Alternative zur Linux-Installation

andLinux: Linux-Programme unter Windows nutzen

12.01.2009 von Stephan  Lamprecht
Unter Linux gibt es einige Programme wie z.B. Amarok oder Konquerer, die Windows nicht zu bieten hat. Kein Problem: Mit dem kostenlosen andLinux kriegen Sie diese auch unter Windows zum Laufen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie andLinux installieren und konfigurieren.

Wer Windows-Programme unter Linux verwenden will, der kann mittlerweile auf ausgereifte Produkte wie Cedega oder Wine zurückgreifen – andersrum sieht es dagegen eher mau aus. Linux-Tools unter Windows waren bislang eine Seltenheit, mit andLinux soll sich das ändern. andLinux ist im Kern ein Ubuntu-System, das sich komplett in ein bestehendes Windows integriert. Dadurch wird es möglich, nahezu alle Linux-Anwendungen direkt aus Windows heraus zu starten.

andLinux: Dabei handelt es sich um eine spezielle Linux-Distribution zur Installation unter Windows.

Der Vorteil liegt auf der Hand: Linux-User können weiter ihre gewohnten Tools einsetzen, auch wenn in der Firma Windows-PCs verteilt sind. Web-Entwickler erhalten ohne große Umstände Zugriff auf die Linux-Browser. Und zusätzlich kann man bekannte und beliebte Tools wie Amarok verwenden, für die es unter Windows kaum einen Ersatz gibt.

andLinux installieren

Auf der Seite des andLinux-Projekts werden zwei Varianten angeboten. Eine minimalistische Variante, die auf die Xfce-Umgebung setzt, sowie eine KDE-Version. Wir beziehen uns im Folgenden auf die umfangreichere KDE-Version, deren Anwendungen Sie bei Bedarf nachinstallieren können.

Sparen Sie nicht am falschen Ende: Während der Installation legen Sie fest, wie viel Arbeitsspeicher Sie der Linux-Distribution andLinux zur Verfügung stellen wollen.

Am Ende des Downloads genügt ein Doppelklick auf die heruntergeladene Datei, um das Installationsprogramm zu starten. Der Assistent begleitet Sie durch die nächsten Schritte, mit einem Klick auf „Next“ gelangen Sie jeweils zum nachfolgenden Dialog. Das Installationsprogramm fragt Sie nach einigen Details der Installation, etwa wie viel Speicher Sie dem neuen Linux-System zuweisen wollen. Seien Sie hier weder zu geizig noch zu großzügig. Weisen Sie zu viel Speicher zu, bremsen Sie Ihr Windows aus. Bei einem Hauptspeicher von 1 GB sind 256 MB angemessen.

Im weiteren Verlauf des Setups klären Sie außerdem die Frage, wie Sie andLinux starten wollen. Sinnvoll ist der manuelle Aufruf, um die Startzeit von Windows zu minimieren.

Außerdem möchte das Installationsprogramm von Ihnen wissen, wie Sie auf die lokal gespeicherten Dateien zugreifen wollen. Entscheiden Sie sich hier am besten für die Option COFS, da Sie dann nur noch den Laufwerksbuchstaben der Partition angeben müssen, die Sie nutzen möchten. Ein Zugriff über Samba ist ebenfalls möglich, aber schwieriger zu konfigurieren. Hat andLinux alle Angaben gesammelt, kann die eigentliche Installation beginnen, die mit einem Neustart des Systems abgeschlossen ist.

andLinux starten

andLinux trägt sich brav in die Programmgruppen von Windows ein. Haben Sie sich während der Installation für den manuellen Start entschieden, rufen Sie über den Startmenü-Eintrag Start, Programme, andLinux das Programm Start andLinux auf. Sie müssen allerdings über Systemadministratorenrechte verfügen, damit alles reibungslos verläuft. Unter Vista führen Sie also einen Rechtsklick auf den Programmeintrag aus und wählen aus dem Kontextmenü den Befehl Als Administrator ausführen.

Auf den ersten Blick scheint sich nicht viel getan zu haben. Im Systray von Windows zeigt sich ein Ihnen vielleicht bekanntes Symbol: das Start-Icon des KDE-Desktops. Mit einem Klick darauf zeigt Ihnen andLinux ein kleines Menü, über das Sie die bereits installierten Linux-Anwendungen starten.

Anwendungen starten und beenden

Eine Anwendung starten Sie per Mausklick auf den entsprechenden Eintrag im andLinux-Menü im Systray der Windows-Startleiste. Sollte es dabei zu einer Fehlermeldung kommen, hat etwas mit dem Start von andLinux selbst nicht geklappt. Probieren Sie in einem solchen Fall einfach den erneuten Aufruf der Distribution.

andLinux-Startmenü: Über das KDE-Symbol im Systray von Windows starten Sie Ihre KDE-Programme.

Zur Grundausstattung der KDE-Variante von andLinux gehören das KOffice-Paket sowie klassische Tools wie KMail oder auch Konqueror. Die Linux-Anwendungen können hierbei auch auf die Zwischenablage von Windows zurückgreifen. Sofern das Ausgangsformat von der Zielanwendung unterstützt wird, steht einem reibungslosen Datenaustausch damit nichts im Weg. Das ist praktisch, wenn Sie etwa die Gliederung einer Präsentation in Word angelegt haben, die eigentliche Präsentation aber mit KPresenter bauen möchten.

andLinux in Aktion: Ein ungewohnter Anblick. Die KDE-Anwendung KPlato direkt auf dem Desktop von Windows Vista.

Unter Umständen blicken Sie zunächst auf englischsprachige Dialoge. Das lässt sich aber ändern: Klicken Sie auf das KDE-Icon, und rufen Sie dann aus dem Menü den Eintrag KControl auf. Unter Regional & Accessibility markieren Sie den Eintrag Country. Klicken Sie auf Add Language, wählen Sie German aus, und verlassen Sie das Kontrollzentrum mit einem Klick auf Apply. Sobald Sie ein weiteres Programm starten, wird dies über deutsche Dialoge verfügen.

Neue Software installieren

Bei der Arbeit mit andLinux sind Sie nicht auf die ausgelieferten Programme angewiesen. Ganz im Gegenteil: Da es sich hier um eine vollwertige Distribution handelt, ergänzen Sie das Software-Angebot ganz nach Wunsch. Praktischerweise kommt hier Synaptic zum Einsatz, ein wirklich einfach zu bedienender Paketmanager.

Sie starten das Werkzeug über den Eintrag Synaptic aus dem KDE-Menü des Systray. Im linken Bereich finden Sie eine Übersicht von Kategorien, die die verschiedenen Anwendungen gliedern. Um etwa die Fotoverwaltungs-Software Digikam zu installieren, markieren Sie auf der linken Seite zunächst den Eintrag Graphics und klicken dann vor dem Eintrag Digikam auf der rechten Seite in das Optionsfeld. Auf diese Weise markieren Sie eines oder mehrere Programme, die Sie installieren möchten. Klicken Sie abschließend auf den Schalter Apply am oberen Rand des Programmfensters.

Vertrauter Paketmanager: Mit Synaptic installieren Sie bei Bedarf weitere Linux-Anwendungen und schöpfen dabei aus den großen Repositories.

Synaptic blendet Ihnen nun eine kurze Zusammenfassung Ihres Installations­wunschs ein. Mit einem Klick auf Apply beginnen Sie die Installation. Achten Sie darauf, dass Ihr Computer mit dem Internet verbunden ist, denn die Pakete werden aus Repositories geladen, die lediglich online verfügbar sind. Die nächsten Schritte unternimmt Synaptic völlig automatisch. Ist die Installation erfolgreich abgeschlossen, starten Sie das neu installierte Programm am einfachsten über ein Terminalfenster. Aus dem KDE-Menü rufen Sie dazu etwa das Programm Konsole auf. Geben Sie hier anschließend digikam & ein, um das Programm zu starten.

Windows-Dateien unter andLinux bearbeiten

Während der Installation von andLinux haben Sie eine Partition Ihres Systems für den Linux-Zugriff freigegeben. So können Sie die dort gespeicherten Dateien auch mit Ihren Linux-Programmen bearbeiten. andLinux nistet sich sogar im Kontextmenü des Windows-Explorers ein. Wechseln Sie in den Ordner Ihrer Wahl, und führen Sie einen Rechtsklick auf eine Datei aus – dann können Sie mit dem Kontextmenüeintrag Kate (andLinux) die Datei direkt an den Editor Kate übergeben. Handelt es sich um eine Textdatei, steht einer unmittelbaren Bearbeitung nichts im Weg.

Zugriff auf Windows-Ordner für andLinux: Sie müssen sich entscheiden, über welches Dateisystem Sie auf Ihre Windows-Partition zugreifen wollen.

Genauso lassen sich Windows-Ordner direkt aus dem Explorer heraus mit einem Rechtsklick und dem anschließenden Aufruf von Konqueror im KDE-Universalwerkzeug öffnen.

Auch direkt aus einem der installierten Programme heraus greifen Sie auf Ihre Dateien zu. Öffnen Sie beispielsweise ein Urlaubsbild mit Kolourpaint, und bearbeiten Sie die Farben, oder fügen Sie eine Beschriftung ein. Haben Sie die Datei unter gleichem Namen gespeichert, können Sie sich von den Änderungen unmittelbar im Windows-Explorer überzeugen.

Gwenview unter Windows: Mit andLinux bearbeiten Sie Ihre Dateien auch unter Windows mit Ihren Lieblingsprogrammen aus der Linux-Welt.

Die einzige Voraussetzung: Das Linux-Programm muss das Dateiformat unterstützen, was bei den meisten Office-Dokumenten, Grafiken und Musikdateien der Fall ist. Dennoch gibt es an dieser Stelle einige wenige Einschränkungen. Zum einen die ohnehin bestehenden Grenzen bei den Dateiformaten. So kommt KWord mit komplexen Formatierungen des MS-Office-Pakets nur schlecht zurecht. Als schwierig erweisen sich auch die von der Distribution mitgelieferten Schriften, die unter Windows unbekannt sind. Damit leidet gelegentlich der optische Eindruck.

Das Launcher-Menü anpassen

Wenn Sie eine neue Anwendung installiert haben, trägt sich diese nicht automatisch in das kleine Startmenü ein. Mit einem Text-Editor passen Sie das Menü aber ganz einfach an Ihre Wünsche an. Im Programmverzeichnis von andLinux, das Sie meist unter „C:\Programme\andLinux“ finden, suchen Sie dazu nach dem Ordner „Launcher“.

In diesem Ordner finden Sie eine Reihe von Icon-Dateien sowie eine Textdatei mit dem Namen „menu“. Damit Ihre neuen Einträge auch gleich geladen werden, beenden Sie andLinux und öffnen die Datei in einem Editor Ihrer Wahl. Ein Menüeintrag ist in der Form Name der Anwendung;Dateiname des Icons;Programmaufruf auf­gebaut. Wichtig ist nur, dass Sie diese Angaben durch ein Semikolon voneinander trennen.

Icon-Dateien mit der Endung *.ico finden Sie im Internet zur freien Verfügung, sodass Sie hier auch kreativ sein dürfen. Nach dem Bearbeiten speichern und schließen Sie die Datei und starten andLinux neu. Ihre neuen Einträge sind damit bequem über das Menü aufzurufen.

Fazit: Praktischer Ersatz für ein echtes Linux

Nicht immer kann man sich sein Betriebssystem aussuchen. Doch mit andLinux ist es egal, ob eine bestimmte Umgebung nur mit Microsoft läuft – ziehen Sie sich Ihre Lieblingsanwendungen einfach nach. In der Praxis klappt die Integration überraschend gut, vor allem da aktuelle Systeme meist ausreichend RAM und CPU-Leistung zur Verfügung stellen.

Dank Synaptic ist die Paketverwaltung einfach und intuitiv, so etwas fehlt unter Windows einfach. Eine Alternative zu andLinux gibt es vom KDE selbst. Dort ist das KDE on Windows-Projekt angesiedelt. Ziel ist eine native Portierung von KDE-Anwendungen. Das ist möglich, da KDE in der aktuellsten Version auf die QT-Bibliothek setzt, mit der Anwendungen, zumindest theoretisch, auch auf Windows oder Mac OS X starten.

In jedem Fall tragen beide Projekte dazu bei, die Schranken der jeweiligen Betriebssysteme zu überwinden. (mja)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterzeitschrift PC-Welt.