17 Linux Distributionen für den Spezialeinsatz

20.11.2006 von Jürgen Donauer
Die Auswahl an verschiedenen Linux-Distributionen ist heutzutage riesengroß. Neben den „großen“ gibt es allerdings eine ganze Reihe von Projekten, die zwar nur bestimmte Aufgaben erfüllen, diese jedoch besonders effizient.

In die Kategorie „Spezialeinsatz“ fallen beispielsweise solche Distributionen, die sich einem ganz bestimmten Einsatzzweck wie beispielsweise als Router oder als Mediaplayer. Mini-Distributionen eignen sich hervorragend für ältere Hardware oder als Betriebssystem auf einem USB-Stick - etwa wenn man dem installierten OS nicht traut oder besondere Funktionen wie Datenrettung oder Partitionierung im mobilen Support-Einsatz benötigt.

Linux stellt allerhand Werkzeuge zur Verfügung. Dazu gehören auch so genannte Sniffer und Tools zum Knacken von Passwörtern oder WLAN-Schlüsseln. Um Schwachstellen in ihren Systemumgebungen aufzuspüren sind diese Tools ein Segen. Oftmals ist man sich gar nicht bewusst, welche Schluchten sich in einem Security-Konzept befinden. Nur wer weiß, wie Hacker arbeiten, kann sich vor Angriffen schützen. Diese Programme lassen sich allerdings auch nutzen, um sich in illegales Terrain zu begeben. tecCHANNEL möchte Sie ausdrücklich warnen, dass Sie sich mit einer Benutzung solcher Programme strafbar machen können. Wollen Sie so eine Distribution im Firmen-Netzwerk einsetzen, stellen Sie sicher, dass diese Maßnahme abgesegnet ist.

BackTrack

BackTrack ist eine Live-CD und ein Zusammenschluss der wohl bekanntesten Sicherheits-Distributionen Whax und Auditor. Die Entwickler legten die beiden Distributionen zusammen und kreierten ein „Best of both worlds“. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Diese Distribution lässt keine Wünsche offen, wenn es um das Aufspüren von Sicherheitslöchern geht. Auf der Webseite befindet sich eine Untersektion mit Tutorials. Dort wird ihnen gezeigt, wie Sie die auf der CD befindlichen Tools optimal einsetzen. Der eine oder andere dürfte beim Zusehen der Flash-Demonstrationen große Augen machen. Es ist erstaunlich, wie einfach sich zum Beispiel WEP-Schlüssel knacken oder andere Schwachstellen ausnutzen lassen.

Bitte Beachten Sie: Aufgrund der Rechtsunsicherheit des Paragrafen 202c StGB haben wir aus diesem Artikel Links zu Programmen entfernt. Wir bitten Sie um Verständnis. Die TecChannel-Redaktion.

Damn Small Linux und Damn Small Linux Not

Damn Small Linux ist eine extrem kleine Linux-Distribution. Die Entwickler haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Grenze von 50 MByte nie zu überschreiten. Dennoch wollen Sie eine vollständige Desktop-Umgebung zur Verfügung stellen. Das beinhaltet zum Beispiel XMMS, Xpdf, einen Chat-Client, einen Internet-Browser, einen E-Mail-Client, ein Textverarbeitungs- und Tabellenkalkulations-Programm.

Der Lightweight Desktop-Manager Fluxbox dient zur graphischen Darstellung. Mittlerweile basiert DSL auf Knoppix-Technologie. Damn Small Linux bootet sich, wenn möglich, komplett in den RAM eines Systems und ist dadurch sehr schnell. Sie können DSL ebenfalls auf Festplatte installieren. Somit wird es zu einem Debian-System und Sie haben Zugriff auf die kompletten Debian-Repositories. Damn Small Linux lässt sich übrigens auch auf einen USB-Stick installieren. Weiterhin können Sie ein Image herunterladen, das Sie danke qemu direkt in Windows starten können.

Damn Small Linux Not ist von denselben Leuten gemacht. Dieses System hat allerdings nicht den Anspruch der 50-MByte-Grenze. Dennoch wollen die Entwickler unter allen Umständen so genannte „Bloatware“ vermeiden. Dieser Fork von DSL war eine logische Konsequenz des immer größer werdenden Linux-Kernels. DSL setzt noch auf Kernel 2.4 wogegen DSL-N den moderneren Kernel 2.6 zum Einsatz bringt. Was sich nicht mehr in 50 MByte unterbringen lässt, aber trotzdem wertvolle Tools sind, packen die Entwickler in DSL-N. Dazu gehören unter anderem Samba und LinNeighbourhood. Ebenso sind die Madwifi-Treiber und fuse/sshfs enthalten.

Feather Linux

Feather Linux ist ein Knoppix-Remaster, läuft komplett von CD oder USB-Gerät und braucht weniger als 128 MByte Speicher. Dennoch ist es reich mit Software bestückt. Es sollte den Großteil abdecken, was man für die tägliche Arbeit benötigt. Darunter befinden sich zum Beispiel Abiword, Firefox, Capticve-NTFS, gaim, vim, Sylpheed, XMMS, FreeNX, Midnight Commander, Samba und viele andere.

Das System ist klein und extrem schnell. Feather Linux ist nicht sehr hardwarehungrig und kann ältere Systeme zu neuen Höhen verhelfen.

Fli4l und Coyote Linux

Fli4l steht eigentlich für „floppy isdn4linux“. Dieser Titel ist allerdings alles andere als zeitgemäß. In der Zwischenzeit kann fli4l nämlich auch mit DSL und Ethernet-Routing umgehen. Außerdem ist das Betriebssystem mittlerweile als CD erhältlich. Das Projekt stellt weiterhin Treiber für AVM- und Atheros-Hardware zur Verfügung. Mit letzteren können Sie einen Access-Point mit optionaler WPA2-Verschlüsselung realisieren.

Coyote Linux war ursprünglich als Floppy-Router-System gedacht. So können Sie einen Uralt-PC ohne Festplatte und CD-Laufwerk als Internet-Sharing-Maschine nutzen. Dieses Projekt existiert immer noch. Mittlerweile hat sich die Produkt-Palette allerdings erweitert. So bietet die Firma „Wolverine Firewall and VPN-Server“ und sogar fertige Hardware-Appliances an. Damit hat sich im Laufe der Jahre die Zielgruppe von Coyote Linux vom Privatanwender über Small-Offices bis hin zu großen Firmen kontinuierlich erweitert.

G4L (Ghost for Linux)

G4L erhebt den Anspruch, ein Ghost-Klon mit freier Software zu sein. Das gelingt der Distribution auch ganz gut. Allerdings ist die Handhabung auf den ersten Blick nicht ganz so trivial wie das berühmte Vorbild Norton Ghost. Hat man sich aber erst einmal zurecht gefunden, bietet dieses OS alles Notwendige, um Abbildungen von Partitionen oder ganzen Festplatten zu generieren.

G4L bietet keine Klicki-Oberfläche. Dennoch ist die graphische Benutzerführung erträglich. Sie können dank eine RAW-Modus jedes Datei-System klonen. Dazu gehören auch Windows-Partitionen.

Die kreierten Images können Sie auf Verlangen komprimieren. Außerdem ist nicht nur ein lokales Klonen möglich, sondern auch via FTP auf Netzlaufwerke. Weitere Goodies, wie zum Beispiel das Partitionierungs-Werkzeug parted befinden sich ebenfalls auf dem ISO-Image.

GeeXboX

GeeXboX ist eine komplette Linux-Distribution. Mit der Ausnahme, dass dieses Betriebssystem auf dem Multimedia-Tausendsassa MPlayer basiert. Sie müssen das System nicht auf Festplatte installieren, sondern können es komplett von CD laufen lassen.

GeeXboX bietet eine simple Oberfläche und verwandelt Ihr System in eine Multimedia-Station. Sie können damit nahezu jedes Datei-Format abspielen. Mittlerweile unterstützt das OS auch DVDs und die Navigation durch deren Menus. Ebenso unterstützt GeeXboX Shoutcast und Netstream. Auch diverse TV-Karten stehen auf der Support-Liste des Betriebssystems.

Ein auf der Seite bereit gestellter ISO-Generator erlaubt es Ihnen, das Image neu zu gestalten. Damit können Sie zum Beispiel unfreie Codecs oder extra Themes hinzufügen. Ebenso lassen sich damit Startverhalten von MPlayer, Netzwerkeinstellungen und diverse andere Parameter einstellen. Beeindruckend ist außerdem die Größe des ISO-Image von GeeXboX: 6,8 MByte.

GParted Livecd

GParted Livecd wurde eigentlich zu einem einzigen Zweck geschaffen. Es soll als mobiles Partitionierungs-Tool dienen. Die Distribution bootet nach Auswahl von Sprache und Tastaturbelegung in eine grafische Umgebung. Hierfür verwendet sie Fluxbox.

Außer dem Partitionierungs-Tool sind noch ein simpler Texteditor und eine Terminal-Emulation enthalten. Doch seinem Anspruch, ein simples Partitionierungs-Tool zu sein, wird die Distribution vollkommen gerecht.

grml

grml basiert auf Knoppix und richtet sich speziell an System-Administratoren oder Liebhaber von Text-Tools. Es ist geeignet als Rescue-System, für die Netzwerk-Analyse oder für Hartgesottene als Desktop-Umgebung. Programme wie KDE und OpenOffice sucht man vergebens auf der Live-CD. Dafür enthält es über 800 Pakete, die Sie bei Knoppix nicht finden.

Dank Zugriff auf die umfangreichen Debian-Repositories können Sie jedoch aus der Distribution machen, wie ihnen der Gusto steht. Eine Sache ist jedenfalls unbestritten: Gäbe es einen „Funny Codename Soundalike Contest“, wäre grml der ungekrönte König. Arbeitsnamen wie Winterschlapfn, Bootenschnitzl, Funkenzutzler und Eierspass sind wohl kaum zu toppen.

IPCop Firewall

IPCop Firewall ist eine komplette Linux-Distribution, die sich um das Heil ihres Netzwerks kümmern möchte. Wahlspruch der Entwickler ist: „The bad packets stopp here!“. Das heißt IPCop bietet eine komplette kostenfreie Firewall mit Gateway-Funktionen. Daneben bietet die Distribution unter anderem einen DHCP- und Proxy-Server, so wie ein VPN-Gateway.

Intrusion-Detection steht ebenfalls auf dem Programm des IP-Polizisten. Nach einer erfolgreichen Installation administrieren Sie das Komplett-Paket bequem über ein Web-Frontend. Sie müssen also kein Linux-Freak sein um diese Firewall unter Kontrolle zu halten. Wie Sie IPCop perfekt einsetzen, zeigt ihnen der tecCHANNEL-Online-Artikel „IPCop – Die Profi-Linux-Firewall-Distribution“.

Linux From Scratch

Linux From Scratch ist ein Projekt, dass es Ihnen erlaubt ein komplettes Linux-System von Grund auf zu erstellen. Die lauteste Credo in Zusammenhang mit dieser Distribution dürfte sein: „Warum soll ich es mir antun, ein System von Grund auf selbst zu kompilieren? Es ist doch viel einfacher eine existierende Distribution wie zum Beispiel Mandriva oder Fedora Core zu installieren.“.

LFS richtet sich auf keinen Fall an Anfänger. Aber es kann Leuten zeigen, wie Linux intern arbeitet. Ein eigenes System von der Basis zu basteln zeigt ihnen, wie Dinge zusammen arbeiten und von einander abhängig sind. Logischerweise können Sie auch ein System erstellen, dass genau ihren Ansprüchen genügt. Linux From Scratch ist nicht ganz trivial. Es gibt jedoch zahlreiche Dokumentationen, die ihnen behilflich sind. Die deutsche Übersetzung der Doku finden Sie hier. Allerdings sollten Sie einiges an Zeit reservieren, wenn Sie diese Mission angehen wollen.

Linux LiveCD Router

Linux LiveCD Router ist speziell für das Sharing einer Internet-Verbindung via WiFi erschaffen. Die Installation auf Festplatte ist nicht notwendig und auch gar nicht möglich.

Sie können das OS mit DSL,- Kabel-Modem-, T1-, ISDN- oder Dial-Up-Verbindungen nutzen. Bei Bedarf dient diese Variante auch als Firewall oder sogar als Access-Point für Wireless-Lan-Karten.

Puppy Linux

Puppy Linux ist eine weitere extrem kleine Distribution. Hat ein Rechner mindestens 128 MByte RAM zur Verfügung, lädt sich das Betriebssystem komplett in den Arbeitsspeicher. Somit läuft das Laden von Applikationen in Puppy Linux unglaublich schnell ab. Die Hardware-Anforderungen des OS sind gering. Ein Einsatz auf älterer Hardware ist somit kein Problem. Sie können das OS auf Festplatte oder ein USB-Gerät installieren. Obwohl das ISO-Image derzeit unter 100 MByte hat, finden Sie darauf eigentlich alles, was Sie zur täglichen Arbeit brauchen.

Eine echte Besonderheit von Puppy Linux ist, dass Sie alle Veränderungen direkt wieder auf CD zurück schreiben können. Die unkomplizierte Menu-Führung macht Puppy Linux auch für Einsteiger interessant.

SystemRescueCD

SystemRescueCD gehört definitiv zur Kategorie „Admins Best Friend“. Wie der Name vermuten lässt, wurde die Live-CD für den „Worst Case“ entwickelt. Die Distribution soll ihnen nach dem Crash helfen. Das OS enthält unter anderem die Partitionierungs-Werkzeuge QtParted und PartGui. Weiterhin finden Sie den Ghost/Drive Image-Klon Partimage auf der CD. Antiviren-Scanner, Rootkit-Detektion, Archivierungs-Tools, Brennprogramme und Netzwerk-Programme lässt SystemRescueCD ebenfalls nicht missen.

Um Windows-Laufwerke lesen und beschreiben zu können dient Captive NTFS. Trotz umfangreicher Software ist das Betriebssystem klein genug für eine Business-Card-CD. Die meisten Tools können sie zwar nur auf Kommandozeilen-Eben nutzen, dennoch lohnt sich ein Blick auf diese Distribution.

VideoLinux und Musix GNU+Linux

VideoLinux basiert auf PCLinuxOS und legt das Hauptaugenmerk auf den Multimedia-Bereich. Es befinden sich darin Tools für DVD-Backups, Video Encoding und Trancoding, DVD-Author-Werzeuge, Format-Konvertierung und viele andere. Die Entwickler schreiben sich „The all in one Toolkit for DVD Ripping, Encoding & Editing“ auf die Fahnen und den Bootscreen. Sie finden nicht alltägliche Tools, wie zum Beispiel DeVeDe, VirtualDub (WINE), DVDShrink, LiVEs und Avidemux auf dieser Distribution. Interessant an dieser Version ist die Tatsache, dass es mehr hervorragende Multimedia-Tools für Linux gibt, als so manch einer glauben mag.

Musix GNU+Linux ist Knoppix-basierend und hat sich auf frei erhältliche Audio-Software spezialisiert. Es richtet sich in erster Linie an Musik-Liebhaber, Musiker und DJs. In dieser Linux Variante finden Sie zum Beispiel HEXTER. Das ist ein „Yamaha DX-7 Software Synthesizer“. Weiterhin befinden sich unter anderem der MIDI-Sequencer Rosegarden und der Percussion-Emulator Hydrogen an Bord. Es existiert sogar eine Seite mit Musikstücken, die mit dieser Distribution erstellt wurden.

Fazit

Es gibt für fast jedes Anwendungsgebiet eine Linux-Distribution, die genau dessen Ansprüche erfüllt. Vor allem im Sicherheitsbereich tummeln sich einige sehr interessante Varianten.

Mini-Distributionen wie zum Beispiel Damn Small Linux und Puppy Linux sind in zweierlei Hinsicht hochinteressant. Da diese sehr wenig System-Resourcen brauchen eignen sich diese hervorragend als portable Client-Systeme. Zum zweiten hauchen Sie damit alten Rechnern neues Leben mit aktueller Software ein.

Spezielle Betriebssysteme wie zum Beispiel Gparted Linux und G4L sollen ihnen bestimmte Arbeiten erleichtern. Diese booten oft schnell und haben nur wenige Applikationen an Bord. Dennoch sind diese kostenlosen Helferlein oft ein wahrer Segen in der täglichen Arbeit. Man sollte auch BackTrack zu diesen Distributionen zählen. Erschaffen ist das OS, um die Sicherheit zu erhöhen. Dennoch könnten Sie damit viel Unfug treiben. tecChannel möchte Sie deswegen noch einmal darauf hinweisen, dass Sie sich mit den darin bereit gestellten Tools schnell am Rande der Legalität bewegen. (mha / jdo)