Echtzeitkommunikation

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für WebRTC

Lustige Effekte mit HTML 5 und WebRTC

Mit GetUserMedia lassen sich nicht nur eigene Fenster für Videochats erstellen, sondern auch lustige Effekte.
Mit GetUserMedia lassen sich nicht nur eigene Fenster für Videochats erstellen, sondern auch lustige Effekte.
Foto: Klaus Hauptfleisch (Screenshot)

Eine der Anwendungen, die für den meisten Spaß mit HTML5 und WebRTC sorgen können, sind die lustigen Effekte, die die getUserMedia API als einer der möglichen Browser-zu-Browser-Datenkanäle im JavaScript zulässt. Der Warholiser zum Beispiel teilt das Bild der eingebauten Notebook-Kamera in vier Ansichten mit den Farben rot, grün, blau und gelb auf. Facekat ist ein Spiel, bei dem man durch Kopfbewegungen vor der Kamera versuchen muss, durch ein virtuelles Universum zu manövrieren, ohne mit einem der Sterne zu kollidieren. Wer es mag, kann sich und seine Chat-Freunde sogar in einem reinen ASCII-Schema anzeigen lassen, wie Manager von Google Chrome in einem bei Youtube zu sehenden WebRTC-Video vorführten.

Abgesehen davon, dass diese Gimmicks einen WebRTC-fähigen Browser voraussetzen, wird man auch immer gefragt, ob das dahinter liegende JavaScript auf die Kamera oder auch auf das Mikrofon des Notebooks zugreifen darf. Dennoch besteht die Gefahr, dass man durch getUserMedia() ständig beobachtet werden kann. Das ist wohl mit ein Grund, dass das W3C die WebRTC-Spezifizierungen noch nicht abgeschlossen hat.

Auf Basis der getUserMedia-Funktionen von WebRTC wurde zusammen mit Disney auch die Aufnahmefunktionen aus dem Chrome-Experiment "Der magische Weg nach Oz" entwickelt, über die man sich praktisch selbst ins Multimedia-Vergnügen begeben kann.

Spaß beiseite - zum Geschäftlichen

Aber Schluss mit lustig, mit Spiel und Spaß, schließlich handelt es sich bei Computerwoche um ein B2B-Magazin, obwohl die Filmindustrie natürlich auch irgendwie Business ist, die erwachte Gaming-Industrie ebenso.

Wie im Begriff Web Real Time Communication schon andeutet, geht es bei WebRTC in erster Linie um Kommunikation über den Webbrowser, von manchen Anbietern auch mit Unified Communications & Collaboration (UCC) umrissen. Dabei kann getUserMedia auch fernab jeglicher Spielerei genutzt werden, um multimediale Inhalte darzustellen und sie dann für Video- und Webkonferenzen Peer-to-Peer zu übertragen.

Um WebRTC-Videochats auszuprobieren, bietet sich ein Demo von Broadsoft an. Der Autor (Fenster unten) hat es versucht. Voraussetzung ist jedoch eine WebRTC-fähige Browserversion.
Um WebRTC-Videochats auszuprobieren, bietet sich ein Demo von Broadsoft an. Der Autor (Fenster unten) hat es versucht. Voraussetzung ist jedoch eine WebRTC-fähige Browserversion.
Foto: Klaus Hauptfleisch (Screenshot)

Viele der auf WebRTC-Veranstaltungen gezeigten Demos seit 2012 haben hier und da gehakt, aber ein wesentliches Elemente ist, dass sich das Fenster der Gegenseite oder weiterer Kommunikationspartner unabhängig von den aufgerufenen Webseiten schwebend festhalten lässt. Ein weiterer Pluspunkt ist die Möglichkeit, aus der jeweiligen Webseite heraus dem Gegenüber Multimedia-Inhalte und zum Beispiel über den Internet Explorer beliebige Dateien zukommen zu lassen. Etablierte Videokonferenz-Anbieter haben das über mehr oder weniger propriertäre Lösungen auch zustande gebracht, aber Polycom zum Beispiel hat mittlerweile auch WebRTC für sich entdeckt.

Auch wenn die Qualität der Videochats hier und da eingeschränkt ist, können die übertragenen zusätzlichen Informationen in hoher Auflösung und dank neuer Technologien in großen Datenmengen blitzschnell übertragen werden. Wie und über welche technischen Mechanismen, welche der WebRTC-Standard übrigens wie das Signalling bewusst offen lässt, das zu erklären, würde hier zu weit führen.

Session Traversal Utilities for NAT und Traversal Using Relays around NAT (STUN und TURN) dienen zum Durchdringen von Firewalls und NAT-Routern. Meist reichen die günstigen STUN-Server, wenn nicht leitet das ICE-Protokoll zu TURN-Servern über.
Session Traversal Utilities for NAT und Traversal Using Relays around NAT (STUN und TURN) dienen zum Durchdringen von Firewalls und NAT-Routern. Meist reichen die günstigen STUN-Server, wenn nicht leitet das ICE-Protokoll zu TURN-Servern über.
Foto: Estos/Google

Nur soviel: Um über Unternehmensgrenzen und verschiedene Plattformen hinweg auf Basis offener Standards wie SIP oder XMPP sowie über sichere Protokolle miteinander kommunizieren zu können, sind zur Umgehung von NAT und Firewalls sogenannte STUN- und TURN-Server erforderlich. Welche eingesetzt werden, das regelt das ICE-Protokoll. Federation heißt das Zauberwort. Was dahinter steckt, das erklärt der Starnberger Softwarehersteller Estos, der mit der im Mai herausgebrachten WebRTC-basierten UCC-Lösung ProCall 5 Enterprise zu den ersten Anbietern gehört, der Federation optional unterstützt.

Estos: Via Federation auch mobil erreichbar

Dank STUN und TURN bietet Estos ProCall 5 auch die Federation-Funktion für Videochats und Webkonferenzen über alle Firmen- und Browsergrenzen hinaus.
Dank STUN und TURN bietet Estos ProCall 5 auch die Federation-Funktion für Videochats und Webkonferenzen über alle Firmen- und Browsergrenzen hinaus.
Foto: Estos

In einem Video zeigen die Starnberger UC-Spezialisten die Situation, dass der externe IT-Dienstleister ständig unterwegs und nicht erreichbar war, sein ausbleibendes Go für ein wichtiges Projekt aber viel Zeit und Geld kostete. Man hat ihn dann in die Federation-Liste aufgenommen, über die man mit einem Klick sehen kann, ob er am Arbeitsplatz, unterwegs oder mobil erreichbar ist. Mit der ProCall Mobile App konnte er dann tatsächlich auf dem Handy "erwischt werden".

Weitere Anwendungsszenarien finden sich bei Estos auf der Homepage oder in Webinars viele. Ein Kunde, der ProCall Enterprise einsetzt, ist das Autohaus mit rund 100 Mitarbeitern und 55 Estos-Arbeitsplätzen auf drei Filialen verteilt. Herausforderung war die Einbindung der Audi- und VW-Datenbank an allen drei Standorten. Das erfolgt über das MetaDirectory von Estos.

Eine Mitarbeiterin hat der Computerwoche zwei andere Anwendungsbeispiele genannt: Ein Bankkunde findet nie Zeit für ein Beratungsgespräch bei seinem Institut. Dank der von WebRTC unterstützten Peer-to-Peer-Verbindung zwischen zwei Browsern können Berater und Kunde zusammenkommen, theoretisch sogar ohne, dass der Chef oder die Kollegen etwas davon mitbekommen. Schließlich ist ja kein Firmennetz dazwischengeschaltet. Das ist natürlich als zweites Beispiel auch bestechend für Headhunter. Ob die Kontakte wie bei Estos' ProCall 5 Enterprise in einem eigenen Fenster angezeigt oder direkt aus dem Browser aufgerufen werden, ist dabei eigentlich unerheblich.

Estos im Gespann mit Logitech und Plantronics

Bei der Suche nach starken Partnern für die Hardware hat sich Estos bewusst für die bekannten Hersteller Logitech und Plantronics entschieden, zumal diese auch Unternehmenslösungen anbieten.
Bei der Suche nach starken Partnern für die Hardware hat sich Estos bewusst für die bekannten Hersteller Logitech und Plantronics entschieden, zumal diese auch Unternehmenslösungen anbieten.
Foto: Estos

"Durch WebRTC wird der Browser zum Kommunikationsendpunkt" mit vielfältigen Integrationsmöglichkeiten dank HTML5-basierter Technologien, hebt Estos die Vorzüge der Peer-to-Peer-Echtzeitkommunikation hervor. Um mit ProCall 5 Videochats in hoher Auflösung und guter Klangqualität führen zu können, bedürfe es neben eines WebRTC-fähigen Browsers auch Headset und Webcam. Die in Notebooks, Tablets oder Smartphones eingebauten Module bieten meist nicht die geforderte Qualität.

Voyager Legend UC heißt das neue Flaggschiff der Bluetooth-Headsets von Plantronics, über das sich auf Knopfdruck auch WebRTC-Gespräche annehmen lassen.
Voyager Legend UC heißt das neue Flaggschiff der Bluetooth-Headsets von Plantronics, über das sich auf Knopfdruck auch WebRTC-Gespräche annehmen lassen.
Foto: Plantronics

Da Estos in erster Linie KMUs von fünf bis maximal 2.500 Mitarbeiter adressiert, haben die Starnberger sich bewusst für Logitech und Plantronics als Partner entschieden, da diese über die Consumer-Produkte einen großen Bekanntheitsgrad genießen, aber auch Lösungen für den Unternehmenseinsatz im Portfolio haben. Estos hat mit den beiden Peripherieherstellern auf der CeBIT 2014 ProCall 5 Enterprise präsentiert. Logitech hat die Full-HD-fähige ConferenceCam CC 3000e eingebracht, Plantronics unter anderem das Bluetooth Headset Voyager Legend UC, das für UC- und WebRTC-Anwendungen Sprachbefehle unterstützt und die Rufannahme auf Knopfdruck erlaubt. Im Entwicklerforum Plantronics Developer Connection stellt der amerikanische Hersteller unter anderem ein kostenloses Software Developer Kit (SDK) zur Verfügung sowie Informationen, wie sich die Headsets nahtlos in WebRTC-Umgebungen integrieren lassen.