Überzeugende Medienanalyse

Teenager düpiert erfahrene Analysten

Ein 15-jähriger Praktikant der Investmentbank Morgan Stanley hat seiner Karriere schon früh den nötigen Antrieb verpasst. Mit einer Medienanalyse führt Matthew Robson selbst erfahrene Analysten vor.

Ursprünglich sollte der Teenager lediglich die Mediengewohnheiten seiner Freunde beschreiben. Seine Erkenntnisse verpackte Robson nach Angaben des Instituts schließlich in einen Analystenbericht, den die Experten zu einem der "klarsten und zum Nachdenken anregendsten" Reports erkoren, die sie jemals gesehen hätten. Der Bericht wurde veröffentlicht und sorgte für ungewöhnlich hohes Feedback bei der Bank. Seine Kollegen mit Jahren an Erfahrung ließ Robson damit jedoch alt aussehen.

In britischen Medienberichten wurde die Zuverlässigkeit von Analystenberichten angezweifelt, wenn diese auch von Teenagern verfasst werden können. "Es kommt natürlich darauf an, wer die Analyse des Jungen überprüft hat. Grundsätzlich gilt jedoch: 'Jugend schützt vor Weisheit nicht'. Warum sollte ein 15-Jähriger nicht Zustande bringen was erfahrene Analysten schaffen", meint Hans-Peter Burghof, Lehrstuhlinhaber für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistung an der Universität Hohenheim, im Gespräch mit pressetext. Neue Einsichten von außen könnten sogar frischen Wind in die Abteilung bringen. Gerade Teenager hätten möglicherweise neue und kreative Zugänge zu einem Thema. "Das Phänomen der Betriebsblindheit kennen wir doch alle", unterstreicht Burghof.

"Dutzende Fondsmanager und Konzernvorstände haben sich bei uns gemeldet", sagt Edward Hill-Wood, Leiter des Bereichs Medienanalysen bei Morgan Stanley. Das Echo auf den Bericht des jungen Praktikanten sei fünf- bis sechsmal höher gewesen als in der Regel üblich. Dem Nachwuchsanalysten zufolge ist etwa das noch weitgehend fehlende Geschäftsmodell des Online-Kurznachrichten-Dienstes Twitter zum Scheitern verurteilt. Zwar würden die Konsumenten von morgen immer mehr Medien nutzen als bislang. Die Bereitschaft, dafür zu bezahlen, nehme hingegen ab. Twitter per Mobiltelefon zu nutzen sei zu teuer und die User würden erkennen, dass ihre Profile weitgehend unbeachtet blieben. Dies führe sie zu der Erkenntnis, dass ihre "Tweets" sinnlos sind. "Teenager nutzen Twitter nicht", schreibt Robson. Tatsächlich hat die noch relativ junge Plattform bereits mit einem Nutzerschwund zu kämpfen.

Werbung nervt die User nach den Erkenntnissen des Teenagers auch online, das herkömmliche Fernsehen stoße zunehmend auf Ablehnung und werbefreies Musikhören im Internet erhalte gegenüber dem traditionellen Radio den Vorzug. Geld geben die jungen Verbraucher vorzugsweise für Kino- und Konzertbesuche wie auch Spielkonsolen aus, deren Möglichkeiten zur Online-Kommunikation attraktiver seien als das Telefon.

Für die nur allzu umfangreiche Berichterstattung von Printmedien mit seitenweisen Informationen bleibe außerdem zu wenig Zeit. Teenager würden nicht regelmäßig Zeitung lesen, sondern Zusammenfassungen im Internet oder im Fernsehen bevorzugen. Die Erkenntnisse haben bei Banken und in der Medienbranche für Aufsehen gesorgt. Anhand der Erhebung von Teenager-Meinungen haben Finanzinstitute schon mehrfach versucht, künftige Trends frühzeitig zu erkennen. (pte/cvi)