Alle Details: AMD schluckt Grafikchip-Hersteller ATI

25.07.2006 von Bernhard Haluschak, dpa
Der zweitgrößte Mikroprozessoren-Hersteller AMD kauft den kanadischen Grafikchip-Spezialisten ATI Technologies für 5,4 Milliarden US-Dollar. Als „Processing Powerhouse“ will AMD jetzt die Märkte für Unternehmenskunden, Mobile Computing und Consumer Electronics weiter ausbauen.

Damit verstärkt der schärfste Konkurrent von Branchenprimus Intel seine Produktpalette. Der Zusammenschluss von AMD und ATI könnte die Machtverhältnisse in der Chipbranche deutlich verschieben. AMD hatte bis jetzt lediglich Mikroprozessoren für PCs im Angebot. Mit der Übernahme der Kanadier könnte der Computerchip-Hersteller auch zwei neue Chipkategorien anbieten.

ATI stellt Chipsets und Grafikchips für PCs her und bietet zudem Halbleiter für Verbraucherelektronik wie Handys oder hoch auflösende Fernseher an. Daneben liefert das in Markham, Provinz Ontario, ansässige Unternehmen auch Hochleistungschips für Spielekonsolen wie die Xbox von Microsoft.

AMD macht Intel Konkurrenz

Intel ist bisher mit seinem Produktportfolio breiter aufgestellt als AMD. So bietet der Branchenriese neben Chipsätzen auch Grafikchips an, die beide im eigenen Hause entwickelt werden. Sowohl Intel als auch AMD sind bisher ATI-Kunden.

Da Grafikchips eine immer größere Bedeutung für leistungsstarke PCs, Video-Spielekonsolen und andere Verbraucherelektronik-Geräte gewinnen, ist dieser Deal für AMDs zukünftige Entwicklung durchaus sinnvoll. Bisher teilten sich ATI und der Erzrivale NVIDIA den Markt für Grafikchips, die leistungsfähige Computerspiele ermöglichen.

AMD plant, mit der neuen Unternehmensstruktur bereits 2007 spezielle differenzierte Plattformen anzubieten. Wie diese detailliert aussehen, hat der CPU-Hersteller noch nicht bekannt gegeben. Allerdings sollen laut AMD ab 2008 Lösungen kommen, die sich über die derzeitigen technologischen Konfigurationen und Verarbeitungstechnologien hinaus erstrecken. Mit hoch integrierten Plattformen, die Mikro- und Grafikprozessoren beinhalten, soll der steigende Bedarf für Rechen- und Grafikleistung, insbesondere im Bereich Multimedia und Grafik, gedeckt werden.

Details der Transaktion

AMD will alle ausstehenden ATI-Aktien für 4,2 Milliarden US-Dollar in bar sowie 57 Millionen AMD-Aktien kaufen. Auf Grundlage des Freitags-Schlusspreises der AMD-Aktie von 18,26 US-Dollar wird der ATI-Titel damit mit 20,47 US-Dollar bewertet. Davon zahle der Computerchip-Hersteller 16,40 US-Dollar in bar und 0,2229 US-Dollar in eigenen Aktien.

Der Prozessorhersteller plant, auch Schulden zu machen, um den Baranteil der ATI-Übernahme zu finanzieren. Das amerikanische Unternehmen erhielt nach eigenen Angaben eine Kreditzusage über 2,5 Milliarden US-Dollar von Morgan Stanley Senior Funding. Im Wettkampf mit Intel hat AMD bereits Milliarden von US-Dollar ausgegeben, um seine Fertigungskapazität auszubauen.

Konsequenzen für AMD und ATI

Der Geschäftsführer von AMD Deutschland, Jochen Polster, sagte, AMD und ATI hätten schon immer gut zusammengearbeitet. „Wir sind mit der Übernahme schneller am Markt und können innovativer sein.“ Zur künftigen Personalpolitik des Unternehmens sagte Polster, in allererster Linie sei die Akquisition auf Wachstum ausgerichtet und nicht auf den Abbau von Mitarbeitern. „Natürlich wird es an einigen Stellen Überlappungen von Funktionen bei AMD und ATI geben, die einige Positionen redundant machen könnten.“ Das müsse aber im Einzelfall geprüft werden.

Die Übernahme habe keinen Einfluss auf den AMD-Standort in Dresden, sagte Polster. AMD werde seine Produktionsstrategien nicht ändern. Man habe zudem nicht vor, so genannte geschlossene Systeme anzubieten, die andere Anbieter außen vor lassen. AMD setze weiterhin auf offene Standards.

Stimmen zum AMD-Deal

Der Zusammenschluss wird nach Darstellung von AMD-Konzernchef Hector Ruiz das Wachstum und Innovationen für die gesamte Branche vorantreiben. AMD will durch den Kauf des Spezialchipherstellers ATI auch der verstärkten Nachfrage nach „integrierten“ Lösungen in Schlüsselmärkten nachkommen. Das bedeutet die Integration von Mikroprozessoren und Grafikprozessoren auf einer Chipplattform. AMD will seinen Kunden aber auch weiterhin separate Produkte anbieten, so dass sie Wahlmöglichkeiten bei der Entwicklung ihrer Erzeugnisse hätten.

ATI-Chef Dave Orton wird die ATI-Sparte führen und verspricht sich ebenfalls enorme Wachstums- und Innovationschancen auf der PC-Plattform und im Verbraucherelektronik-Geschäft.

Jim Allchin, Co-President von Microsofts Platforms & Services Division sagte zum Kauf von ATI durch AMD: “Wir erwarten gespannt das Potenzial, das AMD und ATI gemeinsam freisetzen, um PC-Nutzern, die mit Windows Vista arbeiten, noch intensivere Computererlebnisse zu ermöglichen.”

Ausblick

Die ATI-Aktionäre sowie Kartellwächter müssen der ATI-Übernahme durch AMD noch zustimmen. AMD erwartet, dass die Akquisition von ATI im nächsten Jahr das Ergebnis vor Sonderkosten leicht positiv beeinflussen wird. 2008 dürfte dieser Schritt das AMD-Ergebnis dann deutlich beflügeln.

Bis Ende nächsten Jahres rechnet AMD damit, seine operativen Aufwendungen um etwa 75 Millionen US-Dollar zu senken. AMD und ATI zusammen würden derzeit nach den Angaben mit 15.000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von etwa 7,3 Milliarden US-Dollar erzielen.

Falls die Transaktion nicht erfolgen sollte, wird ATI im Rahmen der im Übernahmeabkommen spezifizierten Modalitäten an AMD eine Gebühr von 162 Millionen US-Dollar bezahlen. Der vollständige Abschluss der Transaktion wird im vierten Quartal 2006 erwartet. (hal)

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