Akustik-Tuning für Festplatten

10.11.2005 von Christian Vilsbeck
Leisere Festplatten durch leisere Zugriffsgeräusche: Automatic Acoustic Management heißt die Funktion des ATA-Standards. Damit lassen sich Festplatten jederzeit zwischen höchster Performance und Laufruhe umschalten.

Festplatten müssen schnell sein, lautet die oberste Prämisse. Krach können die Laufwerke dabei ruhig machen, denn wer langsam ist, bleibt auf der Strecke. Von dieser Denkschablone sind Hersteller und Anwender inzwischen abgekommen.

Der Trend geht hin zu leisen Festplatten. Die Laufwerke sollen ihren Dienst unauffällig verrichten und nicht durch ein hohes Laufgeräusch und knackende Zugriffe nerven. Eine geringere Performance wird dabei von vielen gerne in Kauf genommen. Besonders im boomenden Markt der Personal Video Recorder – beispielsweise digitale Satelliten-Receiver mit integrierter Festplatte - stören jegliche Geräusche.

Neben klassischen Lösungsansätzen für geringe Geräusche wie Flüssigkeitslager oder niedrige Drehzahl gibt es Möglichkeit, die Zugriffsgeräusche zu reduzieren. Die Positionierung der Magnetköpfe durch den Aktuator übertönt das Laufgeräusch der Festplatte bei weitem. Je geringer die Zugriffszeit ist, desto lauter ist die Geräuschemission des Aktuator-Motors und des Magnetarmlagers.

Verantwortlich für die Steuerung des Magnetkopfarms ist die Firmware des Laufwerks. Durch das Automatic Acoustic Management Feature Set (AAM) der ATA/ATAPI-Spezifikation lässt sich die Zugriffsart nun sehr leicht per Software individuell einstellen. Vorraussetzung: Die Firmware der Festplatte muss diese ATA-Befehle unterstützen.

Funktion / Spezifikation

Speziell angepasste Firmware-Versionen für leise Zugriffe sind bei Festplatten nicht neu. Beispielsweise bieten Hersteller spezielle OEM-Festplatten für PVRs (Personal Video Recorder) an. Hier wird auf die maximal mögliche Leistung zu Gunsten eines leiseren Betriebs verzichtet. Ein Umschalten auf höchste Geschwindigkeit ist bei diesen Festplatten meist nicht möglich.

Mit den AAM-Kommandos – erstmals in der ATA/ATAPI-6-Spezifikationen integriert - soll aber der Anwender die Festplatte seinen speziellen Bedürfnissen anpassen können. Jedem steht es dann frei, zwischen schnellen, aber lauten, oder leisen und langsamen Zugriffen zu entscheiden.

Das Automatic Acoustic Management erlaubt insgesamt 127 verschiedene Akustik-Levels. Über den SET-FEATURES-Unterbefehl 42h der ATA-Kommandos wird AAM aktiviert und der gewünschte Wert von der Festplatten gespeichert. Die Zugriffsart lässt sich damit im Betrieb zwischen maximaler Performance und minimaler Geräuschentwicklung ändern.

Die Tabelle zeigt die entsprechenden Hex-Werte, die den AAM-Level im Sector-Count-Register definieren:

Auszug aus der ATA/ATAPI-Spezifikation

AAM-Level

Registereintrag

Maximale Performance

FEh

Einstellbare Zwischenstufen

81h bis FDh

Minimale Geräuschemission

80h

Ausschalten lässt sich die AAM-Funktion über den SET-FEATURE-Unterbefehl C2h. Ob die Festplatte AAM überhaupt unterstützt, ist mit dem IDENTIFY-DEVICE-Befehl auszulesen. Insgesamt 256 Wörter (16-Bit-Pakete) mit in der Firmware gespeicherten Laufwerksinformationen werden bei diesem ATA-Befehl an den Host übermittelt. AAM-Support ist gegeben, wenn Bit 9 im Wort 83 den Wert 1 besitzt. Den aktuellen AAM-Status (Ein/Aus/Level) übergibt die Festplatte ebenfalls.

Die ATA/ATAPI-Spezifikation sieht vor, dass Änderungen an den AAM-Einstellungen auch nach dem Ausschalten erhalten bleiben. Ein interessanter Aspekt des AAM-Features ist auch der damit verbundene Stromverbrauch. Je niedriger der AAM-Level eingestellt ist, desto geringer ist die Leistungsaufnahme des Laufwerks. Festplatten in Notebooks lassen sich damit über Powermanagement-Tools gezielt auf volle Performance oder leisen Betrieb und somit akkuschonend umschalten.

Das T13-Komitee stellt alle bisher veröffentlichten ATA/ATAPI-Datenblätter zum freien Download zur Verfügung.

Tools zur AAM-Einstellung

Ein Programm zum Einstellen des Acoustic Managements stellt beispielsweise Hitachi mit dem Feature Tool zur Verfügung. Mit dem Tool lassen sich neben dem Zugriffsgeräusch weitere Funktionen wie der Ultra-DMA-Mode oder die SATA-Interface-Geschwindigkeit einstellen. Hitachis Feature Tool unterstützt neben den eigenen Laufwerken – ohne Gewähr – auch Fabrikate anderer Hersteller.

Hitachi bietet das Feature Tool als kostenlosen Download an. Das Tool erstellt eine bootfähige Diskette mit DOS-Betriebssystem. Dabei unterstützt das Feature Tool leider nicht alle aktuellen Ultra-ATA-/SATA-Controller.

Samsung bietet für seine Festplatten mit dem HDD Utility ebenfalls ein Tool zum Einstellen des Acoustic Managements an. Den entsprechenden Link zum Download können Sie hier finden.

Benchmarks: Zugriffszeit

Der Level des Akustik-Managements wirkt sich direkt auf die mittlere Zugriffszeit aus: Je leiser die Festplatte eingestellt ist, desto länger dauern die Zugriffe. Einfluss auf die maximalen sequenziellen Datentransferraten hat der eingestellte AAM-Level dagegen nicht. Hier erfolgt keine wahlfreie Magnetkopf-Positionierung.

Das AAM-Feature haben wir an einer Samusng SpinPoint HA250JC getestet. Die 250-GByte-Festplatte arbeitet mit 5400 U/min und ist für den Einsatz in PVRs sehr beliebt.

Der akustische Unterschied zwischen beiden Modi ist beträchtlich. Im leisen Betrieb sind bei der IBM- und der Maxtor-Platte die Zugriffsgeräusche kaum noch wahrzunehmen. Das normale Laufgeräusch der Festplatten wird im Flüstermodus nur noch ganz leicht von den Zugriffen übertönt.

Die Benchmark-Ergebnisse in unserem Test: Ultra-ATA-Festplatten wurden immer im schnellsten Modus ermittelt. Damit zeigen wir die maximale Leistungsfähigkeit der Festplatten.

Benchmarks: Praxistests

Mit einer langen Zugriffszeit verschlechtert sich zwangsläufig auch die Praxisleistung der Festplatte: Beim Lesen/Schreiben/Kopieren von Dateien muss das Laufwerk viel Positionierarbeit leisten.

Unser Applikations-Benchmark tecMark führt Lese- und Kopiertests mit Dateien unterschiedlicher Größe durch. Damit können wir aussagekräftige Werte ermitteln, wie sich die Zugriffszeiten im Praxisbetrieb auswirken.

Bei stark fragmentierten Laufwerken verschlechtert sich die Performance in den Praxistests um ein paar weitere Prozentpunkte. Durch weit verstreut liegende Daten geht eine langsamere Zugriffszeit stärker in den Datendurchsatz der Festplatte ein. Der Effekt verstärkt sich, je voller die Festplatte beschrieben ist. Ein regelmäßiges Defragmentieren hilft hier.

Fazit

Das Automatic Acoustic Management Feature Set der ATA/ATAPI-Spezifikation ist eine sinnvolle Erweiterung. Die Möglichkeit, selbst bestimmen zu können, ob die Festplatte möglichst schnell oder lieber angenehm leise sein soll, ist ein willkommenes Feature.

Der akustische Unterschied zwischen den Modi "maximale Performance" und "geringste Geräuschemission" ist dabei bemerkenswert hoch. Im Flüsterbetrieb heben sich die Zugriffsgeräusche kaum vom normalen Laufgeräusch der Festplatte ab.

Die Zugriffszeiten verschlechtern sich im Fullstroke zwar je nach Festplatte um zirka 10 Prozent, im normalen Praxisbetrieb bleibt der Leistungseinbruch aber verschmerzbar gering. Besonders beim Einsatz in digitalen Videorekordern (PVR) spielt die Zugriffsgeschwindigkeit nur eine untergeordnete Rolle. (cvi)