Cloud Lock-in

Was SaaS-Kunden beachten sollten

Skeptiker argumentieren häufig, dass bei Cloud-Diensten eine zu hohe Abhängigkeit zum Provider bestehe. Doch der “Vendor Lock-in” bringt nicht nur Nachteile mit sich – und ist in der Cloud eigentlich nicht riskanter als bei klassischen On-Premise-Lösungen.

Wenn es um die Akzeptanz von Cloud Computing und SaaS geht, beschweren sich Unternehmen häufig darüber, dass hier eine zu große Abhängigkeit zum Provider bestehe. Das nennt man "Vendor Lock-in". Im Allgemeinen bezieht sich der Lock-in auf die Situation, in der es für ein Anwenderunternehmen schwierig oder unwirtschaftlich ist, vor allem aufgrund hoher Wechselkosten beziehungsweise eines erheblichen Migrationsaufwands, einen Anbieter zu wechseln. Die Diskussion ist sicherlich berechtigt. Schließlich ist es kein leichtes Unterfangen, Daten aus einer Cloud-Anwendung wieder heraus zu bekommen. Doch ist der Lock-in-Effekt im Bereich Cloud Computing wirklich so kritisch beziehungsweise kritischer als bei klassischen On-Premise-Lösungen?

Effizientes Kundenbindungsinstrument

Einen Lock-In zu kreieren stellt eigentlich ein klassisches Strategieinstrument von Anbietern dar, das in allen Branchen genutzt wird, um Kunden ans Unternehmen zu binden. Apple dient dabei als Paradebeispiel. Die Jobs-Company macht es ihren Kunden nämlich möglichst schwer, auf einen anderen Anbieter zu wechseln. Dies erfolgt allerdings nicht auf Basis von Knebelverträgen, sondern durch ein gutes Preisleistungsverhältnis, Innovation und die exzellente Benutzererfahrung, für die Apple bekannt ist. iPhone-Besitzer, die beispielweise einen Wechsel auf Android in Betracht ziehen, müssen unter anderem bedenken, dass sie sämtliche Apps, die sie auf ihr iPhone installiert, alle Songs, die sie über iTunes erworben, alle E-Bücher, die sie iniBooks Storegekauft haben, etc. gegebenenfalls erneut kaufen müssten. Mit Features wie der in der neuesten Version von Mac OS X, Yosemite, und iOS 8 eingeführten Funktion "Handoff" versucht die Jobs-Company, diesen Lockin-Effekt noch weiter zu stärken. Dank dieses innovativen Feature können Nutzer eine Aktivität auf einem Gerät anfangen und auf einem Anderen nahtlos fortführen. Und dies funktioniert selbstverständlich ausschließlich mit Apple-Geräten - man benötigt sogar einen iCloud-Account.

Lock-in bringt nicht nur Nachteile

Nach Ansicht des Cloud-ExpertenRené Büst, der als Senior Analyst und Cloud Practice Lead beim AnalystenhausCrisp Researchaus Kassel tätig ist, sei ein Lock-in zwangsläufig nichts Schlechtes. "Eigentlich lieben wir ihn. Uns ist es meistens nur nicht bewusst. Darüber hinaus leben wir seit Jahrzehnten und jeder von uns sogar tagtäglich damit",schreibt Büst im Crisp-Blog. Ein Lock-in sei nicht zu umgehen, er sei immer vorhanden, betont der Experte. Wie im Apples Beispiel kann er sogar einige entscheidende Vorteile bieten, etwa "Innovationen schaffen, von denen man als vermeintlicher 'Sklave' partizipiert". Die Anbieter würden zudem ständig Verbesserungen ausrollen, von denen die Kunden profitieren können. "Der Lock-in ist gut, solange er genau den Zweck erfüllt, der erwartet wird", bringt es der Crisp-Analyst auf den Punkt.

Wie John Zanni, Vice-President Service-Provider-Marketing and -Alliances bei Parallels,erklärt, entscheiden sich viele Unternehmen für ein Service-Paket von einem einzigen Cloud-Dienstleister, weil sie auf wichtige Vorteile wie etwa Single-Sign-on, eine Gesamtrechnung, integrierte Services, ein einheitlicher Support oder eine einheitliche Benutzeroberfläche nicht verzichten wollen. Für solche Extras nehmen Unternehmen gerne einen Vendor-Lock-in - und die damit verbundenen hohen Kosten im Falle eines Anbieterwechsels - in Kauf. "Als Unternehmen lässt man sich nach der Entscheidung für einen Anbieter bewusst auf den Lock-in ein", ergänzt Büst.