Auf der Gigabit-Welle

07.04.2000
Wegen des steigenden Bandbreitenbedarfs hat sich die Glasfaserverkabelung als Alternative zum Kupfer etabliert. Allerdings weisen auch Lichtwellenleiter einige Schwächen auf. Sie lassen sich jedoch überwinden, etwa mit Hilfe von Medienkonvertern.

Von: Paul Smith

Der Anstieg der Datenraten in lokalen und Weitverkehrsnetzen hat dazu geführt, dass die Kabelinfrastruktur heute in vielen Fällen am Rande ihrer Leistungsfähigkeit angekommen ist. Die Kupferverkabelung schafft es häufig kaum noch, die Anforderungen von Fast-Ethernet zu erfüllen, ganz zu schweigen von den Ansprüchen, die ATM, Fibre Channel oder Gigabit-Ethernet an die Netze stellen. Eine Alternative zum Kupferdraht ist die Glasfaserverkabelung. Im Gegensatz zum metallenen Konkurrenten besitzt die Glasfaser keine Geschwindigkeitsbeschränkungen. Darüber lassen sich mit dieser Technik wesentlich größere Entfernungen überbrücken. Das ist vor allem dann wichtig, wenn der Anwender sein Netz erweitern will.

Es gibt zwei Typen von Lichtwellenleitern: Singlemode- und Multimode-Glasfasern. Sie unterscheiden sich in der Zahl der geometrischen Lichtpfade (Moden) in den optischen Fasern. Der Aufbau ist dagegen im Wesentlichen derselbe: Faserherz (Core), Schutzschicht (Cladding), Umhüllung (Coating), Biegeschutz und Kabelmantel. Am häufigsten zu finden sind Multimode-Fasern. Sie verfügen über eine Faser, die typischerweise einen Durchmesser von 62,5 Mikrometer hat und von einem 125 Mikrometer starken Mantel (Cladding) umgeben ist. Multimode-Kabel sind preiswerter als Singlemode-Kabel und arbeiten mit mehreren Strahlen oder Licht-Moden, die in das Kabel eingespeist werden. Jede dieser Moden nutzt einen anderen Einfallswinkel und sucht sich deshalb einen separaten Weg durch das Kabel. Daraus ergeben sich am anderen Ende der Verbindung unterschiedliche Laufzeiten. Dieser Effekt wird als "Modale Dispersion" bezeichnet und verursacht eine Abschwächung des Signals. Multimode-Fasern können deshalb "nur" Entfernungen zwischen zwei und fünf Kilometern überbrücken.

Singlemode-Fasern verfügen über ein kleineres Herz von 8 µm und einen Fasermantel, der 125 µm misst. Dieser LWL-Typ erfordert kostspieligere Übertragungseinheiten, die Licht in einem einzigen Strahl einspeisen. Weil eben nur eine Mode benutzt wird, kommt das Licht am anderen Ende zur selben Zeit an und vermeidet dadurch die Modale Dispersion. Solche Fasern können das Signal über größere Entfernungen von 20 bis 80 Kilometern transportieren. Glasfasern bieten mehrere Vorteile, die sie in Ethernet- oder Fast-Ethernet-Netzen ausspielen können. So sind Kupferleitungen wie Koax- oder Twisted-Pair-Kabel nur in der Lage, geringe Entfernungen zu überbrücken. Ethernet, das auf einer Koax-Verkabelung (10Base2) basiert, ist für eine Entfernung von höchstens 185 Metern ausgelegt, während Ethernet über Twisted-Pair-Kabel (10BaseT and 100BaseTX) auf 100 Meter begrenzt ist. Glasfaser kann in Form von Multimode-Fasern diese Entfernung bis auf 2000 Meter ausweiten; Singlemode-Fasern schaffen fünf Kilometer im Halbduplex-Betrieb und noch mehr in Vollduplex-Umgebungen.

Die Distanzen hängen von den aktiven Komponenten ab. Ethernet, das mit 10 MBit/s betrieben wird, kann maximal vier Signalverstärker (Repeater) aufnehmen, Fast-Ethernet erlaubt maximal zwei Repeater und dazwischen nur fünf Meter Kabel. Weil sie als einzige Verbindungsart größere Distanzen überbrückt, profitieren Lichtwellenleiter von der wachsenden Verbreitung der 100-MBit/s-Technik.

Hinzu kommt, dass Koax- oder Twisted-Pair-Kabel (Shielded und Unshielded) elektrische Abstrahlungen verursachen, vor allem in den Steckverbindern. In einigen Bereichen, etwa Krankenhäusern, ist das potenzielle Risiko durch die elektromagnetischen Wellen nicht akzeptabel; auf der anderen Seite ist es kostspielig, Kupferleitungen entsprechend abzuschirmen. Hier kann die Glasfaser weiterhelfen: Bei ihr tritt keine Störstrahlung auf, außerdem ist die Übertragung sicher, weil keine Abstrahlungen vorhanden sind, die Unbefugte abfangen könnten. Deshalb eignen sich Lichtwellenleiter für Netze in Behörden oder Forschungsabteilungen von Firmen. Ein weiteres Einsatzgebiet sind Umgebungen, in denen starke elektromagnetische Strahlungen auftreten, beispielsweise Fertigungsanlagen.

Ein weiterer Pluspunkt betrifft das Verlegen der Kabel: Glasfaser verträgt engere Biegeradien. Zusätzlich ist eine LWL-Leitung kleiner dimensioniert als Twisted-Pair-Kabel und benötigt deshalb weniger Platz im Kabelkanal.

Licht und Schatten: Nachteile der Glasfasern

Eine Glasfaserverkabelung hat jedoch auch Nachteile. Der bekannteste sind die höheren Kosten für die Konfektionierung der Kabelenden: Spleiße und Verbindungen müssen sorgfältig geschnitten und poliert werden. Ebenso hoch sie Anforderungen an die Qualität der Steckverbinder. Das zweite Problem sind proprietäre Netzelemente, die keine Glasfaserverbindungen unterstützen. Nur wenige Computer oder Netzkomponenten verfügen standardmäßig über eine Glasfaseranbindung.

Im Ethernet-Netz kann zudem die Größe der Collision Domains den Einsatz von Glasfasern beeinträchtigen. Denn in einer Halbduplex-Umgebung (Shared Media) dürfen zwei Geräte nicht mehr als 512 Bit-Zeiten (Bit Times) auseinander liegen. Zwar durchlaufen Signale eine Glasfaser um etwa elf Prozent schneller als ein Kupferkabel. Das ist aber zu wenig, um die Kollisionsdomäne auszudehnen. Im Endeffekt bedeutet dies, dass die Struktur eines Netzes und die Entfernungen dem Einsatz von LWL Grenzen setzen, auch wenn die Signalqualität theoretisch eine größere Netzausdehnung erlaubt.

Einen Ausweg bietet der Einsatz von Bridges mit Anschlüssen für Glasfaser- und Kupferkabel. Mit ihrer Hilfe lässt eine Collision Domain nochmals segmentieren.

Verbindung zu FDDI und ATM

Glasfaser spielt nicht nur in Ethernet-LANs eine wichtige Rolle, sondern auch in Netzen, die auf FDDI oder ATM basieren. Beide Techniken haben die gleichen Vorteile und Probleme wie Ethernet. Die Kupfer-Variante von FDDI (CDDI) ist auf eine Entfernung von 100 Metern beschränkt. Weil diese Topologien vor allem in Campus-Backbone-Netzen eingesetzt werden, verringert die Multimode-Faser hier die maximal überbrückbare Entfernung auf zwei Kilometer. Mit Singlemode-Fasern wären Distanzen von 60 Kilometern möglich. Weil meist nur ein oder zwei Segmente diese Entfernungen benötigen, lassen sich durch die Installation eines Singlemode-Multimode-Medienkonverters diese Segmente verbinden.

Um große Entfernungen in Weitverkehrsnetzen zu überbrücken, setzen auch Carrier Singlemode-Glasfasern ein. Sie stellen mittlerweile große Teile ihrer Netze auf die Glasfasertechnik um, damit sie ihren Kunden mehr Bandbreite anbieten können. Sobald die Netzbetreiber die Gebäude der Anwender mit schnellen Diensten versorgen wollen, müssen sie die Singlemode-Fasern, die vor allem im Weitverkehrsbereich eingesetzt werden, mit den Multimode-Fasernetzen in den Häusern verbinden. Beispiele für solche Dienste sind ATM und Sonet.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich Glasfaserkabel in Datennetzen fest etabliert haben. Nachdem die Kosten für die Kabel, Stecker, Installation und Ausrüstung mit denen von Kupfernetzen vergleichbar sind, dürfte es den Netzwerkplanern leichter fallen, Glasfaserkabel als ernsthafte Alternative zu Kupferleitungen in Betracht zu ziehen. Die Zukunftssicherheit und die Tatsache, dass die Datenraten auch künftig steigen werden, sprechen jedenfalls für diese Technik. (re)

Zur Person

Paul Smith

ist Applications Engineer bei Transition Networks. Das Unternehmen entwickelt Medienkonverter für Ethernet, Fast Ethernet, FDDI, ATM, Gigabit-Ethernet und Token-Ring.