Ausgebremste Karriere

Wenn der neue Job in der Sackgasse endet

Drei Mal entlassen in sechs Jahren

Maik Diemer dagegen würde seinen Heimathafen im hessischen Friedberg gern seltener sehen. Der Betriebswirt verlor 2008 in Folge einer Umstrukturierung nach elf Jahren seinen Job als Geschäftsführer der deutschen Niederlassung eines Industriedienstleisters. Nach fast einem Jahr erzwungener Auszeit nahm er die Geschäftsführerstelle bei einem mittelständischen Verpackungshersteller an, obwohl er wusste: Dessen Inhaber hat in vier Jahren drei Geschäftsführer verschlissen. Fortan pendelte Diemer zwischen dem Wohnort seiner Familie und dem 300 Kilometer entfernten Standort des Unternehmens hin und her. Was weder ihm noch seiner Frau etwas ausmachte.

Doch circa 15 Monate später stand Diemer erneut auf der Straße - aufgrund persönlicher Differenzen mit dem 74-jährigen Firmeninhaber. Es folgte eine weitere erzwungene Auszeit von über einem Jahr, bevor Diemer Geschäftsführer bei einem Startup in Niedersachsen wurde. Also pendelte er erneut. Bis er circa 1,5 Jahre später wieder auf der Straße stand. Dieses Mal, weil er sich mit der Private-Equity-Gesellschaft, die das Start-up finanzierte, über dessen Strategie uneins war. Und seitdem hat Diemer ein echtes Problem. Wenn er sich irgendwo als Geschäftsführer vorstellt, kann er in den Augen seiner Gesprächspartner regelrecht die Frage lesen: Warum wurde der in nur sechs Jahren drei Mal entlassen? Dass er zuvor elf Jahre erfolgreich Geschäftsführer bei dem Industriedienstleiter war, nehmen seine potenziellen Arbeitgeber gar nicht mehr wahr. Er ist in ihren Augen "verbrannt". Seine Einstellung wäre in ihren Augen mit zu hohen Risiken verbunden. Deshalb ist er für sie, wenn es um das Besetzen einer Geschäftsführerstelle geht, maximal noch zweite Wahl.

Vorschnelle Jobwahl

Diemer machte zwei Mal denselben Fehler. Trotz finanzieller Absicherung nahm er vorschnell eine Stelle an. Bei ihm hätten alle Alarmglocken schrillen müssen, als er erfuhr, dass der Inhaber des mittelständischen Unternehmens vor ihm in vier Jahren drei Geschäftsführer entlassen hatte. Solche Bedenken wischte Diemer mit dem Hang zur Selbstüberschätzung, den viele Top-Manager haben, beiseite und dachte: Ich schaffe das schon. Ähnlich war es, als die Private-Equity-Gesellschaft ihn bereits im Auswahlverfahren mit völlig unrealistischen Erwartungen bezüglich der Entwicklung des Startups konfrontierte. Auch da hätten die Alarmglocken schrillen müssen. Doch Diemer dachte vermutlich: Wenn ich erst mal da bin, zeige ich denen, wie der Hase läuft.

Dass Diemer die Stellen annahm, ohne die Pros und Contras sauber abzuwägen, hatte auch folgenden Grund: Jedes Mal, wenn er arbeitslos oder freigestellt zuhause saß, fing es in seiner Ehe an zu kriseln. Seine Frau nervte es rasch, dass sie ihren Mann, den sie zuvor nur am Wochenende sah, plötzlich täglich von morgens bis abends um sich hatte. Zudem mischte er sich in Haushaltsführung und Kindererziehung ein. Das führte zunehmend zu Streitereien. Auch deshalb nahm Diemer sozusagen die erstbeste Stelle an.

Inzwischen ist Diemer erneut seit über zwei Jahren arbeitslos. Deshalb gründete er "als Beschäftigungstherapie" ein Beratungsunternehmen. Denn dass ihn noch einmal ein größeres Unternehmen zu seinen Konditionen als Geschäftsführer einstellt, diese Hoffnung hat er fast aufgegeben. Und das tägliche Joggen und Tennisspielen? Das hat ein Macher wie er schnell satt.