Ultraschnelle Ladungsträgerdynamik in Halbleiter-Nanostrukturen

Ultraschnelle Laserspektroskopie

Das detaillierte Verständnis und die zukünftige Weiterentwicklung der Halbleiter-Elektronik erfordern ein präzises Verständnis der Dynamik von Ladungsträgern in Halbleiter auf Zeitskalen von Piko- und Femtosekunden (1 Femtosekunde = 10-15 Sekunden). Solche Messungen sind mit elektronischen Methoden prinzipiell nicht möglich. Stattdessen bedient man sich optischer Methoden und Konzepte, die durch eine Analogie zur Fotografie verdeutlicht werden können: Will man ein fotografisches Abbild eines sich schnell bewegenden Objekts erzeugen, verwendet man ein Stroboskop. Dieses sendet Lichtblitze von typisch einigen Mikrosekunden (1 Mikrosekunde = 10-6 Sekunden) aus und „friert“ damit scheinbar einen kurzen Moment eines schnellen Ablaufs ein. Die Zeitauflösung ist durch die Dauer des Lichtblitzes bestimmt. In ähnlichem Sinne werden ultrakurze Lichtimpulse aus Femtosekunden-Lasern in der physikalischen Grundlagenforschung dazu verwendet, die schnellsten Prozesse in Halbleitern oder auch biologischen Systemen zu untersuchen. Folgende Abbildung stellt die historische Entwicklung der dabei im sichtbaren und nahinfraroten Spektralbereich erreichten Lichtimpulsdauern sowie Beispiele für ultraschnelle Prozesse in der Natur dar. Bereits wenige Jahre nach dem ersten Laser 1960 (der Begriff Laser wurde aus dem engl. „Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation“ geprägt) wurde es möglich, Lichtimpulse von unter 10-9 Sekunden Dauer zu erzeugen.

Historische Entwicklung der kürzesten realisierten Laserimpulse sowie ein Vergleich mit relevanten Zeitskalen in verschiedenen Bereichen der Physik. Von oben nach unten: Schaltzeit eines kommerziellen Halbleiter- Bauelements, Flüssigkeitstransport durch eine Zellmembran, Reaktionszeit der Retina im menschlichen Auge, Lichtschwingungsdauer im sichtbaren Spektralbereich. (Quelle: Bayerische Akademie der Wissenschaften)
Historische Entwicklung der kürzesten realisierten Laserimpulse sowie ein Vergleich mit relevanten Zeitskalen in verschiedenen Bereichen der Physik. Von oben nach unten: Schaltzeit eines kommerziellen Halbleiter- Bauelements, Flüssigkeitstransport durch eine Zellmembran, Reaktionszeit der Retina im menschlichen Auge, Lichtschwingungsdauer im sichtbaren Spektralbereich. (Quelle: Bayerische Akademie der Wissenschaften)

In den 1970er Jahren wurden erstmals Experimente mit Femtosekunden-Lichtimpulsen demonstriert. Seit dieser Zeit ist die Zeitauflösung optischer Messmethoden der elektronischer Verfahren um einige Größenordnungen überlegen. Mit Hilfe von ultraschnellen Lichtimpulsen lassen sich auch biologisch relevante Prozesse direkt zeitaufgelöst untersuchen: So findet beispielsweise die erste Reaktion der Retina im menschlichen Auge auf einen Lichtreiz bereits nach einigen hundert Femtosekunden statt (siehe obige Abbildung).

Heutzutage sind Laserquellen mit Impulsdauern von wenigen Femtosekunden auch kommerziell erhältlich und haben verbreitet Anwendungen in der Grundlagenforschung und in angewandten Bereichen wie der Materialbearbeitung gefunden. Es ist instruktiv, die Zeitskala von Femtosekunden durch eine Umrechnung auf Längeneinheiten zu veranschaulichen: Während Licht für die Strecke vom Mond zur Erde (ca. 380.000 km) etwas mehr als eine Sekunde benötigt, legt es in einer Zeit von 10 Femtosekunden nur einen Weg von 3 Mikrometern zurück, also der typischen Ausdehnung einer menschlichen Zelle. Vergleicht man diese Länge mit der Wellenlänge sichtbaren Lichts (von 400 Nanometer für blaues bis zu 750 Nanometern für rotes Licht), so wird klar, dass diese ultrakurzen Lichtblitze nur noch wenige Lichtschwingungen enthalten. Die entsprechenden Lichtimpulse sind in ihrer Dauer damit nahe am theoretischen Limit eines Impulses, bestehend aus nur einer Lichtschwingung, und ermöglichen Messungen an der Zeitgrenze der Niederenergiephysik.

Im Folgenden werden zwei Beispiele zu aktuellen Untersuchungen ultraschneller Prozesse in Halbleitern näher erläutert.