Vier-Königs-Treffen

Schreiben oder Lesen: Geschwindigkeit ist Trumpf

Ganz gleich wofür ein Server im Netzwerk eingesetzt wird - beim Lesen, Schreiben und Versenden von Dateien über das Netz muss die Leistung stimmen. Für den Test wurden zwei Benchmark-Suiten entwickelt, um jedes NOS hinsichtlich dieser beiden Kriterien zu bewerten. Als Tribut an die Wirklichkeit berücksichtigten die Benchmark-Tests auch die jeweils unterschiedlichsten Server-Bedingungen (Kasten "Testparameter").

Spitzenergebnisse bei zwei Dritteln der File-Tests und hervorragende Platzierungen bei den Netzwerktests machten Netware zum unumstrittenen Sieger der Performance-Benchmarks. Red Hat Linux verbuchte das zweitbeste Gesamtergebnis bei der File-Leistung und überrundete Netware sogar bei File-Tests mit geringen Lese- und Schreiblasten. Probleme gab es jedoch bei großen Arbeitslasten, das heißt bei Tests mit über 100 Anwendern. Bei größeren Benutzerlasten unterbrach Linux des öfteren den Service für File-Abfragen und startete kurz darauf von neuem.

Windows 2000 erzielte bei allen File-Tests eine schwache Schreibleistung, die nur etwa zehn Prozent der Leseleistung betrug. Nach Rücksprache mit Microsoft und Client/Server-Solutions, dem Hersteller des verwendeten "Benchmark Factory Testtools", kamen nur zwei Ursachen für diese schwache Schreibleistung in Frage: Eine Möglichkeit war ein mögliches Performance-Problem mit dem SCSI-Treiber für die im Test eingesetzte Hardware; diese Annahme ließ sich allerdings nicht überprüfen. Weitaus bedeutsamer war jedoch eine Eigenheit der eingesetzten Test-Software. Benchmark Factory schickt in jeder Schreibabfrage ein "Write-Through Flag", das den Server gegebenenfalls zu einem Cache-Update veranlasst und dann einen Schreibvorgang auf die Festplatte erzwingt. Bei diesem Schreibvorgang wird der Schreib-Call freigegeben, damit die nächste Abfrage abgeschickt werden kann.

Auf den ersten Blick schien die schwache Schreibleistung von Windows 2000 darauf hinzudeuten, dass es als einziges Betriebssystem dieses "Write-Through Flag" berücksichtigt. Deshalb wurde das Flag deaktiviert und eine zweite Serie Schreibtests durchgeführt.

Nun lag die Schreibleistung von Netware um 30 Prozent höher - ein sicherer Beweis dafür, dass Novell das "Write-Through Flag" tatsächlich berücksichtigt. Bei diesem NOS wird also bei jeder Schreibabfrage das Flag gesetzt. Ist dies nicht der Fall, gestaltet Netware das Schreiben auf die Festplatte wesentlich effizienter, indem es aufeinanderfolgende Datenblöcke auf dem Cache stapelt und sie alle gemeinsam auf die Festplatte schreibt. Auch Red Hat Linux erzielte eine um 10 bis 15 Prozent höhere Schreibleistung, wenn das "Write-Through Flag" abgestellt war. Eine Prüfung des Samba-Filesystem-Codes ergab, dass auch er das Flag berücksichtigt. Für das Schreiben auf die Festplatte sucht er sich dann einen optimalen Zeitpunkt während der Lese-/Schreibsequenz.

Diese zweite File-Test-Serie zeigte ganz klar, dass Windows 2000 die Schreibleistung nur mit Hilfe seines Filesystem-Cache optimieren kann. Die Testergebnisse bei deaktiviertem Flag fielen wesentlich besser aus - teilweise um das Zwanzigfache. Trotzdem konnte Windows 2000 auch hier nicht mit Netware und Red Hat Linux gleichziehen. Für SCOs Unixware gehört die Berücksichtigung des "Write-Through Flags" zum Standard, denn sein Journaldateisystem maximiert von Natur aus die Integrität der Daten durch das Schreiben auf Festplatte bei allen Schreibabfragen. So hatte das Aktivieren beziehungsweise Deaktivieren des Flags kaum Auswirkungen auf die Testresultate. Für den Netzwerk-Benchmark wurden zwei Tests entwickelt: Der lange TCP-Transaktionstest ermittelte, welche Bandbreite jeder Server aufrechterhalten kann, während der kurze TCP-Transaktionstest prüfte, wie sich der Server angesichts zahlreicher Netzwerk-Sessions mit kleinen Filetransaktionen verhielt. Trotz einer schwachen Vorstellung beim File-Benchmark ging Windows 2000 als Sieger aus dem langen TCP-Transaktionstest hervor. Es verfügt als einziges NOS über einen Multithreaded-IP-Stapel und kann daher für Netzwerkabfragen mehrere Prozessoren nutzen. Novell und Red Hat arbeiten nach eigenen Angaben daran, diese Fähigkeit in ihre Produkte zu integrieren. Netware und Linux verzeichneten auch bei den TCP-Tests als Zweit- und Drittplatzierte gute Ergebnisse. Netware war klarer Sieger des kurzen TCP-Transaktionstests. Das Linux-System kam auf den zweiten Rang, obwohl es den vorzeitigen Abbruch von TCP-Verbindungen nicht unterstützt. Unsere Test-Software, Chariot von Ganymede Software, nutzt bei ihren TCP-Tests den vorzeitigen Abbruch von TCP-Verbindungen. Dabei handelt es sich um eine Methode, mit deren Hilfe das Betriebssystem eine TCP-Verbindung extrem schnell beenden kann.