Frequenzen, Geschäftsmodell und Vertriebswege fehlen

Handy-TV steht in Deutschland vor dem Aus

Mobiles Fernsehen auf dem Handy auf Basis des Standards DVB-H schlittert in Deutschland offenbar erneut in eine tiefe Krise. Wie die Financial Times berichtet, steht auch der zweite Versuch, Fernsehbilder auf Mobiltelefone zu bringen, knapp vor dem Scheitern. Der Grund dafür liegt in den fehlenden Frequenzen in vier Bundesländern, die Verhandlungen stocken.

Deshalb sei der kommerzielle Start 2009 ernsthaft gefährdet, berichtet ein Insider der Zeitung. Neben den Frequenzen würden dem Betreiberkonsortium Mobile 3.0 zudem Vertriebswege sowie ein Geschäftsmodell fehlen.

Bereits der erste Versuch, TV-Programme auf Handys zu übertragen ist in Deutschland gescheitert. DMB war der Name der Technologie und der Betreiber hat sein Programm "Watcha" mittlerweile eingestellt. Grund dafür war unter anderem auch die Standarddiskussion zwischen DMB und DVB-H, aus der letzterer als Sieger hervorging - vor allem auch deshalb, weil die Technologie mehr Übertragungsmöglichkeiten erlaubte. Die nun auftretenden Verzögerungen bei der Frequenzzuteilung bedrohen aber jetzt die kommerziellen Chancen des DVB-H-Vorhabens.

Als weiteres Hindernis erweist sich die Tatsache, dass es bei Mobile 3.0 noch keine genauen Geschäftsmodelle gibt. Der Vertriebsweg ist ebenso wenig konkret wie mögliche Zusatzdienste, die Kunden zur Zahlung von Abogebühren überzeugen sollen. Denn vor allem hier liegt ein großer Stolperstein für das kostenpflichtige Ausstrahlen von TV-Programmen. Schließlich müssen auch Mobilfunker mit ins Boot geholt werden, um eine breite Masse von Handykunden ansprechen zu können. Allerdings sei es hier noch zu keinen Gesprächen gekommen, berichteten Insider. Bei Vodafone hat man sich von mobilem TV via DVB-H sogar schon verabschiedet.

In Österreich startete der DVB-H-Betreiber Media Broadcast rechtzeitig vor der Euro 2008 mit der Ausstrahlung seines Programms. Mit im Boot waren von Anfang an die Mobilfunker 3 sowie One. Die mobilkom austria ist nach anfänglichem Zögern schließlich auch noch auf den DVB-H-Zug aufgesprungen. "Wir wollen damit die Ansprüche unserer Kunden zufriedenstellen und bieten daher auch mobiles Fernsehen über den DVB-H-Standard an", begründete mobilkom-Sprecher Werner Reiter die Entscheidung gegenüber pressetext. Das Fernsehpaket von den österreichischen Mobilfunkbetreibern kann um neun Euro monatlich erworben werden. Bis Ende des Jahres werben die Provider mit kostenlosem Service.

Dass DVB-H jedoch nicht der Standard für HandyTV ist, mit dem alle Kunden zufriedengestellt werden, weiß man auch bei der mobilkom und bietet daher wie auch deutsche Mobilfunker Handys, die kostenloses Fernsehen über DVB-T empfangen. Der Übertragungsstandard hat gegenüber DVB-H einige technische Nachteile. So kann beispielsweise die Interaktivität nur über die eigens für das Handy entwickelte Technologie realisiert werden. Die Bilder sind bei DVB-H extra für die Darstellung auf kleinen Displays angepasst, der Empfang beispielsweise auch in Autos ruckelfrei möglich. Zudem werden deutlich mehr TV-Kanäle ausgestrahlt. Das Kostenargument spricht jedoch für DVB-T. Laut einer Studie des Unternehmensberaters Accenture seien überhaupt nur 17 Prozent der Mobilfunkkunden bereit, mobiles Fernsehen zu nutzen. (pte/hal)