Social Collaboration

5 Lehren für Chefs aus der Dresdner Flut

14.06.2013 von Andreas Stiehler
Die Dresdner Bürger haben in nur wenigen Stunden über Dienste wie Twitter und Facebook ein effizientes Hilfsnetzwerk aufgebaut. Soziale Vernetzung ist hierarchischer Zusammenarbeit oft überlegen, erläutert PAC-Analyst Andreas Stiehler in seiner Kolumne.

"Eine Stadt packt an!" - Der Spiegel hat es treffend ausgedrückt: Tausende freiwillige Helfer - darunter viel junge Leute, ausgerüstet mit Stiefeln, Schaufeln und Smartphone - sind ausgezogen, um ihre Stadt gegen die Flut zu schützen. Und die Organisation dieses komplexen Hilfsvorhabens, das sich fast minütlich auf neue Situationen einstellen muss - Dammbruch hier, fehlender Sand da, Bedarf an Regenhosen dort - klappt nahezu perfekt. Social Collaboration macht es möglich.

Andreas Stiehler ist Principal Analyst bei Pierre Audoin Consultants (PAC).
Foto: PAC

So haben es die Dresdner in nur wenigen Stunden geschafft, über Dienste wie Twitter und Facebook ein effizientes Hilfsnetzwerk aufzubauen. Über Twitter laufen rund um die Uhr akute Hilferufe, Pegelstände und Aufrufe zum "Anpacken" ein. Auf Facebook-Sites wie "Fluthilfe Dresden" werden Hilfsgesuche und -angebote gesammelt und zugeordnet. Und ganz findige Dresdner haben noch eine interaktive Google Map aufgebaut, auf der zeitnah aktuelle Anfragen und Angebote grafisch zugeordnet werden.

Auf diese Weise werden ganze Heerscharen von Sandsackbefüllern, Dammbauern und Möbeltransporteuren koordiniert und es wird dafür gesorgt, dass die Hilfsangebote von belegten Brötchen über Schaufeln bis zu wasserfester Kleidung dorthin gelangen, wo sie benötigt werden. Und all dies gelingt ohne die zentrale Steuerung durch irgendeine Behörde. "Die Bürger packen es selbst an", könnte der Spiegel-Artikel noch besser lauten.

Missverständnisse bei Social Media
In Unternehmen bestehen Vorbehalte gegenüber sozialen Medien. Hansjörg Leichsenring trug sie zusammen und wirbt um ein besseres Verständnis.
1. Soziale Medien haben mit dem wirklichen Leben nichts zu tun
Das Internet ist längst keine Parallelwelt mehr. Bezogen auf Finanzdienstleiter hat z.B. die Online-Agentur Zieltraffic bereits vor einiger Zeit festgestellt, dass 70 Prozent der Diskussion rund um das Thema Banken über Social Media-Kanäle stattfindet. Ob es den Unternehmen gefällt oder nicht: Facebook & Co sind längst zu einem wichtigen, wenn nicht sogar dem wichtigsten Ort geworden, an dem man über sie diskutiert und sich über ihre Produkte, Preise und Dienstleistungen austauscht.
2. Sozial bedeutet uneigennützig
Bei sozialen Medien geht es damit primär um die Art und Weise, wie zusammengearbeitet wird. Auch wenn dies mancherorts bestritten wird: Für Social Media gibt es einen ROI und dieser lässt sich auch konkret berechnen.
3. Soziale Medien sind ein reines Kommunikations- und Marketinginstrument
Marketing ist sicherlich ein wichtiges Einsatzfeld sozialer Medien. Aber es geht durchaus um mehr. Das Marketing alter Prägung war vor allen ein Push-Geschäft. Kunden wurden mit Werbung überflutet, die sie zum Kauf auffordern sollte - getreu dem Motto: Je mehr man tut, desto mehr Aufmerksamkeit erhält man. Gewinner war am Ende immer der mit dem größten Budget, übrigens sehr zur Freude von Agenturen und Medien.
4. Soziale Medien bedeuten Kontrollverlust
Das genaue Gegenteil ist der Fall. Ein Verzicht auf soziale Medien führt nicht zu einer anderen Kommunikation über Unternehmen, sie bekommen diese nur nicht mit und können sie nicht beeinflussen. Und Unternehmen wollen doch mitbekommen, was Ihre Kunden über sie reden, oder?
5. Soziale Medien sind kostenlos
Präsenz und schnelle (Re-)Aktivität sind zentrale Elemente für ein erfolgreiches Social Media Management. Je nach Unternehmensgröße ist dies eine Fulltime-Aufgabe - nicht nur für einen Mitarbeiter. Für den erfolgreichen Einsatz ist daher eine eindeutige organisatorische Zuordnung der Verantwortung und eine entsprechende Ausstattung an Ressourcen unumgänglich.
6. Soziale Medien kann man getrost outsourcen
Auch wenn Agenturen dies gerne anbieten, es ist keine gute Idee. Es geht nicht zuletzt um die Reputation des eigenen Unternehmens. Und die relativ kurze Geschichte der sozialen Medien bietet bereits eine Fülle von Beispielen, in denen Agenturen die Reputation ihrer Klienten leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben.
7. Mitarbeitern sollte man am Arbeitsplatz keinen Zugriff auf soziale Medien gewähren
Haben Unternehmen wirklich so wenig Vertrauen in Ihre Mitarbeiter? Dann müssten Sie generell an ihrer Personalpolitik zweifeln. Vielfach sind gerade Mitarbeiter hervorragende Botschafter in sozialen Netzwerken und setzen sich so auch in ihrer freien Zeit für das Unternehmen ein.
8. Einfach mal loslegen
Daher heißt es auch beim Social Media-Einsatz: Stucture follows Strategy. Erst werden die Ziele definiert, dann die Ressourcen und dann die Kanäle über die man aktiv werden will. Dazu können externe Berater übrigens tatsächlich einen Beitrag leisten, sofern sie nicht nur etwas von sozialen Medien, sondern auch von der Branche, dem Unternehmen und den dort vorhandenen strategischen Herausforderungen verstehen. Auf die mancherorts gepriesenen Social Media-Gurus würde ich lieber verzichten.

Zentrale Einsatzleitung in Dresden nicht flexibel

Szenenwechsel: "Hessische Einsatzkräfte in Dresden gefrustet", meldete nh24.de in einem Artikel, der am Vortag erschien. Hierin heißt es: "900 meist freiwillige Helfer von Feuerwehr und Rettungsdienstorganisationen des hessischen Katastrophenschutzes sind auf Anforderung des Sächsischen Innenministeriums […] in Dresden untergebracht und ‚drehen Däumchen’". Sie warteten auf den Einsatzbefehl der zentralen Einsatzleitung, die die Rettungstruppen nicht flexibel genug organisieren konnte. Denn dort, wo der Einsatz der Rettungstruppen ursprünglich geplant wurde, war die Lage noch nicht bedrohlich. Die anschließenden Kommentare zur Effektivität der zentralen Hochwasserplanung sprechen für sich.

Was Unternehmenslenker daraus lernen können

Die Bürger in Dresden liefern in diesen Tagen den perfekten Anschauungsunterricht für Social Collaboration in der Praxis. Die Lehren aus Dresden lassen sich in fünf Punkten zusammenfassen:

1. Unternehmen kommen dauerhaft nicht um Social Collaboration herum

Hochwasserhilfe in Dresden
Foto: Google maps

Der Fall "Fluthilfe Dresden" belegt: Wenn komplexe Probleme zu lösen sind, eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit erforderlich ist und alle Beteiligten ein klares Ziel haben, dann ist die soziale Vernetzung herkömmlichen hierarchischen Formen der Zusammenarbeit deutlich überlegen.

Sicher: Social-Collaboration-Initiativen werden herkömmliche Formen der Zusammenarbeit, in denen die Rollen verteilt und die Prozesse klar definiert sind, nur ergänzen - nicht ablösen. So werden gut organisierte Rettungseinheiten auch in Dresden dringend benötigt. Aber durch die Kombination von herkömmlichen und sozialen Methoden der Zusammenarbeit kann die Agilität und Innovationsfähigkeit der Unternehmen genauso wie die Effizienz der Abläufe deutlich gesteigert werden.

1. Yammer
“Yammer” gilt als Pionier im Bereich Social Enterprise. Durch die nahtlose Integration in Office, Skype und SharePoint dürfte das Tool eine attraktive Alternative insbesondere für Firmen darstellen, die bereits auf Microsoft-Lösungen setzen.
2. Chatter
“Salesforce Chatter” adressiert sowohl kleine als auch große Teams und zählt zu den erfolgsreichsten Social Enterprise-Tools, die der Markt derzeit zu bieten hat. Wer es schlicht und einfach mag, der sollte sich das Tool näher anschauen.
3. Communote
“Communote” ist eine umfassende und flexible Lösung, von der sowohl kleine als auch größere Unternehmen des gehobenen Mittelstands profitieren können. Sie bietet Sicherheit und Datenschutz nach deutschem Standard. Wem das nicht genug ist, kann die Software selbst betreiben.
4. Asana
Bei “Asana” handelt es sich um eine erstklassige Software, in die bereits um die 40 Millionen Dollar investiert wurden. Sie adressiert in erster Linie Firmen, die Social Business als einen entscheidenden Aspekt von Projekt-Management verstehen.
5. Producteev
Bei “Producteev” handelt es sich um ein anspruchsvolles Tool, das weltweit bereits große Akzeptanz erlangt hat. Ein Vorteil gegenüber Asana besteht darin, dass es auf Deutsch verfügbar ist.
6. Podio
“Podio” stellt ein besonders innovatives Produkt dar, das sich in erster Linie durch eine große Flexibilität, zahlreiche Integrationsmöglichkeiten und ein breites Funktionsspektrum auszeichnet. Wer ganz konkrete Vorstellungen darüber hat, wie Social Collaboration in seinem Unternehmen aussehen soll, für den ist Podio ein Muss.

2. Social Collaboration erfordert Vertrauen und die Bereitschaft, Veränderungen in der Kultur zuzulassen

Die Dresdner Bürger haben die Koordination der Freiwilligen selbst in die Hand genommen und nicht auf zentrale Stellen gewartet. Und sie haben gut daran getan. Diese Rolle hätten sicher gerne auch die Behörden übernommen. Aber letztlich hat sich die für das gemeinsame Ziel beste Lösung durchgesetzt.

"Loslassen" müssen auch Unternehmenslenker, die Social-Collaboration-Initiativen erfolgreich umsetzen wollen - auch wenn das Ergebnis nicht der bisherigen Führungskultur entspricht. Insbesondere sollten sie nicht versuchen, von vornherein die perfekte Lösung zu planen. Deutsche Präzision ist hier fehl am Platz. Loslassen heißt aber nicht "alleine lassen". Der Bedarf an Verbesserungen genauso wie an Regeln entwickelt sich über die Zeit und muss adressiert werden. So wurden auch in Dresden die Koordinationsangebote über Social Media Schritt für Schritt nachgebessert.

3. Wer Social-Collaboration-Initiativen im Unternehmen alternativlos unterbindet, beraubt sich der Zukunft

Hochwasserhilfe Dresden
Foto: Google Maps

Unternehmenslenker aufgepasst: Die jungen Dresdner, die heute mit Gummistiefeln, Schaufeln und Smartphones ihre Stadt schützen, klopfen morgen vielleicht mit der Bewerbungsmappe an der Tür Ihres Unternehmens an. Sie haben gelernt, wie man komplexe Probleme mit Hilfe von Social Collaboration lösen kann. Und sie sind hochmotiviert, zur Lösung von Problemen beizutragen. Was bieten Sie denen an?

Die Ergebnisse unserer gerade veröffentlichten Studie zu "Social Collaboration in Deutschland, Frankreich und Großbritannien - Perspektive der Fachbereiche" stimmen vor diesem Hintergrund eher pessimistisch. Social-Collaboration-Initiativen? In jedem zweiten deutschen Unternehmen bislang Fehlanzeige. Gerade einmal in jedem fünften Unternehmen wurden solche Initiativen zumindest teilweise umgesetzt.

Immerhin: In jedem dritten Fachbereich werden erste Pilotprojekte gestartet oder Social-Collaboration-Initiativen geplant. Das stimmt zuversichtlich. Nur werden sich die jungen Dresdner nicht mit jahrelangen Planungs- und Testphasen zufrieden geben. Sie werden sich entweder weitsichtigere Unternehmen suchen oder an Management und IT vorbei selbst Netzwerke aufbauen - Sicherheitsrisiken hin oder her.

Social Media Verbote sind keine Lösung

4. Verbote sind keine Lösungen, Alternativen müssen geschaffen werden

Tatsächlich erwiesen sich in unserer Studie die in Deutschland überdurchschnittlich ausgeprägten Sicherheitsbedenken als die wichtigsten Hinderungsgründe für Social Collaboration. Solche Bedenken mögen auch ein Grund dafür sein, dass 16 Prozent der Fachbereiche die geschäftliche Nutzung öffentlicher Netzwerkdienste wie XING oder Linked-In, die für den professionellen Gebrauch konzipiert wurden, untersagen. Microblogging-Dienste wie Twitter dürfen in 32 Prozent der Fachbereiche nicht beruflich genutzt werden.

Unabhängig vom (Un-)Sinn solcher Verbote: Wenn keine gleichwertigen oder besseren Alternativen geboten werden, lassen Verbote sich ohnehin nicht durchsetzen. Zu süß ist die Verlockung der sozialen Vernetzung - insbesondere dann, wenn man wie die Dresdner schon einmal die Früchte gekostet hat. Die interne IT sollte deshalb besser vorangehen und Alternativen schaffen.

Anders als vielfach behauptet ist sie gegenüber öffentlichen Networkingdiensten durchaus konkurrenzfähig: Denn sie kann eigene Netzwerkdienste mit anderen Kommunikations- oder Businessanwendungen integrieren und so die Usability wesentlich erhöhen.

5. Social Marketing und Customer Services erfordern ein "Social Enterprise"

Unternehmenslenker sollten sich abschließend noch die Frage stellen, wie sie die Generation "Junge Dresdner Fluthelfer" als Kunden gewinnen können? Sie starten Social-Media-Initiativen und bieten die Kundeninteraktion über Chat, Twitter oder Facebook an. Gut so… aber nicht gut genug.

Man stelle sich nur vor, einer dieser jungen Wilden kontaktiert das Contact Center über eine dieser modernen Medien und möchte eine Auskunft. Aber diese Information liegt wie so oft "irgendwo im Unternehmen", ist also für den Agenten nicht ohne weiteres verfügbar. Wird er sich wirklich mit der Aussage "Wir melden uns dann in drei bis zehn Tagen wieder bei Ihnen" zufrieden geben? Oder wird er sich frustriert abwenden, da er selbst erfahren hat, wie es schneller geht und ihm hier das "Social" nur vorgegaukelt wird.

Unternehmen müssen als Social Enterprise agieren

Fakt ist: Jede Social-Media-Initiative ist vergebliche Mühe, wenn das Unternehmen nicht als "Social Enterprise" agiert. Und hierzu bedarf es Social Collaboration.

Liebe Unternehmenslenker, Sie sollten den Dresdner Bürgern für diese Erfahrung dankbar sein. Denn wenn Sie die Lehren aus der Organisation der Fluthilfe beachten, sparen Sie viel Mühe und bares Geld. Gespartes Geld bitte an die Fluthilfe spenden.

secure.me App Advisor
Der App Advisor von secure.me sorgt für Transparenz bei Facebook-Apps und zeigt, ob eine App Zugriffe auf sensible Profildaten ausführt, wie die Nutzerbewertung für die App aussieht und ob bereits datenschutzrelevante Vorfälle bekannt sind.
secure.me App Advisor
Der App Advisor von secure.me warnt Nutzer bereits vor der Aktivierung einer Facebook-App, wenn Datenschutzprobleme mit der App bekannt sind.
secure.me Facebook-Profil
Secure.me prüft Facebook-Profile auf mögliche Risiken wie verseuchte Hyperlinks in Postings und Statusnachrichten.
secure.me Facebook-Profil Privacy
Secure.me prüft die persönlichen Angaben des Nutzers in seinem Facebook-Profil und weist auf mögliche Risiken hin.
secure.me Facebook-Profil Gesichtserkennung
Um peinliche Fotos des Nutzers auf anderen Profilseiten suchen zu können, wendet Secure.me auch eine eigene Gesichtserkennungsfunktion an.
Blue Coat BCS
Security Appliances wie die von Blue Coat bieten Policy Manager, mit denen sich die internen Richtlinien zur Nutzung von Social Media abbilden lassen.
Blue Coat PacketShaper
Security-Appliances wie PacketShaper von Blue Coat können die Nutzung von Social Media überwachen und interne Richtlinien durchsetzen, indem verbotene Nutzeraktivitäten in bestimmten sozialen Netzwerken blockiert und gemeldet werden.
Scrambls
Das Browser-Plug-in Scrambls verschlüsselt Nachrichten im Browser, bevor diese bei Facebook & Co. veröffentlicht werden. Nur definierte Empfänger können die Nachricht in dem sozialen Netzwerk dann mittels Scrambls entschlüsseln.
HootSuite Enterprise
Unternehmen, die mehrere soziale Netzwerke betrieblich einsetzen, können unter anderem die Berechtigungen für einzelne Nutzer zentral definieren. Möglich ist dies zum Beispiel mit HootSuite Enterprise.
Zscaler Likejaking Prevention
Die Browsererweiterung Zscaler Likejaking Prevention prüft unter anderem, ob Facebook-Like-Buttons auf Web-Seiten manipuliert und gefährlich sind. Der Nutzer kann dort unter anderem einstellen, welche Webseiten als vertrauenswürdig behandelt werden sollen.
SAI Global Information Security Awareness Barometer
Ein Tool wie das Social Media Security Awareness Barometer hilft bei der Prüfung, ob die Nutzer ausreichend für die Social Media Risiken sensibilisiert sind.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der TC-Schwesterpublikation CIO.