Adas Schwestern sind auf dem Vormarsch

17.08.2001
Frauen nutzen Computer heute mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie Männer. Untersuchungen zeigen jedoch, dass Frauen in technischen Berufen immer noch unterrepräsentiert sind. Gezielte Projekte sollen das ändern.

Von: Petra Adamik

Ada Lovelace (1815 - 1852), die zum Kreis der "Scientific People" von London gehörte, gilt als erste Softwareentwicklerin der Welt. Sie schrieb eine Programmiersprache für die Rechenmaschinen des Mathematikers Charles Babbage. Heutzutage ist sie weltweit Namensgeberin für Mentoring-Projekte, mit denen Frauen für technische und naturwissenschaftliche Studiengänge gewonnen werden sollen. In Deutschland stellen Frauen derzeit 53 Prozent der Abiturienten und 49 Prozent der Studienanfänger. Bei den Ausbildungsberufen in der IT-Branche liegt der Frauenanteil allerdings gerade einmal bei 14 Prozent; bei Studienanfängern im Fach Informatik sind es 17 Prozent.

Das Ada-Lovelace-Projekt, vor Jahren von der US-Eliteuniversität Yale initiiert, will dazu beitragen, diesen Zustand zu ändern und Mädchen den Zugang zu den traditionell männlich dominierten technischen Berufen zu erleichtern. Mentorinnen aus technisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen stehen Schülerinnen zur Seite und begleiten Studentinnen beim Studienstart. An der Universität Trier setzen die Aktivitäten auf drei Ebenen an: Geboten werden Infoveranstaltungen, Computerkurse und Workshops für Schülerinnen sowie Berufswahl- und Studienberatung in den Abschlussklassen. Darüber hinaus erhalten Studienanfängerinnen Unterstützung von Mentorinnen. Diese sollen als Leitbild für junge Frauen dienen, die sich noch nicht endgültig für einen Beruf entschieden haben. Und das Interesse der Schulen ist groß: Im Schuljahr 1999/2000 haben allein am Standort Trier 26 Mentorinnen mehr als 500 Schülerinnen beraten.

Junge Frauen gezielt fördern

Mädchen gezielt an technische Themen heranzuführen und sie für technisch orientierte Ausbildungs- und Studiengänge zu gewinnen ist auch ein wichtiger Punkt im bildungspolitischen Grundsatzpapier des Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien). Der Verband fordert spezielle Fördermaßnahmen sowie Mathematik- und Technikkurse als Angebot an allen weiterführenden Schulen.

"Solche Maßnahmen sowie mehr weibliche Vorbilder können bei jungen Frauen das Interesse an technischen Berufen wecken", so Christine Keller, Teamleiterin Presales in der Münchner Zentrale von Sun Microsystems. "Ich habe nach meinem Informatikstudium als System Engineer in der Vertriebsunterstützung angefangen und in der Kundenberatung alle Anfragen technischer Natur beantwortet", berichtet sie. Mittlerweile ist Christine Keller zur Teamleiterin aufgestiegen und fungiert in Personalunion auch als Leiterin einer Arbeitsgruppe, die alle "Sun-Enterprise-10000"-Server in Deutschland betreut. In einer Runde von 22 IT-Managern ist sie die einzige Frau, kann aber weder über Diskriminierung noch über sonstige Hürden klagen.

Nach ihren Worten brauchen Frauen viel Kraft, um sich in der männerdominierten IT-Welt durchzusetzen. Dennoch macht sie Frauen Mut, die wie sie Sinn für Technik haben: "Die IT-Gesellschaft erlaubt flexibles Arbeiten mit neuen Arbeitszeitmodellen. Das kommt Frauen sehr entgegen, die weder auf die Karriere noch auf die Familie verzichten wollen", sagt Christine Keller. Bei der deutschen Sun-Niederlassung gibt es zwar keinen Kindergarten, allerdings zahlt das Unternehmen für seine Mitarbeiter die Aufnahmegebühr für eine Agentur, die Tagesmütter vermittelt. Flexible Arbeitszeiten sowie die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, erleichtern es den Mitarbeitern, Beruf und Kinder zu vereinbaren.

ten IT-Welt durchzusetzen."

Logistische Probleme führt Evelyn Angel, Sprecherin der deutschen Niederlassung des Softwareriesen Computer Associates (CA), dafür an, dass man das Betreuungsmodell der New Yorker und der Londoner Niederlassungen nicht übernommen hat. "An diesen Standorten arbeiten mehr als 1000 Leute für CA, da lag es auf der Hand, dass der Konzern eigene Montessori-Kindergärten einrichtet, in denen die Kinder der Mitarbeiter betreut werden."

In Deutschland lohnt sich kein eigener Kindergarten, da in den einzelnen Standorten maximal 200 Mitarbeiter beschäftigt sind. Dafür bietet die Softwarecompany Teilzeitjobs für Mütter sowie die Möglichkeit des Teleworking. "Frauen sind in unserem Unternehmen Leistungsträger, denen die gleichen Aufstiegschancen geboten werden wie Männern", erklärt Evelyn Angel. Als Beispiele nennt sie Gabriele Rittinghaus, die rund eineinhalb Jahre Geschäftsführerin in der Darmstädter CA-Zentrale war, sowie deren Nachfolgerin Elizabeth Dambock.

Flexible Arbeitsmodelle für alle

der Frauencomputer-schule München und Mitinitiatorin des Projektes "Kompetenz

für Frauen e. V."

Familienfreundliche Arbeitsbedingungen gehörten von Anfang an zur Firmenphilosophie der 1987 von der Diplominformatikerin Sissi Closs gegründeten Comet Computer GmbH, die sich auf die Erstellung technischer Dokumentationen spezialisiert hat. Das Münchner Unternehmen bietet Frauen flexible Arbeitszeitmodelle. Telearbeit mit virtuellen Arbeitsplätzen gehört ebenso zum Angebot wie Teilzeitarbeit. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestimmen Wochen- und Tagesarbeitszeiten weitgehend selbst. Individuell lassen sich so Modelle vereinbaren, die an die private Situation angepasst sind. Darüber hinaus ist aus der Kindergruppe der Gründerzeit inzwischen eine komplette Kinderbetreuung mit gemeinsamem Mittagessen und Hausaufgabenunterstützung geworden.

Auch die Politiker sind inzwischen hellhörig geworden und sind bereit, die technischen Fähigkeiten von Frauen und Mädchen zu fördern. So liegt ein Schwerpunkt der von Bundeskanzler Schröder zusammen mit der Wirtschaft ins Leben gerufenen Initiative D21 auf dem Bereich Frauen und IT. Das größte gemeinsame Projekt ist derzeit die Aktion Idee-IT, die Frauen für die Ausbildung in IT- und Medienberufen gewinnen will. Im Vordergrund stehen dabei die Ausbildungsberufe IT-Systemelektronikerin, Fachinformatikerin, IT-Systemkauffrau und Informatikkauffrau. Diese Berufe erfordern Kenntnisse in den Bereichen Technik, Dienstleistung, Design und Gestaltung. Darüber hinaus sind soziale Kompetenzen gefragt - und die werden Frauen in besonderem Maße nachgesagt. (wk)