Kritiker sehen Risiko in zentraler Datenspeicherung

Urteil über staatliches Spionieren in NRW erwartet

Am heutigen Mittwoch wird in Karlsruhe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Online-Durchsuchung erwartet.

Das Gericht wird damit entscheiden, ob Online-Durchsuchungen von Rechnern mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Mit Spannung erwarten Insider vor allem, welche Einschränkungen den staatlichen Spionen auferlegt werden, sollte das betroffene Verfassungsschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen durch das Urteil nicht ganz gekippt werden. Die Kritiker der Durchsuchungsambitionen vonseiten staatlicher Einrichtungen zeigen sich derzeit noch betont zuversichtlich. "Wir haben die begründete Hoffnung, dass das Gesetz in NRW den Verantwortlichen um die Ohren geschmissen wird", wettert Joachim Jakobs, Sprecher der Free Software Foundation Europe und der Initiative Privatsphäre.org, im Gespräch mit pressetext.

Der Einsatz von Trojanern, die Privatrechner heimlich durchsuchen, wird auf Bundesebene zur Terrorabwehr diskutiert, eine entsprechende Gesetzesnovelle wird vom Innenministerium bereits vorbereitet. Politikexperten gehen davon aus, dass weitere Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz und die Landespolizeien die Online-Durchsuchung anwenden wollen, sobald dazu aus Karlsruhe grünes Licht kommt. Neben der Abwehr von Gefahren könnte dann auch bei der Ermittlung von bereits verübten Straftaten der staatliche Trojaner zum Einsatz kommen.

Für Jakobs steht unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in Karlsruhe schon fest, dass der Staat weiterhin versuchen wird, die Rechte der Bürger kontinuierlich auszuhöhlen. "Der Staat häuft bereits jetzt einen enormen Datenberg an, dessen Auswertung und Verwendung von einigen Gruppen vorgenommen und auch missbraucht werden kann." Diese Masse an Daten entsteht durch Videoüberwachung, Vorratsdatenspeicherung, die elektronische Gesundheitskarte, die LKW-Maut, die Genomdatenbank, das zentrale Melderegister, die zentrale Steuernummer, die Buchungsdaten von Flügen, der biometrische Personalausweis und die Bankdaten. "Dadurch lassen sich nicht nur Bewegungsprofile sondern auch Konsumgewohnheiten, Kommunikationspartner, Vorlieben und Abneigungen, finanzielle Verhältnisse, biometrische Merkmale und ihr Gesundheitszustand von Millionen Menschen personalisiert auswerten", warnt Jakobs.

Hauptkritikpunkt ist für Jakobs die zentrale Speicherung: "Wir treten klar für eine dezentrale Aufbewahrung von personenbezogenen Informationen ein." So sollen die Menschen beispielsweise ihre Gesundheitsdaten selbst aufbewahren, wodurch diese besser geschützt seien und sich der Staat nicht zusätzlich unnötigen Angriffsrisiken aussetzt. Jakobs zeichnet ein düsteres Bild: "Der Staat muss damit rechnen, dass die Mitarbeiter einer solchen Erhebungseinrichtung versuchen, Kapital aus den Daten zu schlagen. Es muss außerdem die Möglichkeit in Erwägung gezogen werden, dass Kriminelle, womöglich gar aus Drittstaaten, versuchen, an diese Informationen heranzukommen, sie löschen oder blockieren und dadurch versuchen, die Behörden zu erpressen." (pte/mje)