Ratgeber App-Entwicklung

Apps - nativ, web-basierend oder hybrid?

04.10.2010 von Manfred Bremmer
Im Hype um die Apps für das iPhone, Google Android und andere Smartphone-Plattformen sind mobile Web-Applikationen schon fast in Vergessenheit geraten. Grundsätzlich eignen sich beide Ansätze für die Entwicklung von Business-Anwendungen.

Im ersten Halbjahr 2010 wurden in Deutschland bereits 346 Millionen Apps heruntergeladen – Tendenz steigend. Weltweit wurden im ersten Halbjahr 2010 rund 3,9 Milliarden Apps heruntergeladen. Im Gesamtjahr 2009 waren es erst 3,1 Milliarden. Basis der Angaben sind Daten des Marktforschungsinstituts research2guidance für den Bitkom. Smartphone-Nutzer erhalten die Apps überwiegend gratis oder für einen geringen Betrag. Die kostenpflichtigen Apps kosten derzeit im Durchschnitt 2,82 Euro. „Der Boom der Smartphones beflügelt die Entwicklung neuer mobiler Applikationen“, sagte Bitkom-Präsidiumsmitglied René Schuster. „Monat für Monat stehen hunderte neue Apps zum Download bereit.“ Aktuell existieren weltweit rund 500.000 Apps für die unterschiedlichsten Zwecke.

Hype: Die deutschen Handy-Nutzer laden im Jahr 2010 voraussichtlich 755 Millionen Apps auf ihre Mobiltelefone, teilte der Bitkom mit.
Foto: BITKOM

Dabei wurden native mobile Anwendungen aus der Not geboren, weil vom PC gewohnte Organizer-Funktionen auch unterwegs auf dem mobilen Endgerät verfügbar sein sollten. So besaßen die ersten einfachen PDAs schlichtweg kein Mobilfunkmodul, bei den daraus hervorgegangenen Smartphones konnte man sich nicht unbedingt darauf verlassen, dass mobile Datendienste überall in ausreichender Bandbreite verfügbar (und bezahlbar) waren. Als Konsequenz liefen die Fat-Client-Anwendungen offline direkt auf dem Gerät, im Büro ließen sich die Informationen dann mit dem Büro-PC synchronisieren.

Mit der drastisch gestiegenen Prozessorleistung der Smartphones, dem wachsenden Speichervolumen und anderen Komponenten wie GPS oder Megapixel-Kamera wurden die Anwendungen dann immer ausgereifter. Gleichzeitig erlaubte der Mobilfunk der dritten Generation (UMTS) auch den mobilen Zugriff/Versand von Daten ohne nennenswerte Wartezeiten. Ihren Siegeszug feierten die "Apps" letztendlich mit der Popularität des Apple iPhone und des iTunes App Store, wo sich inzwischen 250.000 mobile Programme herunterladen lassen. Die Apps-Euphorie hat inzwischen so weit geführt, dass sogar aufbereitete Inhalte von Websites in Anwendungen vorgehalten werden. Sie sollen dadurch beim Nutzer besonders präsent sein, neue Geschäftsfelder eröffnen oder schlicht dem Prestige des Herausgebers dienen.

Web-Seiten werden mobil

Parallel dazu ist die Nutzung mobiler Websites dank UMTS und anderer 3G-Dienste sowie immer ausgereifterer Geräte-Hard- und -Software im Lauf der vergangenen Jahre auch für Handys und Smartphones immer komfortabler geworden. So lassen sich auch bestehende Web-Applikationen, also Client-Server-Anwendungen mit dem Internet als Schnittstelle, gut für mobile Endgeräte einsetzen.

bi.apps
BI.apps Windows-Client
BI.apps Demo Klimaanlage
BI.apps Screen Anmeldemaske
BI.apps Demo Lagerabfrage
BI.apps Webcam
BI.apps Screen Klimaanlage
BI.apps Anlagensteuerung
BI.apps Wahlfeld Maßnahmen
BI.apps Screen Patientenakte
BI.apps Projekteinstellungen
BI.apps-Grafik
BI.apps Objekte
BI.apps
BI.apps Objekte BFS
BI.apps Objekte 2

Sowohl für Apps als auch für Web-basierende Anwendungen gibt es Argumente: Für eine native Fat-Client-Anwendung spricht, dass sie auch offline verfügbar ist und direkt auf die Hardware des Geräts, etwa GPS oder Kamera (Barcode-Scanner), zugreifen kann. Außerdem ist es möglich, wichtige Daten lokal vorzuhalten, was bei den steigenden Speicherkapazitäten aktueller Geräte und der immer größeren Kapazität von MicroSD-Karten nicht zu vernachlässigen ist.

Die Speicherkapazitäten können gleichzeitig aber auch als Nachteil gesehen werden. Kommt das Gerät abhanden, besteht die Gefahr, dass auch geschäftskritische Informationen in die falschen Hände geraten können. Außerdem ist die Aktualität der Daten - anders als bei Browser-basierenden Anwendungen - nicht immer gewährleistet.

Teure Plattformabhängigkeit

Auch die Möglichkeit, eine Anwendung speziell an ein Device oder eine Plattform anzupassen, ist ein zweischneidiges Schwert. Der Hersteller bezahlt für die gewonnenen Usability-Vorteile mit einer aufwendigen und oft kostspieligen Entwicklung, außerdem kann der Code für andere Plattformen, insbesondere das iPhone, nur teilweise wiederverwendet werden.

Zumindest vor diesem Hintergrund sind mobile Web-Applikationen klar überlegen. Hier handelt es sich meist um existierende Web-Anwendungen, die nur für die veränderte Bedienung und Display-Größe verschiedener Geräte angepasst wurden. Da sie es erlauben, Geräte mit verschiedenen Plattformen und Formfaktoren anzusprechen, sind Web-basierende Apps auch eine günstige Möglichkeit, auf den gegenwärtigen Trend zur IT-Consumerization zu reagieren: Nutzer können ihre Endgeräte behalten und beliebige Web-basierende Anwendungen laden. Als weiterer Vorteil ist kein umständlicher Rollout notwendig, ein per E-Mail oder SMS versandter Link genügt. Da keine lokale Installation stattfindet, können außerdem Veränderungen ohne viel Aufheben vorgenommen und realisiert werden. Auch die Frische der Daten ist kein Problem, da diese direkt aus der zentralen Datenbank abgegriffen werden.

Es gibt allerdings auch Nachteile: So ist für eine reibungslose Nutzung eine performante Netzverbindung erforderlich. Diese ist in ländlichen Gebieten nach wie vor nicht Standard, im Ausland kann sie zudem hohe Roaming-Kosten verursachen. Außerdem ist eine Web-basierende App nur eingeschränkt in der Lage, Funktionen des Geräts (E-Mail, Telefonbuch) zu integrieren.

Hybridformen als Alternative

Neben den Web-basierenden Programmen und Apps gibt es noch Hybridformen, die die Vorteile beider Varianten vereinen beziehungsweise deren jeweilige Nachteile abschwächen: So ist es bereits gang und gäbe, dass native Anwendungen Informationen abrufen oder übermitteln, wenn ein Netz verfügbar ist. Ist kein Internet-Zugang möglich, kann die Rich-Client-Lösung oft trotzdem vollständig genutzt werden, die Daten werden zu einem späteren Zeitpunkt synchronisiert. Andererseits gibt es auch Thin-Client-Lösungen, die wesentliche Nachteile der Web-basierenden Anwendungen wettmachen und Vorteile von nativen Apps nutzen. So wird die Benutzerschnittstelle direkt in der Anwendung realisiert, außerdem kann die Hardware des genutzten Geräts stärker integriert werden als über HTML. Da weniger Daten übertragen werden müssen, begnügen sich Thin-Client-Lösungen in der Regel auch mit niedrigeren Bandbreiten, funktionieren also auch in Gebieten, wo nur GPRS- oder Edge-Netze verfügbar sind.

Welche Variante gewählt wird, muss der Anwender von Fall zu Fall selbst entscheiden. Trotz der inzwischen vielfältigen Möglichkeiten wird es sich immer um einen Kompromiss handeln, der zu Lasten von Aufwand, Datenaktualität, Netzabhängigkeit, Usability und anderen Faktoren geht.

Auswahlkriterien

Anforderung

Offline-Client (native App)

Online-Client (Web-basierende App)

Hybridlösung

Datenaktualität

+

+++

++

Performance

+++

+/++

+++

plattformunabhängig

+

+++

+

netzunabhängig

+++

+

++

Sichere Datenübertragung

+++

+

++

Sichere Datenhaltung

+

+++

++

Anpassung des User Interface

+++

+/++

+++

Verwaltbarkeit

+

+++

++

(Quelle: Berlecon)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche. (mec)