Alle im Einklang

02.06.2000
Die SyncML-Initiative will eine Achillesferse des Mobile Computing beseitigen: die inkompatiblen Verfahren zur Synchronisierung von Daten, die auf Handys, Palmtops und anderen Mobilgeräten sowie Rechnern im Firmennetz lagern.

Von: Bernd Reder

Der Vielfalt sind offenbar keine Grenzen gesetzt. Personal Digital Assistants (PDAs), Handys, "tragbare" Rechner in allen Varianten bevölkern die IT-Welt und sollen ihren Benutzern das Leben erleichtern. Schade nur, dass die meisten Anwender nicht mit einem Gerät auskommen, sondern mehrere gleichzeitig verwenden: Den PDA, um unterwegs Adressen, Termine und Aufgabenlisten parat zu haben, das Handy, um mobil zu telefonieren, mit Hilfe des "Wireless Application Protocol" (WAP) auf das Internet zuzugreifen oder Kurznachrichten (SMS) zu senden und zu empfangen, und das Notebook oder Subnote-Book, um Textdokumente oder Präsentationen zu bearbeiten.

Spätestens dann, wenn der Benutzer Daten auf unterschiedlichen Systemen abgleichen möchte, etwa die Adressdatenbank oder die To-do-Listen, wird diese Vielfalt zur Falle. Denn bis jetzt gibt es noch keinen Standard für die Synchronisierung der Informationen, die auf diesen Geräten lagern. Noch schlimmer: Die Insellösungen, die derzeit angeboten werden, etwa um die neuen Adressen vom PC zum PDA zu übertragen und umgekehrt, provozieren teilweise dank umständlicher Benutzerführung und technischer Unzulänglichkeiten geradezu "Daten-Crashs".

Dieses Problem will nun SyncML beheben. Diesen Namen hat sich eine Initiative von mittlerweile mehr als 150 Firmen gegeben. Sie wollen ein Standardprotokoll für die Synchronisierung von Daten zwischen Handheld-Rechnern, Mobiltelefonen, Pagern und Notebooks entwickeln.

Generell soll das SyncML-Protokoll den Abgleich von Daten zwischen Mobilgeräten und Systemen in einem LAN oder dem Internet erlauben. Der Benutzer kann dann beispielsweise E-Mails über den PDA oder sein Mobiltelefon empfangen und lesen. Wenn er dann seine Mails später noch einmal mit Hilfe eines Rechner mit Funkanbindung in seinem Auto checkt, sieht er, welche Mitteilungen er bereits gelesen hat und welche nicht. Ein weiterer Vorteil eines Standards besteht darin, dass Mobilsysteme dann mehrere Arten von Informationen unterstützen können, von Kontaktdaten über Informationen, die in der Firmendatenbank lagern, bis hin zu Kalendern.

Ein Synchronisierungsprotokoll, das diese Anforderungen erfüllen soll, muss folgende Eigenschaften aufweisen:

-für Datenkommunikation über kabelgestützte und Funk-Netze sowie Infrarot-Verbindungen ausgelegt sein,

-unterschiedliche Transportprotokolle und Datenformate unterstützen,

-von einer Vielzahl unterschiedlicher Applikationen aus den Zugriff auf Daten ermöglichen,

-die begrenzten Ressourcen von mobilen Systemen berücksichtigen, etwa in Bezug auf Speicher und Verarbeitungsleistung,

-auf vorhandenen Internet- und Web-Techniken aufsetzen und

-diejenigen Synchronisationsfunktionen unterstützen, auf die möglichst alle Systeme zurückgreifen.

Besonders hohe Ansprüche an das Universalprotokoll stellen die "Wireless-Network"-Techniken. Sie weisen eine Reihe limitierender Faktoren auf. Dazu zählen die Latenzzeiten, also die Verzögerung, die entsteht, wenn ein Paket empfangen, zwischengespeichert, analysiert und dann weitergeleitet wird. Das Sync-Protokoll muss mit diesen Latenzzeiten umgehen können. Dasselbe gilt für die eingeschränkte Bandbreite, die beispielsweise in Mobilfunknetzen zur Verfügung steht. Um dieses kostbare Gut möglichst wenig zu vergeuden, sind spezielle Kodierungstechniken erforderlich, und zwar sowohl für die Daten und die Sychronisationsbefehle. Als aussichtsreichen Kandidaten betrachtet die SyncML-Initiative WBXML (WAP Binary XML) - eine Norm, die das WAP-Forum entwickelt und dem W3C zur Verabschiedung vorgelegt hat.

Eine weitere Anforderung ist durch die relative hohen Kosten für die Paketübermittlung in Mobilfunknetzen bedingt. Ein universelles Synchronisationsprotokoll muss deshalb mit möglichst wenigen "Request-Response"-Vorgängen beim Abgleich der Daten zwischen (Fest-)Netz und dem Mobilgerät auskommen. Idealerweise werden nur zwei Nachrichten generiert, also eine Anfrage und eine Antwort, um den Datenverkehr niedrig zu halten. Das bedeutet unter anderem, dass auch Konflikte, beispielsweise wenn Datensätze doppelt vorhanden sind, möglichst in einem Zuge gelöst werden sollten. Um die Konsistenz der Datenbestände sicherzustellen, sind weiterhin Vorkehrungen für den Fall erforderlich, dass ein Datenabgleich unterbrochen wird.

Protokolle: Von HTTP bis POP

Nach den Plänen der SyncML-Inititative wird der neue Synchronisierungsstandard folgende Transportprotokoll unterstützen:

-HTTP für Internet-Zugriff,

-das "Wireless Session Protocol" (WSP), ein Mitglied der WAP-Protokollfamilie,

-Obex für den Datenabgleich über Bluetooth-Netze und Irda-kompatible (Infrared Data Association) Infrarotnetze.

Hinzu kommen Verfahren für den Austausch von E-Mails, wie SMTP (Simple Mail Transfer Protocol), POP3 und IMAP (Internet Message Access Protocol), außerdem TCP/IP und proprietäre Kommunikationsprotokolle, die in Wireless Networks Verwendung finden. Die SyncML-Protagonisten sind der Auffassung, dass sich ein zuverlässiges und effizientes Request-Response-Modell definieren lässt, das für alle diese unterschiedlichen Protokolle gleichermaßen tauglich ist. Als Optionen sollten zusätzlich Sicherheits- und Kompressionstechniken zur Verfügung stehen.

Eine besonders große Herausforderung für die Fachleute dürfte darin bestehen, die unterschiedlichen Formate, in denen Daten gespeichert werden, auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Gleichzeitig muss das Protokoll so flexibel sein, dass sich neue Formate ohne größeren Aufwand einbinden lassen. Neben Informationen im XML-Format, relationalen Daten oder Journalen sind unterschiedliche Formate für To-do-Listen, Adressen und Kalender unter einen Hut zu bringen, etwa VCards, VCalendar oder iCalendar, ganz zu schweigen von E-Mails und "Binary Large Objects" (Blobs).

Damit das Protokoll auf eine breite Akzeptanz stößt, haben sich die Mitglieder der SyncML-Initiative einen engen Zeitrahmen gesteckt. Noch in diesem Sommer wollen sie die erste Version des Industriestandards vorlegen. Neben Details zur Architektur sollen bis dahin zwei Protokollspezifikationen erarbeitet werden: das "SyncML Representation Protocol" und das "SyncML Synchronization Protocol". In Arbeit sind außerdem Schnittstellen zu einer gängigen Programmiersprache und zu den oben angesprochenen Transportprotokollen. Bereits in wenigen Monaten will die Initiative der Öffentlichkeit eine Test-Implementierung der Lösung präsentieren. Mittelfristig soll SyncML ein Standard werden.