Chinesen Spitzenreiter im Networking

China - Soziale Webnutzung trotzt Zensur

Die restriktive Zensurpolitik der kommunistischen Regierung in China kann die eigene Bevölkerung offenbar nicht davon abhalten, sich ausgiebig an sozialen Medienangeboten im Internet zu beteiligen.

Wie ein aktuell vorgelegter Bericht des US-Marktforschungsinstituts Netpop Research zeigt, kommt dem sozialen Networking-Trend inzwischen eine enorme Popularität innerhalb der Reihen der chinesischen Internetnutzer zu, der die Gesellschaft des Landes in Zukunft entscheidend beeinflussen könnte. Der jüngsten Erhebung des Unternehmens zufolge sind an die 92 Prozent der User in China auf sozialen Webportalen wie etwa Facebook, Twitter oder Flickr aktiv. In puncto sozialer Internetaffinität übertreffen die durch die Zensurbemühungen der Regierung unter Druck gesetzten chinesischen Webnutzer damit sogar die entsprechenden Spitzenreiter in den westlichen Demokratien wie den USA, die in dieser Hinsicht mit lediglich 76 Prozent deutlich abgeschlagen auf die Plätze verwiesen werden.

"China steht auf unserer Liste der 'Feinde der Pressefreiheit' und 'Feinde des Internets'. Das Land bleibt mit 50 inhaftierten Bloggern auch weiterhin das größte Gefängnis für Internetdissidenten weltweit. Zwar hat die Zahl der inhaftierten Blogger in letzter Zeit leicht abgenommen, eine nachhaltige Verbesserung der Situation ist aber nicht in Sicht", stellt Anja Viohl, Pressereferentin der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen (ROG), im Gespräch mit pressetext fest. Der Organisation würden regelmäßig Fälle von Sperrungen von Webseiten und -portalen gemeldet. "Genau wie in den konventionellen Medien gibt es eine Reihe von Tabu-Themen, dazu gehören insbesondere der Alleinherrschaftsanspruch der Kommunistischen Partei, Tibet, der Taiwan-Konflikt, Proteste demokratischer Gruppen, das Gedenken an die Tiananmen-Proteste oder auch Berichte über Korruption sowie Amtsmissbrauch bei Staatsbeamten", fasst Viohl zusammen.

Trotz der kontinuierlichen Bemühungen der Regierung Chinas, jegliche öffentliche Kritik am eigenen Regime zu unterbinden und der Tatsache, dass regelmäßig ganze Webseiten und -portale blockiert werden, sei die Internetszene im Land sehr lebendig. "Die meisten Foren und Blogs berichten aber nach wie vor nicht kritisch zu sozialen oder politischen Themen, sondern befassen sich mit den täglichen Fragen des Lebens. Sie dienen der Unterhaltung und sprechen Lifestyle-Themen an", betont die ROG-Sprecherin. Kritische Internetnutzer würden sich aber gut auskennen, mit welchen Mitteln Zensur zu umgehen ist. "Oft werden Inhalte mit bestimmten Wörtern umschrieben oder mit Platzhaltern versehen, so dass sie an den Filtern zunächst vorbei laufen. Neue Softwareentwicklungen helfen zudem zum Teil, Nachrichtenkontrollen und Zensur im Internet zu umgehen", ergänzt Viohl.

Dass China weltweiter Spitzenreiter ist, was das Ausspionieren der Nutzung von neuen Informationstechnologien der eigenen Bürger betrifft, bestätigt ein bereits im Mai veröffentlichter Bericht des US-Security-Unternehmens Cryptohippie. Demnach hat eine Analyse von insgesamt 52 Nationen der Welt ergeben, dass die kommunistischen Staaten China und Nordkorea eindeutig das globale Negativ-Ranking in puncto Überwachung der eigenen Bevölkerung anführen. Überraschenderweise finden sich unter den Top-Ten aber auch Demokratien wie Großbritannien, die Vereinigten Staaten, Israel, Frankreich und sogar Deutschland. (pte/cvi)