TecChannel-Studie

Risikofaktor Windows XP - viele deutsche Firmen haben noch Handlungsbedarf

Am 8. April 2014 beendet Microsoft den Support von Windows XP. Doch noch längst nicht alle Unternehmen haben auf neuere Betriebssysteme migriert, wie eine aktuelle TecChannel-Studie belegt. Dabei birgt die weitere Nutzung des betagten Systems erhebliche Risiken und Kostenfallen.

Am 08. April 2014 ist Windows XP 4548 Tage auf dem Markt, ein für IT-Produkte außerordentlich langer Lebenszyklus. Das Betriebssystem erschien im Oktober 2001.

Schon seit einigen Jahren weist Microsoft auf das Support-Ende für Windows XP hin - in den letzten Monaten mit erheblichem Nachdruck. Dennoch läuft Windows XP in rund einem Viertel der kleinen und mittelständischen Firmen noch auf einem Teil der Rechner, in knapp fünf Prozent ist das veraltete Betriebssystem sogar noch im ganzen Unternehmen im Einsatz. Zu diesem Ergebnis kommt die TecChannel-Studie "Support-Ende für Windows XP". Hierfür wurden im März 2014 knapp 700 IT-Entscheider und IT-Spezialisten aus mittelständischen Unternehmen online befragt. Dazu passt Microsofts eigene Einschätzung: Insbesondere mittelständische Unternehmen hätten den Umstieg unterschätzt, betonte der Hersteller auf der CeBIT 2014.

In Großunternehmen sieht die Lage anders aus. Wie Microsoft ebenfalls auf der CeBIT bekannt gab, habe das Gros der Top-500-Geschäftskunden die Migration bereits abgeschlossen, lediglich 22 seien "noch nicht ganz fertig." Prominentes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist der Bundestag, hier seien ab April noch mehrere tausend Rechner der Bundestagsverwaltung und von Abgeordneten mit Windows XP im Einsatz.

Dass der Support für Windows XP endet, ist zumindest bekannt - mehr als 98 Prozent der befragten TecChannel-Leser gaben an, vom Supportende gehört zu haben. Knapp 40 Prozent der Unternehmen erklärten denn auch, nicht mehr Windows XP einzusetzen. Von diesen Firmen haben rund 88 Prozent schon auf eine neuere Windows-Version migriert. Der Umstieg klappte in den meisten Firmen offensichtlich relativ zügig, in 37 Prozent der Fälle genügten vier Wochen für die Migration. Allerdings haben sich auch 13 Prozent dieser Unternehmen über ein Jahr lang mit dem Umstieg beschäftigt.

Windows XP: Nicht alle haben Migrationspläne

Von den Unternehmen, die zum Zeitpunkt der Befragung noch XP einsetzten, wollten immerhin noch 32 Prozent bis zum 8. April auf eine aktuellere Windows-Version migrieren. Knapp 22 Prozent haben den Umstieg erst nach dem 8. April geplant. Erschreckend ist eine andere Zahl: Rund 27 Prozent haben eigenen Angaben zufolge derzeit keine Migrationspläne.

Diejenigen, die eine Migration noch vor sich haben, beurteilen den Zeitaufwand recht optimistisch - 55 Prozent gehen davon aus, den Umstieg innerhalb von vier Wochen zu bewältigen.

Wohin migrieren die Anwenderunternehmen? Diejenigen, die eine Migration noch vor sich haben, nennen einen klaren Favoriten: Windows 7. Rund 65 Prozent dieser Befragten wollen auf Windows 7 umsteigen. Lediglich 13 Prozent nennen Windows 8 oder 8.1 als Ziel der Migration. Und immerhin 21 Prozent gaben an, sich für eine andere Plattform wie etwa Linux zu entscheiden.

Von denjenigen, die auf eine neuere Windows-Version umsteigen, rechnen jeweils rund 30 Prozent mit einigen oder nur wenigen Problemen. Sehr viele unterschiedliche Probleme sehen 13 Prozent auf sich zukommen.

Security-Risiko Windows XP

Zwar wird Windows XP zum 8. April seinen Dienst nicht einstellen. Aber Microsoft stellt für das Uralt-System dann keine Sicherheitsupdates mehr zur Verfügung.

Wer nun meint, ein im Jahr 2001 veröffentlichtes System müsste mittlerweile so geflickt sein, dass es hält, unterliegt einem gefährlichen Irrtum. Die Sicherheitsbedrohungen entwickeln sich ständig weiter. So ist Windows XP ja auch noch bei den ersten Patch-Days im Jahr 2014 mit Updates dabei gewesen. Damit ist nach dem 8. April 2014 Schluss. Wer dann noch XP-Systeme im produktiven Einsatz hat, sollte sich schleunigst um eine Lösung des Problems kümmern. Man kann nur mutmaßen, wie sich die Bedrohungen für XP nach diesem Datum entwickeln - sicherer wird der Umgang damit in keinem Fall.

Benutzer von Windows XP sind meist mit Administrationsrechten unterwegs, dies ist die Standardeinstellung und oft auch ein Zugeständnis an bestimmte, häufig ältere Programme. Aus Sicherheitssicht ist das ein Anachronismus; potentielle Angreifer nehmen es wohlwollend zur Kenntnis. Warum niemand mehr mit veralteten Windows-Rechnern im Internet unterwegs sein sollte, verrät Ihnen der Beitrag Nicht ins Netz mit alten Systemen!

Apropos Internet: In Unternehmen ist meist der Internet Explorer der gesetzte Browser. Hier ist unter Windows XP beim längst nicht mehr zeitgemäßen Internet Explorer 8 Schluss, mittlerweile ist der IE11 verfügbar. So berücksichtigen auch Webentwickler immer weniger die veralteten Browser.

Die Nutzung von Windows XP im produktiven Einsatz ist inzwischen nicht nur aus Sicherheitsgründen ein gewagtes Spiel. Denn mit jeder neuen Version von Anwendungsprogrammen ist längst nicht mehr sichergestellt, dass diese in Zukunft noch einwandfrei mit XP funktionieren. Die Softwareanbieter können in Sachen Kompatibilität nicht mehr in jedem Fall Rücksicht auf Windows XP nehmen. Das gilt gleichermaßen für Treiber von Hardware, wie Drucker, Multifunktionsgeräte oder anderer Peripherie. Hier entsprechende Workarounds zu finden, kann die Kosten und den Aufwand für die IT in kaum kalkulierbare Höhen katapultieren. Nach Berechnungen von IDC verdoppeln sich die Betriebskosten für einen fünf Jahre alten Rechner mit Windows XP im fünften Jahr.

Hürden für eine Migration von XP auf eine modernere Plattform

Als größte Hürde für einen Umstieg auf ein anderes Betriebssystem beziehungsweise eine aktuellere Windows-Version nennen kleine und mittlere Unternehmen den Einsatz von Altanwendungen, die nur unter XP laufen. Dabei muss man übrigens nicht immer nur an komplexe Pakete von Drittherstellern denken, das gilt genauso für aufwendig entwickelte eigene Anwendungen - beispielsweise auf Basis von Access 2000.

Bremsklötze für einen Umstieg auf neuere Systeme sind darüber hinaus technische (29 Prozent) wie auch personelle (32 Prozent) Ressourcen. Darüber hinaus spielen die Kosten (33 Prozent) eine nicht unerhebliche Rolle.

Konkret nach Gründen gegen einen Umstieg befragt, nannten die Anwender relativ häufig die neue Bedienoberfläche oder Benutzerführung von Windows 8 und Office. Support, Schulung und Benutzerakzeptanz sind Faktoren, die hier bremsen. Inzwischen hat sich zumindest in Hinblick auf Windows 8 etwas getan. Wer den Startbildschirm mit Kacheloberfläche von Windows 8 nicht mag, bekommt diese unter Windows 8.1 nicht mehr zwangsweise zu Gesicht.

Wird die Benutzeroberfläche von Office erwähnt, lässt dies eigentlich nur einen Verdacht zu: Es ist häufig noch Office 2003 im Einsatz. Denn die Menübänder (Ribbon Bars) hat Microsoft ja bereits mit Office 2007 eingeführt. Anwenderunternehmen, die noch Office 2003 verwenden, dürfen sich in der Tat Gedanken machen, denn auch für diese Programmsuite endet der Support am 8. April 2014. Zudem dürfte der Datenaustausch mit anderen Unternehmen mit dieser Office-Version zunehmend schwierig werden.

Die bereits erwähnten Altanwendungen treiben die Unternehmen ebenfalls um, und verhindern einen Umstieg auf neuere Systeme. In der TecChannel-Studie ist beispielsweise von "unfähigen Softwarelieferanten" und fehlenden Freigaben durch Softwareanbieter die Rede. Gerade in vertikalen Märken sind oft spezielle Branchenanwendungen im Einsatz. Haben sich dessen Anbieter auch nach so langer Zeit nicht auf ein neueres Windows eingestellt, wird es für die Nutzer schwierig.

Windows XP: Gute Gründe für den Umstieg

Wie bereits erwähnt, ist eine höhere Sicherheit nur ein guter Grund, auf ein neueres Betriebssystem oder eine aktuelle Windows-Version umzusteigen. Für Windows 7 und Windows 8.1 sprechen auch die bessere Unterstützung neuerer Hardware, viele praktische Funktionen und Performance-Gewinne. Zudem sind die neueren Systeme weit besser für den Einsatz auf mobilen Rechnern geeignet.

Das deckt sich augenscheinlich mit den Erwartungen der Anwender. Von denjenigen, die den Umstieg noch vor sich haben, gab die Mehrheit an, dass sie sich eine höhere Sicherheit von einer neueren Windows-Version erwarte. Modernere Hardware einsetzen zu können und die bessere Unterstützung von mobilen Geräten erhoffen sich ebenfalls viele Anwender. Und last, but not least steht eine bessere Kompatibilität beim Datenaustausch mit anderen auf der Erwartungsliste.

Nichtsdestotrotz sind die Anwenderunternehmen offenbar mit Windows XP zufrieden beziehungsweise zufrieden gewesen. In der TecChannel-Befragung erklärten 39 Prozent der Firmen, die XP einsetzen oder eingesetzt haben, dass sie "sehr zufrieden" mit dem System gewesen seien. Knapp 46 Prozent waren "zufrieden". Angesichts einer derart langen Betriebsdauer ist das zumindest kein schlechtes Zeugnis. (mje)

Studiensteckbrief

Die Studie "Support-Ende für Windows XP" wurde von IDG Business Research Services exklusiv im Auftrag der IDG-Medienmarke TecChannel durchgeführt. Die Online-Befragung fand im Zeitraum 3. März bis 20. März 2014 statt. Die Grundgesamtheit setzt sich aus IT-Entscheidern und IT-Spezialisten aus überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen zusammen. Insgesamt beteiligten sich 695 Personen an der Befragung.

Windows XP: Richtig umsteigen und weitermachen

In den folgenden Beiträgen finden Sie zahlreiche Informationen, die Sie beim Umstieg auf ein anderes System unterstützen:

Microsoft stellt ebenfalls eine Reihe von Informationen zum Thema bereit:

Welche Folgen hat das Ende des Supports für Windows XP?

Was bedeutet es, dass meine Windows-Version nicht mehr unterstützt wird?