ATIs neue Waffe - RADEON 8500

14.08.2001 von Bernhard  Haluschak
Mit dem Grafikchip RADEON 8500 will ATI die Vormachtstellung von NVIDIA angreifen. Ob dies durch Einsatz neuster Technologien gelingt, muss ATI aber erst noch beweisen.

ATI stellt heute den jüngsten Spross ihrer Grafikchip-Familie vor - den RADEON 8500. Er ist die Kampfansage an den NVIDIA GeForce3. Mit neuen Technologien wie Truform und Smartshader will ATI Performance und Bildqualität steigern. Doch auch der altbekannte RADEON bekam eine Verjüngungskur.

Mit gleich drei neuen Grafikkarten - basierend auf dem RADEON 8500 und dem überarbeiteten RADEON - versucht ATI die Gunst der Käufer zu gewinnen.

Als direktes Pendant zur GeForce3-Karte setzt ATI die gleichnamige Grafikkarte RADEON 8500 ein. Sie ist mit 64 MByte DDR-SDRAM bestückt und mit VGA-, DVI-Schnittstelle und TV-out ausgestattet. Der Preis für diese Karte soll stolze 999 Mark betragen.

Die FIRE GL 8800 ist eine weitere HighEnd-Grafikkarte in ATIs Portfolio. Die Ausstattung entspricht RADEON 8500. Mit der Ausrichtung auf den Bereich der Mid-Range-3D-Workstations soll diese Karte hauptsächlich für CAD/CAM, Simulation und Animation eingesetzt werden. Im Gegensatz zur RADEON 8500 bietet sie deshalb Treibersupport für professionelle Anwendungen, wie Autocad und 3D Studio Max. Damit stellt sie eine Konkurrenz zu Karten mit NVIDIA-Quadro2-Pro-Chips dar. Der Preis steht noch nicht fest.

Ein weiteres Novum ist die RADEON-7500-Grafikkarte für den Mainstream-Bereich. Sie basiert auf der herkömmlichen RADEON-Architektur. Der Chip mit der gleichnamigen Bezeichnung RADEON 7500 erfuhr ein Die-Shrink auf 0,15 µm Strukturbreite. Für den Anschluss eines zweiten Monitors und eines TV-Gerätes hat ATI anders als beim RADEON die Ansteuerelektronik integriert. Zusätzlich soll ein höherer Chip- und Speichertakt mehr Performance bieten. Dieses Face-Lifting hat einen Preis von 499 Mark. ATI positioniert dieses Modell als Konkurrenz zur NVIDIA GeForce2 Pro.

RADEON 8500 im Detail

ATI fertigt den Grafikchip RADEON 8500 in 0,15-µm-Technologie. Die vier Rendering Pipelines mit je sechs Textur-Einheiten der Pixel-Tapestray-Architektur erreichen bei einem Chiptakt von 250 MHz eine Pixel-Füllrate von 1000 MPixel/s. Mit einem Speichertakt von maximal 300 MHz (600 MHz DDR) soll das 128 Bit breite Speicherinterface eine Bandbreite von 9,6 GByte/s erreichen. Die verbesserte HyperZ-II-Funktion soll die effektive Speicherbandbreite nochmals um 25 Prozent auf 12 GByte/s erhöhen.

Zu den Neuerungen der RADEON-8500-Architektur zählen die Smartshader-Technologie, Truform sowie Smoothvision. Letzteres ist eine Anti-Aliasing-Funktion, bei der man bis zu 16 Sampels per Pixel zur Kantenglättung benutzen kann. Wo die einzelnen Sample-Punkte innerhalb eines Pixels liegen, kann der Programmierer in einer Sample-Tabelle frei definieren und abspeichern. Voraussetzung für die Ausnutzung dieser neuen Funktionen ist DirectX 8.1 und Programme, die die neuen Funktionen einsetzen.

Zu den bereits von RADEON bekannten Features zählen:

Die Charisma-Engine mit ihrer erweiterten Transform-, Clipping- und Lighting-Funktion. Sie ist in der Lage theoretisch 75 Milionen Dreiecke pro Sekunde zu berechnen und kann parallel zum Smartshader arbeiten.

Das Video Immersion unterstützt HDTV und ist in der Lage MPEG-2-Formate hardwarebeschleunigt mit Hilfe von Motion Compensation und IDCT zu decodieren. Die CPU-Belastung wird so gemindert. Zusätzlich soll das adaptive De-Interlacing und die Frame-Rate-Conversion die Bildqualität von MPEG-2-Streams verbessern.

Die Dual-Display-Technologie zusammen mit der HydraVision Management Software. Anders als beim RADEON ist im RADEON 8500 der zweite CRT-Controller und die TV-out-Elektronik bereits integriert. Der ebenfalls integrierte 165 MHz TMDS-Transmitter erlaubt es, TFT mit DVI-Schnittstelle mit einer Auflösung von 1600 x 1200 Pixel zu betreiben. Bei zwei angeschlossenen Displays (Kombination aus CRT, TFT oder TV) kann die Multi-Monitor-Software maximal neun Desktopeinstellungen individuell verwalten.

Smartshader

Erst mit der Einführung von DirectX 8.1 können die Hauptbestandteile der neuen RADEON-8500-Architektur, der programmierbare Vertex- und Pixel-Shader - auch Smartshader genannt - voll genutzt werden.

Der Vertex Shader ist in der Geometrie-Pipeline untergebracht. Anhand von frei programmierbaren Anweisungen und Instruktionen kann er die ankommenden Vertex-Daten neu berechnen. Ein Vertex kann aus insgesamt 16 einzelnen Datenteilen, den so genannten Streams, bestehen. Diese enthalten zum Beispiel Orts- und Textur-Koordinaten, Lichtwerte oder Daten zur Oberflächenberechnung. Eine Vertex-Shader-Anweisung enthält maximal 128 Instruktionen. Ihr stehen zur Abarbeitung der Befehlsfolge 12 temporäre und 95 feste Datenregister zur Verfügung.

Besonders bei der aufwendigen Berechnung von Oberflächen (Procedural Deformation) und Schatten (Shadow Volumes) bringt diese Technik Vorteile.

Anders als der Vertex-Shader ist der Pixel-Shader ein Teil der Rendering-Pipeline. Er ist in der Lage, sechs unterschiedliche Texturen in einem Durchlauf zu untersuchen, um die Farbe eines Pixels festzustellen und neu zu berechnen. Dabei können die Texturen in einem dreidimensionalen Array abgespeichert werden. Eine Pixel-Shader-Anweisung fasst insgesamt 22 Instruktionen. Sechs temporäre und acht feste Datenregister helfen bei der Berechnung der Daten.

Vorteil des Pixel-Shader ist das schnelle Per-Pixel-Rendering mit vielen Lichtquellen darüber hinaus beschleunigt es Funktionen zur Berechnung des Lichtes an Oberflächen wie das True Phong Shading, Advanced Bump Mapping und Procedural Textures.

Truform

Um die Grafikhardware zu entlasten, haben die Entwickler in der Vergangenheit die Zahl der Polygone in ihren Programmen reduziert, was Figuren, Gebäude und Landschaften eckig und unnatürlich aussehen lässt.

Das Problem will ATI mit seiner Truform-Technologie lösen. Die Idee ist simpel: Das ursprüngliche 3D-Modell bleibt, wie es ist, der 3D-Chip rechnet Polygone hinzu. Um das zu erreichen, bedient sich Truform der "Higher-Order-Surfaces", die Microsoft mit DirectX 8.0 eingeführt hat, und die Open GL über Extensions ebenfalls beherrscht. Diese Oberflächen sind nicht rein aus Polygonen zusammengesetzt, sondern bestehen aus einer Kombination von Vielecken und Bezier-Kurven. Damit lassen sich auch gekrümmte Oberflächen (curved surfaces) von Objekten darstellen.

Eine Form der Higher-Order-Surfaces sind N-Patches, mit denen auch Truform arbeitet. Dabei werden die gekrümmten Oberflächen aus den Eckpunkten der Polygone errechnet. Truform verwendet dazu die Normalen, also die Richtungsvektoren des reflektierten Lichts an den Eckpunkten. Je nach Richtung und Länge dieser Vektoren lassen sich so mehr oder weniger gewölbte Oberflächen errechnen.

Auch die Beleuchtung profitiert von Higher-Order-Surfaces. Insbesondere Glanzlichter können so leichter eingesetzt werden, weil ihre Position nicht mehr fest an ein Polygon gebunden ist. Stattdessen können diese Reflexionen quasi über die gekrümmten Oberflächen gleiten.

Bei Truform leistet der 3D-Chip die Hauptarbeit, aber auch auf dem AGP-Bus spart das Verfahren Bandbreite. Grund: Es müssen nur die zusätzlichen N-Patches übertragen werden, nicht aber die kompletten Daten für die Polygone.

Fazit

Der RADEON 8500 bietet viele interessante Funktionen, die aber erst durch Verwendung von DirectX 8.1 nutzbar sind. Doch wie die Vergangenheit zeigt, müssen die Entwickler in ihren Programmen diese Features auch implementieren, um bessere Bildqualität und höhere Performance in der Praxis umzusetzen. Die technischen Daten des RADEON 8500 klingen vielversprechend. Ob er den NVIDIA GeForce3 in punkto Performance und Bildqualität Paroli bieten kann, muss der RADEON 8500 in der Praxis beweisen - die technischen Voraussetzungen hat er.

Die Auslieferung der drei neu vorgestellten Grafikkarten beginnt Ende Oktober. ATI hat bisher nur einige Beta-Testmuster in den USA verteilt. Nach Angaben des Herstellers sind diese Beta-Modell besonders unter OpenGL nur eingeschränkt funktionsfähig und haben noch nicht die volle Performance. Laut ATI wird man auf Tests von Serienboards wohl bis Oktober warten müssen.

Den direkten Leistungsvergleich aller von uns bereits getesteten Grafikchips finden Sie unter Grafikchips im Vergleich.

Einen ausführlichen Test aktueller Grafikkarten finden sie unter Test: 21 aktuelle 3D-Grafikkarten.

Die wichtigsten 3D-Begriffe haben wir im tecChannel 3D-Lexikon zusammengestellt. (hal)