollen. Anschließend können Sie die Snapshots auswählen, die Sie mit auf den Zielserver replizieren wollen.

Im Assistenten legen Sie noch die Zeit fest, zu der Sie die Replikation starten möchten. An dieser Stelle bietet Hyper-V 3.0 die Möglichkeit, die virtuelle Maschine offline auf ein Medium wie eine externe Festplatte zu replizieren. Die Replikation lässt sich extrem einfach über den Assistenten durchführen. Sobald Sie alle notwendigen Konfigurationen ausgewählt haben, startet der Assistent mit der Replikation. Auch Serveranwendungen wie SQL-Server mit ausgelasteten Datenbanken lassen sich auf diesem Weg leicht replizieren, ohne auf komplexe Konfigurationen zurückgreifen zu müssen.

Microsoft stellt die Funktion aller Voraussicht nach kostenlos in der Serverversion von Windows 8 zur Verfügung, zusammen mit Hyper-V 3.0. Allerdings ist bislang unklar, ob Microsoft hier Unterscheidungen zwischen der Standard- und der Enterprise-Edition von Windows 8 Server macht. Informationen und Screenshots zu der Funktion finden Sie auch in diesem Blog zu Windows. VMware bietet diese Funktion mit dem Site Recovery Manager (SRM) in VSphere 5.0.

Größere Festplatten, mehr CPU-Kerne

Hyper-V in Windows 8 unterstützt Festplatten mit einer Größe bis zu 16 TByte. Dazu ändert Microsoft das Format von .vhd zu vhdx. Platten im .vhd-Format unterstützen nur eine Größe von 2 TByte. Beim Erstellen neuer Harddiscs können Administratoren das Format auswählen.

Zugewinn: Das neue vhdx-Format unterstützt Festplatten mit bis zu 16 TByte.

In Hyper-V 3.0 steht dazu auch weiterhin das alte .vhd-Format zur Verfügung, um die Migration zu erleichtern. Das neue .vhdx-Format unterstützt nur Windows 8. Ob ein Service Pack für Windows Server 2008 R2 oder Windows 7 die neue Funktion auch dort integrieren wird, ist aktuell noch nicht bekannt. Das neue Format ist außerdem besser für Hyper-V-Replica geeignet als die bisherige Version .vhd.

Ebenfalls neu sind die Möglichkeiten, mehr CPU-Kerne als virtuelle Prozessoren zuzuweisen. Hier bietet die neue Version wesentlich mehr Möglichkeiten als die aktuelle Version in Windows Server 2008 R2. Im Internet kursieren bereits Gerüchte, dass sich mehr als 16 Kerne jeder virtuellen Maschine direkt zuweisen lassen.

Potenzial: In einem Demo-Video von Microsoft ist erkennbar, dass sich mindestens 16 CPU-Kerne einem virtuellen Server zuweisen lassen.

Genaue Informationen, wie viele Kerne Hyper-V unterstützt, gibt es aktuell noch nicht. Allerdings weist der Microsoft-Mitarbeiter in dem Demo-Video darauf hin, dass Hyper-V 3.0 wohl noch mehr Kerne unterstützt und diese auch durchaus bis zu 100 Prozent ausgelastet werden können. Im Film ist ein SQL-Server zu sehen, der 16 Kerne nutzt. Hyper-V 3.0 in Windows 8 bietet hier auch mehr Einstellungsmöglichkeiten als die Vorgängerversionen, um die CPU-Last zu verteilen. Das ist bereits im Menü des Hyper-V-Managers zu sehen. Die Einstellungsmöglichkeiten gelten ebenso für den Arbeitsspeicher: Auch hier erweitert Microsoft die Möglichkeiten von Dynamic Memory in Windows Server 2008 R2 SP1.

Bandbreitenverwaltung der Netzwerkverbindungen

Auch bei den Netzwerkverbindungen gibt es mehr Einstellungsmöglichkeiten. Administratoren können auf diesem Weg die Bandbreite der Netzwerkverbindungen genau justieren. Zusätzlich bieten die Einstellungen noch erweiterte Menüs, in denen Administratoren zum Beispiel auch eine Hardwarebeschleunigung für Netzwerkverbindungen aktivieren können, sowie Offload-Einstellungen.

Einflussnahme: Administratoren können die Bandbreite regulieren.

Hyper-V 3.0 unterstützt anscheinend direkt TCP Chimney Offload. Bei dieser Technik lassen sich Berechnungen für den Netzwerkverkehr von den virtuellen Servern zu den Netzwerkkarten delegieren, was die Leistung des Rechners für Anwendungen und im Netzwerk erheblich beschleunigen kann. Das heißt, virtuelle Maschinen können künftig auch direkt auf Hardwarefunktionen der Netzwerkkarten zugreifen, was netzwerklastige Systeme beschleunigt. Zusätzlich ist eine Funktion integriert, die DHCP-Anfragen von virtuellen Servern blockieren kann, genauso wie Anfragen an die Router im Netzwerk. Alle diese Einstellungen finden sich im Konfigurationsfenster der virtuellen Maschinen im Hyper-V-Manager.

Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, Ressource-Pools zu erstellen. In ihnen lassen sich Fibre-Channel-Verbindungen zusammenfassen und so leichter auf die virtuellen Server verteilen. Mit der Funktion können Sie zum Beispiel Speicherzugriffe auf SANs von virtuellen Servern einmal konfigurieren, zusammenfassen und mehreren Servern zuteilen. In Hyper-V 3.0 integriert Microsoft dazu virtuelle Fibre-Channel-Adapter. Auch diese Funktion ist im Hyper-V-Manager integriert.

Hyper-V auf dem Windows-8-Client

In neueren Windows-8-Versionen gibt es auch im Client-System eine Integration des Features Hyper-V-Core. Anscheinend bietet die Client-Version von Windows 8 ebenfalls die Möglichkeit, Computer mit Hyper-V zu virtualisieren. Die neue Funktion soll wohl den Windows-XP-Modus ablösen und Kompatibilität mit älteren Anwendungen ermöglichen, vor allem von 32-Bit-Anwendungen in Windows 8 x64.

Diese laufen dazu als virtualisierte Anwendung oder als Anwendung in einem mit Hyper-V virtualisierten Computer im Windows-8-Client. Einige Spezialisten gehen davon aus, dass Hyper-V 3.0 direkt auch App-V-Anwendungen unterstützt, also virtualisierte Anwendungen ohne dazugehörigen Server.

Auch Windows Phone 7.5/8 soll sich auf diesem Weg emulieren lassen, was Entwickler und Administratoren sicher erfreut. Hier besteht zudem die Möglichkeit, dass sich auf diesem Weg nicht nur das komplette Smartphone-System emulieren, sondern auch einzelne Anwendungen starten lassen, die normalerweise nur für Windows Phone entwickelt wurden.

In Hyper-V-Core, dem Ersatz von Virtual PC, sollen wohl auch unterstützte Linux-Systeme laufen und sich direkt starten lassen, ohne selbst auf die Virtualisierungstechnologie zurückgreifen zu müssen. Für Anwender soll der Betrieb also noch transparenter sein als der aktuelle Windows-XP-Modus in Windows 7 oder Microsoft Enterprise Desktop Virtualization (MED-V) im Microsoft Desktop Optimization Pack (MDOP). Auch App-V wird anscheinend direkt in Hyper-V 3.0 übergehen, sodass sich Anwendungen direkt, also ohne Zuhilfenahme weiterer Techniken, virtualisieren lassen.

Virtualisierung neu geordnet

Im Bereich Virtualisierung bietet Microsoft aktuell noch sehr viele Produkte an, was die Transparenz gerade für Unternehmenskunden nicht erhöht ­ man zählt den Windows-XP-Modus, Microsoft Enterprise Desktop Virtualization, App-V, Hyper-V und Virtual PC. Künftig soll es nur noch Hyper-V geben, und zwar auf dem Server und dem Client. Allerdings sind dazu auf dem Client die Editionen Ultimate oder Enterprise notwendig.

Weitere Gerüchte besagen, dass Hyper-V-Client auf Windows 8 auch 64-Bit-Systeme virtualisieren kann; Virtual PC ist dazu noch nicht in der Lage. Hyper-V in Windows Server 2008 R2 kann dagegen natürlich bereits problemlos auch 64-Bit-Betriebssysteme installieren.

In diesem Rahmen kursieren im Internet auch immer mehr Gerüchte, dass Anwendungen, die mit Hyper-V 3.0 auf dem Server virtualisiert werden, keine komplette Installation von Windows mehr benötigen, sondern in einem kleinen Windows-Kernel, auch MinWin genannt, laufen. Ähnlich wie bei Windows PE, über das aktuelle Rettungs-CDs funktionieren, sollen sich auf diesem Weg auch Anwendungen virtualisieren lassen. Der Vorteil des Systems ist, dass das Gastbetriebssystem keine unnötige Leistung verschwendet und auf diesem Weg mehr Ressourcen auf dem Hyper-V zur Verfügung stehen. Mit dieser Leistung können Administratoren dann entweder mehr virtuelle Server/Anwendungen zur Verfügung stellen oder den Anwendungen mehr Leistung gönnen.

Fazit

Es ist offensichtlich, dass Microsoft mit Hyper-V 3.0 in Windows 8 einen sehr großen Sprung machen will und vor allem Leistung und Kompatibilität im Auge hat. Techniken wie Hyper-V-Replica gehören sicherlich zu den spannenderen Features in Windows 8, besonders für den Unternehmenseinsatz.

In der kommenden Version 3.0 kann das kostenlose Hyper-V durchaus mit konkurrenzfähigen Funktionen punkten. Es bleibt abzuwarten, welche davon in die finale Version von Windows 8 einfließen, und was die Wettbewerber bis dahin zu bieten haben. Administratoren dürfen sich auf jeden Fall auf sehr interessante Features im Bereich Virtualisierung und Private Cloud freuen. (mje)