10-Gigabit-Ethernet

22.05.2002 von Prof. Dr. Axel Sikora
Ethernet ist aus lokalen Netzen nicht mehr wegzudenken. Der neue Standard IEEE 802.3ae erschließt jetzt Datenraten von 10 GBit/s und damit auch völlig neue Anwendungsfelder, etwa WAN-Verbindungen.

Die meisten lokalen Netze bauen auf den Ethernet-Standards 10Base-T (10 MBit/s; IEEE802.3i, 1991) und 100Base-TX (100 MBit/s; IEEE802.3u, 1995) auf. Inzwischen findet auch zunehmend Gigabit-Ethernet Verwendung. Hier kristallisiert sich neben dem Backbone die Punkt-zu-Punkt-Kopplung von Netzen als typisches Einsatzgebiet heraus. Als relevant erweisen sich dabei vor allem die Varianten 1000Base-SX und -LX über Glasfaser (IEEE802.3z, 1998) sowie 1000Base-T (IEEE802.3ab, 1999) über Twisted-Pair-Kabel der Kategorie 5.

Der neue Standard IEEE 802.3ae alias 10-Gigabit-Ethernet steigert die Geschwindigkeit nun noch einmal um eine Größenordnung. Damit sprengt diese Technik nun endgültig den Rahmen des LAN und dringt in den Bereich der Stadt- (MAN) und Weitverkehrsnetze (WAN) vor.

10-Gigabit-Ethernet für LAN und WAN

10-Gigabit-Ethernet bietet gegenüber anderen Standards einen entscheidenden Vorteil: Auch sehr ausgedehnte Netzwerk-Topologien lassen sich damit in einer homogenen, auf IP und Ethernet basierenden Technologie realisieren. Damit entfällt eine Protokollumsetzung auf der Übertragungsschicht mit all den damit verbundenen Problemen und nötigen Kompromissen. Das erleichtert nicht nur die Kopplung räumlich verteilter LANs. Auch bei der Verbindung von abgesetzten Einwählpunkten (POPs) überregionaler Internet Service Provider verspricht die neue Technik deutliche Vorteile - nicht zuletzt auf der Kostenseite.

Damit positioniert sich 10-Gigabit-Ethernet (10GE) nicht nur als potenzieller Ersatz für die bei niedrigeren Geschwindigkeitsstufen ohnehin bereits deutlich zurückgedrängte ATM-Technik. Es konkurriert zudem mit etwa gleich schnellen WAN-Technologien wie SONET/OC-192 respektive SDH/STM-64.

Anforderungen und Zielsetzungen

Unter den zahlreichen Anforderungen, die bei der Definition von 10-Gigabit-Ethernet eine Rolle spielten, lassen sich vor allem drei wesentliche Zielsetzungen identifizieren: Die neue Technik sollte weit gehend mit den bisherigen Standards kompatibel bleiben, eine ähnlich günstige Kostenstruktur bieten sowie sich möglichst über bereits vorhandene Schnittstellen und Verkabelungstypen betreiben lassen.

Als Schmerzgrenze auf der Kostenseite peilte man einen maximalen Faktor von zwei bis drei gegenüber einer Installation mit Gigabit-Ethernet an. Gegenüber den für den WAN-Bereich typischen SONET/SDH-Systemen verspricht dies immer noch eine Kostendämpfung von wenigstens 30 Prozent. Zu dieser Reduktion tragen insbesondere drei Faktoren bei:

Kompatibilität

Der 10-Gigabit-Ethernet-Standard sollte kompatibel zu einer Vielzahl anderer Standards bleiben, darunter:

Aus der Anlehnung an bestehende Ethernet-Merkmale ergeben sich Vorteile gegenüber Konkurrenztechnologien. So lässt sich etwa durch die Beibehaltung von Format und Längen der IEEE-802.3-Frames ein gegenüber WAN-Techniken deutlich beschleunigtes Switching erreichen, da weder eine Anpassung der Frames (Segmentation & Reassembly) noch der Adressen vorgenommen werden muss.

Übertragungsmedium Glasfaser

Ob eine Übertragung über kupferbasierte Kabel kommerziell sinnvoll sei, wurde schon bei der Standardisierung von Gigabit-Ethernet kontrovers diskutiert. Zwar konnte man sich nach langwierigen Auseinandersetzungen schließlich doch noch auf 1000Base-T einigen. Es erlaubt Übertragungen via Twisted-Pair-Kabel der Kategorie 5 bis zu einer Entfernung von 100 Metern. Bereits zu diesem Zeitpunkt war aber klar, dass die nächste Geschwindigkeitsstufe nur noch unter Nutzung von Glasfaser erreicht werden konnte und sollte. Dementsprechend erlaubt 10-Gigabit-Ethernet ausschließlich optische Punkt-zu-Punkt-Verbindungen innerhalb von sternförmigen Netztopologien.

Schon bei der Standardisierung von Gigabit-Ethernet hatte sich zudem gezeigt, dass die Nutzung vorhandener Kabel im LAN-Bereich ein Muss für den kommerziellen Erfolg eines Netzwerk-Standards ist. In noch viel stärkerem Maß gilt dies für die WAN-Verkabelung, die ja meist im öffentlichen Bereich verlegt ist. Das hat zur Folge, dass Erweiterungen oder Anpassungen mit hohen Kosten verbunden wären. 10GE definiert daher nicht weniger als sieben mögliche physische Schnittstellen für existierende LAN- und WAN-Verkabelungstypen.

Medienunabhängige Schnittstelle

Die Vielzahl der möglichen physischen Schnittstellen hat vor allem in Hinsicht auf die aktiven Netzwerkkomponenten Konsequenzen: Medienunabhängige Interfaces gewinnen sowohl für Hersteller als auch Anwender erneut an Bedeutung.

Ursprünglich waren solche Interfaces bereits in den ersten Ethernet-Standards vorgesehen, um eine flexible und kostengünstige Ankopplung der entsprechenden physikalischen Schnittstellen zu erlauben. Die so genannten Attachment Unit Interfaces (AUI) für 10-MBit/s-Ethernet beziehungsweise Media Independent Interfaces (MII) für Fast Ethernet finden heute jedoch kaum noch Verwendung.

Mit Ausnahme der LAN-LAN-Kopplung, bei der auf Grund der größeren Übertragungsdistanzen meist Glasfaser als Übertragungsmedium dient, hat sich allgemein das Twisted-Pair-Interface RJ45 durchgesetzt. Entsprechend wurden Modularität und Flexibilität lange Zeit als nicht mehr notwendig angesehen. Dies dürfte sich mit der Einführung von 10GE wieder ändern.

Vollduplex als Standard

Der ursprüngliche Ethernet-Standard IEEE 802.3 sieht als physisches Übertragungsmedium eine Bustopologie über Koaxialkabel vor. Dabei steht das physikalische Medium allen Kommunikationspartnern gleichzeitig zur Verfügung (shared medium). Das beschränkt die Kommunikation auf den Halbduplex-Modus.

Die Einführung des Twisted-Pair-Kabels als Übertragungsmedium erlaubte dann jedoch eine physikalische Trennung von Hin- und Rückkanal und damit eine gleichzeitige Kommunikation in beiden Richtungen (Vollduplex). Besonders bei der Verbindung zwischen aktiven Knoten wie Bridges und Switches bringt sie deutliche Vorteile. Die Verbindungsgeschwindigkeit von 10 GBit/s erscheint momentan nur zwischen aktiven Komponenten sinnvoll. Deshalb und durch die ausschließliche Übertragung via Glasfaser wird bei 10GE der Vollduplex-Modus zur Pflicht.

Schon bei der Einführung von Gigabit-Ethernet zeigte sich, dass der Halbduplex-Modus in der Praxis keine Rolle spielt. Dies könnte sich zwar mittelfristig im Zuge einer Vernetzung mit Gigabit-to-the-Desktop noch ändern. Für 10-GBit/s-Systeme erscheint ein solches Szenario jedoch aus heutiger Sicht äußerst unwahrscheinlich. Damit markiert 10-Gigabit-Ethernet das Ende der althergebrachten Ethernet-Kollisionsdomänen und deren Medienarbitrierung, die unter dem Kürzel CSMA/CD berühmt-berüchtigt geworden ist.

IEEE: Arbeitsweise

Die Entwicklung des 10-Gigabit-Ethernet-Standards erfolgt im Rahmen der Standards Association (SA) des US-amerikanischen Berufsverbands der Elektrotechnik- und Elektronik-Ingenieure (IEEE) und folgt dabei einem definierten Ablauf.

Nach dem Zusammenschluss von Sponsoren und der formalen Gründung einer Studien- (study group) sowie einer Arbeitsgruppe (working group) beginnt eine Frist von vier Jahren. Innerhalb dieser Zeitspanne muss der Standard verabschiedet sein. Hierzu wird in der Regel eine "task force" ins Leben gerufen, die den Standard im Detail ausarbeitet.

Über diesen Entwurf stimmt zunächst die Arbeitsgruppe ab, anschließend wird er der Gruppe von Sponsoren vorgelegt (sponsor balloting). Bei einer Wahlbeteiligung von mehr als 75 Prozent der Sponsoren und einer Zustimmungsquote von ebenfalls 75 Prozent gilt der Standard als formal verabschiedet und wird veröffentlicht. Den Zeitplan der Schritte für IEEE802.3ae zeigt die oben stehende Abbildung.

802.3ae: Der Standard

Die grundsätzliche Aufteilung des 10-Gigabit-Ethernet-Standards in die Bereiche Logical Link Control (LLC), Medium Access Control (MAC) und physische Schnittstelle entspricht den anderen im Rahmen von IEEE 802.3 gültigen Standards.

Von besonderer praktischer Bedeutung ist dabei, dass der Aufruf des Ethernet-Moduls über die für alle Teilstandards der IEEE-802.3-Familie einheitlichen LLC-Schichten erfolgt. Wie auch bei den bisherigen Ethernet-Varianten wurde die Funktionalität in diverse Unterschichten aufgeteilt, um eine noch größere Modularität des Aufbaus zu erzielen. Diese stellen wir in den folgenden Abschnitten näher vor.

Der MAC-Layer

Der MAC-Layer erfüllt mit dem Aufbau des Übertragungsrahmens, der Anpassung der Geschwindigkeitsstufen und dem Zugriff auf tiefer liegende Schichten der physischen Übertragung drei Aufgaben von zentraler Bedeutung. Die Struktur der 10GE-Frames entspricht dabei vollständig jener der anderen Ethernet-Varianten. Dies bedeutet insbesondere, dass:

Die aktiven 10GE-Komponenten dienen nicht ausschließlich der Verbindung mit 10 GBit/s, sondern koppeln bei Bedarf auch Verkehrsströme niedrigerer Geschwindigkeit ein und aus. Hier kommt speziell Gigabit-Ethernet in Betracht, aber auch die Ankopplung an SONET-Systeme der OC-192-Ebene ist möglich. Die fast identische Datenrate (9,5884640 GBit/s) erfordert nur eine geringe Anpassung.

XGMII

Wie die bisherigen Ethernet-Standards spezifiziert auch 802.3ae eine medien-unabhängige Schnittstelle zwischen MAC und PHY. Die Leitungsbelegung dieses 10 Gigabit Medium Independent Interface (XGMII - das X steht für das römische Symbol der Zahl 10) zeigt die unten stehende Tabelle. Das Interface übergibt die Daten parallel über jeweils 32 Bit breite Busse in Transmit- und Receive-Richtung. Unter Einbeziehung der notwendigen Steuer- und Taktsignale ergibt sich eine Schnittstelle mit 74 Leitungen.

XGMII - Leitungsbelegung

Signal

Richtung

Beschreibung

DDR = Double Data Rate

XGMII_TX_CLK

Output

Takt nach PHY

XGMII_TXD[31:0]

Output

Übertragungsdaten nach PHY, DDR-Signalisierung

XGMII_TXC[3:0]

Output

Steuerleitungen nach PHY

XGMII_RX_CLK

Input

aus den Empfangsdaten regenerierter Takt von PHY

XGMII_RXD[31:0]

Input

Empfangsdaten von PHY, DDR-Signalisierung

XGMII_RXC[3:0]

Input

Steuerleitungen von PHY

XAUI

Eine komplexe externe Schnittstelle wie XGMII verursacht erhebliche Kosten und stellt zudem signifikante Anforderungen an die Synchronisation der parallelen Datenleitungen. Daher definierte die IEEE zusätzlich das so genannte XAUI (10 Gigabit Attachment Unit Interface, sprich: "ssauwie"). Diese vereinfachte Erweiterung der XGMII-Schnittstelle kommt mit nur 16 Leitungen aus.

Der selbstgetaktete Bus lehnt sich unmittelbar an den 1000Base-X-Standard an. Die Datenleitungen werden allerdings mit 2,5facher Geschwindigkeit betrieben, also mit einer Datenrate von 2,5 GBit/s. Auf diese Weise lassen sich 10 GBit/s über vier parallele Datenleitungen übertragen. Dazu verwendet XAUI die gleiche robuste 8B/10B-Kodierung wie 1000Base-X. Das Interface erreicht eine hohe elektromagnetische Verträglichkeit, relativ gute Stabilität gegen Laufzeitunterschiede und Robustheit gegen Übertragungsstörungen.

Über die beiden Schnittstellen XGMII und XAUI lassen sich alle im Standard vorgesehenen PHY-Typen ansteuern. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die 4 Bit breite parallele Übertragung des XAUI unmittelbar im Rahmen des Substandards 10GBase-LX4 zu nutzen.

Der PHY-Layer

Der PHY-Layer von 10-Gigabit-Ethernet ist in die vier Teilschichten PCS, WIS, PMA und PMD unterteilt. Dabei zeichnet der Physical Coding Sublayer (PCS) für die Kodierung des zu übertragenden Bitstroms verantwortlich. Physical Medium Attachment (PMA) und Physical Medium Dependent (PMD) sorgen für die Anbindung an das jeweilige Übertragungsmedium. Der WAN Interface Sublayer (WIS) dient bei den Weitverkehrs-Varianten des Standards zur Anpassung an die Datenraten von SONET/SDH-Systemen. Die unten stehende Tabelle zeigt die wichtigsten Parameter der Substandards in Abhängigkeit von der Auswahl des physischen Mediums und des Einsatzbereichs.

10GE - PHY-Standards

Modus

WIS

Wellen-länge (nm)

Medium

Kodierung

Brutto-Bitrate (GBit/s)

WIS=WAN Interface Sublayer; MMF=Multimode Fiber; SMF=Single Mode Fiber

LAN-PHY

10GBase-SR

serial

nein

850

MMF

64B/66B

10,3

10GBase-LR

serial

nein

1310

SMF

64B/66B

10,3

10GBase-ER

serial

nein

1550

SMF

64B/66B

10,3

10GBase-LX4

WWDM

nein

1310

MMF

8B/10B

4*3,125

WAN-PHY

10GBase-SW

serial

ja

850

MMF

64B/66B

9,953

10GBase-LW

serial

ja

1310

SMF

64B/66B

9,953

10GBase-EW

serial

ja

1550

SMF

64B/66B

9,953

LAN-PHY vs. WAN-PHY

Bei den PHYs lassen sich zwei Ausprägungen unterscheiden: Das LAN-PHY dient der unmittelbaren Erhöhung der Bandbreite für reine Ethernet-Systeme. Dabei erfolgt der Betrieb über passive Glasfaser-Strecken (dark fiber). Die Teilstandards des LAN-PHY lassen sich an dem Kürzel "R" im Namen erkennen.

Das WAN-PHY koppelt dagegen Ethernet- und SONET/SDH-Systeme. Nach den Vorstellungen der 10GE-Architekten stellt diese Variante lediglich eine Migrationslösung auf dem Weg zum reinen, globalen Ethernet dar. Von der LAN-Variante unterscheidet sich das WAN-PHY lediglich durch den zusätzlichen WAN Interface Sublayer (WIS), der einen vereinfachten SONET/SDH-Framer darstellt. Die WAN-PHY-Substandards tragen das Kürzel "W" im Namen.

LAN- und WAN-PHY werden über identische PMD-Layer betrieben und erreichen somit die gleichen Entfernungen. Die Unterscheidung bezieht sich hier also nicht auf die Übertragungsdistanz, sondern signalisiert lediglich, ob bestehende WAN-Infrastruktur genutzt wird oder nicht. Tatsächlich wurde im Zuge der Standardisierung heftig diskutiert, ob die Unterscheidung nach WAN- und LAN-PHY Auswirkungen auf erreichbare Distanzen (short-haul / long-haul) haben müsse. Letzten Endes entschied man sich aber gegen eine Anpassung der Entfernungen.

Generell war und bleibt die Aufteilung nach WAN- und LAN-PHY umstritten, die Entwicklung eines vereinheitlichten physischen Moduls (Unified PHY) scheint immer noch nicht endgültig vom Tisch.

Physical Coding Sublayer

Angesichts der diversen Ethernet-Standards kamen bereits etliche Kodierungstechniken zum Einsatz. Diese reichen vom bandbreiten-intensiven Manchester-Verfahren bei 10Base-T bis zur kompakten Trellis-Kodierung von 1000Base-T. Auch bei der Definition des 10-Gigabit-Ethernet-Standards sorgte dieses Thema wieder für Diskussionen.

Generell hängt die Anwendbarkeit spezifischer Kodierungsverfahren zum einen von der verfügbaren Bandbreite und zum anderen von den Anforderungen an die Bitfehlerrate ab. Dabei unterscheiden sich die einzelnen Techniken im Wesentlichen durch das Verhältnis der Anzahl der Informationsbits zu den übertragenen Bits. Je mehr Bits pro Informationsbit übertragen werden, um so besser lässt sich ein Gleichtaktanteil vermeiden und eine Synchronisation des Empfängers erreichen. Die Übertragung redundanter Bits ermöglicht eine zusätzliche Fehlererkennung oder -korrektur. Je mehr Bits übertragen werden, um so größer gestalten sich aber auch die Anforderungen an die Bandbreite des Übertragungsmediums.

Für 10-Gigabit-Ethernet wählte IEEE zwei verschiedene Kodierungsverfahren aus. Bei 10GBase-LX4 kommt die 8B/10B-Kodierung zum Einsatz, die je Byte 10 Bits überträgt. Bei vier parallelen Datenströmen mit einer Nutzdatenrate von je 2,5 GBit/s beträgt die Bruttodatenrate entsprechend 3,125 GBit/s auf jedem Kanal oder insgesamt 12,5 GBit/s. Für die seriellen Übertragungsvarianten erschien ein derartig hoher Overhead als nicht praktikabel. Deshalb kommt dort eine 64B/66B-Kodierung zum Zug, die 64 Informationsbits mit 66 zu übertragenden Bits kodiert. Die benötigte Bandbreite liegt also nur rund drei Prozent über der Nutzdatenrate.

WIS - WAN Interface Sublayer

Der WIS-Sublayer wird nur in den WAN-PHYs implementiert. Er übernimmt die Formatierung (Framing) der Daten und die Bereitstellung der Management-Informationen für die SONET/SDH-Systeme. Dabei besorgt er im Wesentlichen das Umpacken der Datenpakete zwischen dem SONET- (16-Bit-Worte) und dem 10GE-Format (66-Bit-Worte).

PMD/PMA

Bei den Festlegungen der physischen Schnittstellen für 10-Gigabit-Ethernet musste eine Vielzahl von Kompromissen eingegangen werden. Entsprechend waren lange Zeit noch verschiedenste Realisierungen im Gespräch. Vor dem Hintergrund künftiger technischer und kommerzieller Entwicklungen galt es zu entscheiden, ob mehr Aufwand bei der Realisierung der Laserstrecke oder bei der digitalen Signalverarbeitung zu treiben ist.

Bei einer einfacheren Laserstrecke fällt ein entsprechend höherer Aufwand für Fehlererkennung und -korrektur an. Dennoch wählte man schließlich diese Variante - mit gutem Grund: Die zur digitalen Signalverarbeitung eingesetzten CMOS-Schaltkreise lassen sich skalieren, was zukünftig Kostenvorteile verspricht. Die Lasertechnik bietet diese Möglichkeit dagegen nicht. Dennoch war ursprünglich auch ein Multi-Level Analog Signaling (MAS) im Gespräch, wie es ähnlich bei 1000Base-T mit fünf möglichen Übertragungspegeln zum Einsatz kommt. Allerdings konnte sich der Vorschlag schließlich nicht durchsetzen.

Die jetzt festgelegten Realisierungen prägt vor allem das Bestreben, vorhandene Glasfasermedien möglichst unverändert zu nutzen. Dafür stehen sowohl Wavelength Division Multiplexing als auch serielle Übertragungsmechanismen zur Verfügung.

Physical Medium Dependent

Zur Übertragung via Glasfaser verwendet 10-Gigabit-Ethernet die drei gängigen "optischen Fenster" bei 850, 1310 beziehungsweise 1550 Nanometer.

Als Kosten sparende Variante bietet sich die Übertragung bei 850 nm (Abkürzung "S") an. Hier kommt nicht nur die relativ preiswerte Multimode-Fiber, sondern auch ein kostengünstiger Laser des VCSEL-Typs (Vertical Cavity Surface-Emitting Laser) zum Einsatz. Er bietet den Vorteil, sich ohne zusätzliche Kühlung betreiben zu lassen. Allerdings erreicht er mit etwa 0,35 mW nur eine mäßige Leistung. Im Zusammenspiel mit der relativ großen Dämpfung auf der Faser (rund 3,5 dB/km) können nur Entfernungen bis 300 m überbrückt werden.

Bei einer Wellenlänge von 1310 nm (Abkürzung "L") kann die Übertragung sowohl via Multimode- (MMF) als auch über Single-Mode-Fiber (SMF) erfolgen. In der MMF-Variante kommt ein Fabry-Perot-Laser zum Einsatz, die SMF-Spielart operiert mittels eines Distributed-Feedback-Lasers. Beide Typen erzielen Leistungen im Bereich von rund 6 mW. Damit lassen sich in Kombination mit der geringeren SMF-Dämpfung von 0,5 dB/km Übertragungsdistanzen bis 15 km erreichen.

Ähnliche Lasertypen arbeiten in der 1550-nm-Variante (Abkürzung "E"). Sie kommen auch in SONET/SDH-Systemen zur Anwendung. Die Leistung liegt mit etwa 10 mW noch einmal deutlich höher. Dafür gilt es jedoch, eine größere Dispersion in Kauf zu nehmen oder alternativ spezielle und damit teure Medien (Dispersion Shifted Fiber - DSF) einzusetzen. Entfernungen von 50 km und mehr werden hier überbrückt.

10GE vs. SONET/SDH

Die 10 Gigabit Ethernet Task Force hat eine optionale Schnittstelle definiert, die sich an die Datenraten und Protokolle des SONET OC-192 respektive SDH STM-64 anlehnt. SDH, die synchrone digitale Hierarchie, stellt die grundlegende Infrastruktur auf der Backbone-Ebene moderner Telekommunikationsnetze dar. SDH implementiert ein Time Division Multiplexing (TDM ) über serielle Leitungen. Sein Name leitet sich von der Tatsache ab, dass es alle Stationen auf ein Taktnormal synchronisiert. Dieses wird normalerweise unmittelbar von einer Atomuhr (Stratum Clock) abgeleitet. Daraus ergeben sich sehr hohe Anforderungen bezüglich Jitter und Takt-Synchronizität.

10-Gigabit-Ethernet dagegen stellt ein asynchrones Übertragungsprotokoll dar, bei dem die Timing- und die Synchronisationsbedingungen jeweils nur für ein übertragenes Zeichen gelten. Jede aktive Komponente darf eine unabhängige Synchronisation vornehmen. Die Kopplung der verschiedenen Taktdomänen erfolgt dabei über Store-and-Forward-Geräte wie Brücken, Router oder Repeater. Auf diese Weise lassen sich 10 Gigabit-Ethernet-Komponenten zur physischen Übertragung mit viel geringeren Kosten implementieren als ihre SDH-Gegenstücke.

Transportverfahren

Auch bisher wurden Ethernet- und IP-Pakete schon über SONET/SDH-Systeme transportiert. Dazu kommt die so genannte paketorientierte Übertragung über SONET/SDH-Systeme (Packet-Over-SONET/SDH - POS) zum Einsatz, bei der die Frames in POS-Pakete verpackt werden. Als Protokolle dienen hier unter anderem High-Level Data Link Layer Control (HDLC) sowie das Point-to-Point Protocol (PPP).

Um eine unmittelbare Ankopplung der Ethernet-Netzwerke zu erreichen, die die zur Verfügung stehende Bandbreite besser nutzt, hat IEEE das WAN-PHY definiert. Damit können paketbasierte IP/Ethernet-Switches auch die SONET/SDH-Infrastruktur verwenden. Sie setzen diese für die physische Übertragung auf der Ebene 1 ein, fallen dabei jedoch unkomplizierter und vor allem preiswerter aus als reine SDH-Komponenten. Allerdings lassen sich 10GE-Komponenten nicht unmittelbar an die SONET/SDH-Infrastruktur ankoppeln, sondern nur mit aktiven Komponenten der Ebene 1 (Line Terminal Equipment - LTE) verbinden.

Datenrate und Management

Die Anpassung der Datenrate erfolgt durch einen Kunstgriff. Bei einem Anschluss an ein WAN-PHY fügt der MAC-Layer zusätzliche Zeichen zwischen den Ethernet-Paketen ein (Inter-Packet Gap - IPG). Diese Idle Characters sorgen bei reduzierter Nettodatenrate für eine Bruttodatenrate von 10 GBit/s. Die Zahl der Bytes in den IPGs ist dabei proportional zur Länge des vorangegangenen Pakets. Bei der 64B/66B-Kodierung werden die zusätzlichen Bytes entfernt, so dass nur die an SONET /SDH angepasste Nettodatenrate übertragen werden muss. Das reduziert den Durchsatz auf Systemseite um etwa ein Prozent.

Um ein durchgängiges Netzwerk-Management im WAN zu gewährleisten, ist jedoch nicht nur die Datenrate anzupassen. Daneben muss die WAN-PHY der 10GE-Komponenten auch die nötigen SONET/SDH-Management-Informationen bereitstellen. Diese Aufgabe übernimmt der WAN Interface Sublayer (WIS), der zudem das Umpacken der Frames zwischen den SONET/SDH- und Ethernet-Formaten besorgt. In reinen Ethernets findet dagegen üblicherweise das viel einfachere SNMP Verwendung.

Anwendungsbeispiel

Mit den beschriebenen Mechanismen lässt sich das Ethernet-LAN logisch auf die WAN-Infrastruktur ausweiten. Die unten stehende Abbildung zeigt einen Aufbau, bei dem paketorientierter Verkehr mittels eines 10-Gigabit-Ethernet-Routers mit WAN-PHYs via SONET/SDH übertragen wird.

Die in den Router A eingespeisten Pakete übergibt die IP-Schicht des Routers zunächst an den 10-Gigabit-Ethernet-Controller. Dort stellt der MAC-Layer Ethernet-Frames zusammen und übergibt sie an den PCS-Sublayer zur 64B/66B-Kodierung. Die resultierenden 66-Bit-Worte wandern als ein logisch kontinuierlicher Datenstrom weiter in den WIS-Sublayer. Er übergibt seinerseits die Pakete als 16-Bit-Worte an den PMD-Sublayer. Nun kann die optische Übertragung mittels eines SONET/SDH-konformen LTEs erfolgen. Das LTE gleicht die Datenbits für die synchrone SONET/SDH-Übertragung ab. Dazu puffert es die Bits in einem so genannten Jitter Elimination Buffer. Zudem stellt das LTE noch die Management-Informationen zusammen und speist dann den Datenstrom in das SONET/SDH-Netz ein.

Auf der Empfängerseite übernimmt das dortige LTE den Datenstrom und verarbeitet zuerst die Management-Informationen. Da das Timing des synchronen SONET/SDH-Netzes höheren Anforderungen genügt als das asynchrone 10-Gigabit-Ethernet, kann das Empfänger-LTE auf eine Synchronisation verzichten. Es übergibt die Daten direkt an den PMD-Sublayer des Routers B, der die optischen Signale in elektrische umsetzt. Diese wandern als 16-Bit-Worte zum WIS-Sublayer, der die Management-Information überprüft und speichert. Anschließend liefert er 66-Bit-Worte an den PCS, der die Dekodierung vornimmt und den MAC-Layer aufruft. Dieser überprüft die CRC-Bits. Falls sie keine fehlerhafte Übertragung signalisieren, packt der MAC-Layer die Ethernet-Frames aus und übergibt das Paket zu guter Letzt der IP-Schicht des Routers B.

Ausblick

Die im Bereich der frühen 10-Gigabit-Ethernet-Aktivitäten engagierten Firmen haben sich in der 10-Gigabit-Ethernet-Alliance zusammengeschlossen. Ausgehend von den Gründungsmitgliedern 3Com, Cisco, Extreme Networks, Intel, Nortel, Sun und World Wide Packets organisieren sich dort mittlerweile etwa 100 Firmen aus allen Bereichen von der Lasertechnik bis zum Systemhersteller.

Bei der Betrachtung der Produkte lässt sich allenthalben feststellen, dass die Beschreibung des IEEE-802.3ae-Standards sinnvoll auf eine praktische Integration ausgerichtet ist. Die Hersteller der PHY implementieren die Datenströme bis zu 2,5 GBit/s durchgängig mittels kostengünstiger CMOS-Technologien. Dabei stellt die Realisierung in der momentan zur Verfügung stehenden 180-nm-Technologie zwar hohe, aber nicht unmögliche Anforderungen an den Chipentwurf.

Eine Reihe von Firmen hat - ausgehend von sehr frühen Prototypen - bereits erste Produkte angekündigt. Dazu zählen unter anderem Cisco mit 10GE-Modulen respektive Line-Cards für Catalyst-6500-Switches und Router der 7600-Serie sowie Enterasys mit 10-Gigabit-Erweiterungsmodulen für die Matrix-E1-Switch-Familie. Bei einem Kostenpunkt von beispielsweise 80.000 US-Dollar bei Cisco dürften zu den ersten 10-Gigabit-Ethernet-Kunden wohl vor allem MAN- und WAN-Carrier gehören. (jlu)