Raubkopierer verbannt

Anti-Piraterie-Gesetz: Frankreich beschließt Internetsperre

13.05.2009 von pte pte
In Frankreich wurde das umstrittene Gesetz gegen illegale Raubkopierer von der Nationalversammlung verabschiedet. Damit ist es möglich, Nutzer, die nachweislich illegal Inhalte aus dem Web heruntergeladen haben, nach dem dritten Verstoß für bis zu ein Jahr aus dem Netz zu verbannen.

Die französische Nationalversammlung hat am gestrigen Dienstagabend das umstrittene Anti-Piraterie-Gesetz verabschiedet. Das von der Regierung unter Staatspräsident Nicolas Sarkozy initiierte Gesetz gegen illegale Raubkopierer im Internet war noch vor wenigen Wochen in einem ersten Anlauf überraschend abgelehnt worden. Diesmal sprachen sich die Abgeordneten aber mir 296 zu 233 Stimmen für eine Umsetzung der neuen Rechtsbestimmung aus. Diese sieht in ihrem Kern vor, dass Nutzer, die nachweislich illegal Inhalte aus dem Web heruntergeladen haben, nach dem dritten Verstoß für bis zu zwölf Monate aus dem Netz verbannen werden können. Über die Einhaltung des Gesetzes "zur Verbreitung und zum Schutz kreativer Inhalte im Internet" soll dabei eine Behörde namens Hadopi (Haute Autorité pour la Diffusion des oeuvres et la Protection des Droits sur Internet) wachen. Diese soll Raubkopierer vor einer Websperre zunächst mit zwei E-Mails und dann per Einschreiben verwarnen.

Obwohl die Unterhaltungsindustrie bereits seit geraumer Zeit ihre Lobby-Aktivitäten verstärkt hat, um die Regierungen Europas zu einer härteren Anti-Piraterie-Gangart zu bewegen, ist Frankreich bislang erst eines der wenigen Länder, die auf eine derart harte Gesetzgebung setzen. "Frankreich hat sich im Kampf gegen Online-Piraterie von Anfang an mit einer sehr restriktiven Strategie hervorgetan. Das aktuell verabschiedete Gesetz stellt eine konsequente Fortführung der bisherigen Politik dar", erklärt Matthias Leonardy, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU), im Gespräch mit pressetext. Die von Präsident Sarkozy persönlich vorangetriebene Initiative sei zwar prinzipiell begrüßenswert, vertrete inhaltlich aber eine sehr extreme Position. "Was die Verfolgung von privaten Nutzern von Filesharing-Angeboten im Web betrifft, ist das französische Modell sicherlich viel radikaler als der entsprechende Ansatz, den die GVU für Deutschland vorschlägt", betont Leonardy.

Gesetz in der Kritik

Von Bürgerrechtsgruppen und Opposition war die von der konservativen Fraktion vorgelegte Gesetzesvorlage zuvor immer wieder heftig kritisiert worden. Im Zentrum der Aufregung stand dabei meist die Forderung der Regierung, Online-Piraten nach ihrem dritten Verstoß vollkommen vom Netz zu verbannen. "Das neue Gesetz ist gefährlich, nutzlos, ineffizient und sehr risikoreich für die Bürger Frankreichs", fasst Patrick Bloche, sozialistischer Parlamentsabgeordneter, die Kritik gegenüber BBC News zusammen. Da Computerhacker heute ohnehin problemlos die Identitäten der Nutzer missbrauchen könnten, sei nicht auszuschließen, dass mit der von der Unterhaltungsindustrie vorangetriebenen Rechtsverschärfung die völlig falschen Leute bestrafen werden würden.

Dass der Anti-Piraterie-Vorstoß Frankreichs auch für andere europäische Länder Vorbildwirkung haben könnte, ist zurzeit nicht auszuschließen. Eine zunehmend härtere Gangart in diesem Zusammenhang zeigt sich etwa bereits in Schweden, das seit 1. April auf ein strengeres Urheberrechtsgesetz setzt. Auch in Großbritannien nimmt der Druck der Unterhaltungsindustrie auf die politischen Entscheidungsträger gegenwärtig deutlich zu. So haben sich erst kürzlich einige der größten Namen der Kreativwirtschaft zusammengetan, um die Internet Service Provider des Landes zur Überwachung der Online-Aktivitäten der eigenen Kunden zu zwingen. (pte/mje)