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Insgesamt 47 Unternehmen haben bisher eine sogenannte "Verbindungsnetzbetreiberkennzahl" erhalten und beabsichtigen somit, über diese Zugangsnummer eigene Sprachdienste anzubieten. Weitere Neuerungen zum 1. Januar 1998 sind beispielsweise Rufnummernportabilität, 08 00 oder alternative Auskunftdienste.

Von: Edwin Schmitt

Die Zahl der Dienstleister mit eigener Netzzugangsnummer hat sich seit Mitte 1997 mehr als verdoppelt. Sicherlich haben sich diese Anbieter unterschiedliche Ziele bezüglich der Dienstleistungsangebote und der Versorgung in der Fläche gesetzt. Die bisher festgelegten Interconnection-Preise für die Nutzung der Telekom-Infrastruktur erlauben aber jetzt auch ein flächendeckendes Telefonangebot ohne eigenes Teilnehmeranschluß- beziehungsweise Fernnetz. So ist es zu erklären, daß sich unter den in der Tabelle (S. 36) aufgeführten "Verbindungsnetzbetreibern" neben globalen, bundesweit tätigen und überregionalen Anbietern auch City-Carrier und sonstige regionale und örtliche Betreiber (städtische Energieversorger, Kommunen) befinden. Alle diese Anbieter sind in der Regel bestrebt, mit möglichst vielen anderen Betreibern eine Netzzusammenschaltung zu erreichen. Nur so ist es möglich, einem Kunden einen Teilnehmer- und Fernnetzzugang anzubieten. Es lassen sich vier Arten von Netzdienstleistern unterschieden:

Teilnehmernetzbetreiber; Fernnetzbetreiber; Betreiber von Teilnehmer- und Fernnetz; Netz-Provider ohne eigene Netzinfrastruktur.

Ein Teilnehmernetzbetreiber bietet einen direkten Anschluß mit Übergabepunkt im Haus der Kunden an. Diese sind zum Beispiel Deutsche Telekom, ISIS Multimedia Net, Netcologne oder Colt Telecom.

Fernnetzbetreiber schließen Telefonkunden nicht selbst an. Solche Fernnetzanbieter, wie zum Beispiel Mannesmann Arcor, Otelo Communications, Viag Interkom, sind jedoch bestrebt, mittelfristig auch ein eigenes Teilnehmernetz zu betreiben. Denn ein Diensteanbieter mit eigenem Teilnehmer- und Fernnetz ist in der glücklichen Lage, bei einer Flächendeckung im Inland keine Interconnection-Gebühren an andere Netzbetreiber abführen zu müssen (siehe Beitrag S. 38 ff.)

Netz-Provider bieten - ähnlich wie bei den Mobilfunknetzen - Dienstleistungen ohne eigenes Netz an. Sie kaufen Netzkapazitäten bei Teilnehmer- und Fernnetzbetreiber ein und verkaufen Telefondienstleistungen. Hier sind beispielsweise die Firmen Debitel Kommunikationstechnik oder Talkline Phone Services zu nennen.

Auswahl des Fernnetzbetreibers

Der Kunde ist immer an der Infrastruktur des Teilnehmernetzbetreibers angeschlossen. Dies ist derzeit in den meisten Fällen noch das Netz der Deutschen Telekom. Im Fernnetzbereich werden die Dienstleister den Kunden im Laufe des Jahres 1998 mit Angeboten überhäufen. Hat sich der Kunde letztendlich für einen oder auch mehrere alternative Fernnetzanbieter entschlossen, muß er bei Fernverbindungen die Verbindungsnetzbetreiberkennzahl des alternativen Carriers vorwählen. So erfordert beispielsweise ein Telefonat von München nach Hannover über die Leitungen des Fernnetzbetreibers Mannesmann Arcor folgende Anwahlprozedur:

0 10 70 - 05 11 - 1 23 45 67, das heißt, nach der Einwahlkennzahl von Arcor kommt die Ortsnetzkennzahl von Hannover (mit 0 als Prefix) und die siebenstellige Teilnehmerrufnummer.

Die Auswahl des Fernnetzbetreibers kann auf drei verschiedene Arten erfolgen:

Pre-Selection; Call-by-Call-Selection; Automatic-Selection.

Im ersten Fall ist der Fernnetzbetreiber im Anwahlgerät (Telefon, TK-Anlage oder Router) fest voreingestellt. Jede Verbindung wird über das Netz des ausgewählten Carriers geführt. Dies ist nicht immer sinnvoll, da ein anderer Netzanbieter zum Beispiel im Entfernungsbereich größer als 200 Kilometer oder bei bestimmten Auslandsverbindungen günstiger sein kann. Es muß dann die Möglichkeit bestehen, wahlweise eine andere Verbindungsnetzbetreiberkennzahl einzugeben. Dies erlaubt die sogenannte Call-by-Call-Selection. Bei einem hohen Verbindungsverkehr ist es optimal, in einer Routing-Tabelle alle gewünschten Netzkennzahlen den Parametern Uhrzeit, Ortsnetzkennzahlbereich und Landeskennzahl zuordnen zu können. Der Router wählt dann automatisch das günstigste Fernsprechnetz aus. Der Anwender bemerkt in diesem Fall die Netzselektion nicht. Am Ende eines Abrechnungszeitraumes bekommt der Kunde von jedem Netzbetreiber eine separate Rechnung.

Sollte ein Fernnetzbetreiber für die Erstanmeldung in sein Netz keine Gebühren verlangen und auch keinen Mindestumsatz im Abrechnungszeitraum fordern, bietet es sich an, diesen Netzbetreiber sofort mit in die Routing-Tabelle aufzunehmen. Auch wenn zuerst kein Verkehr über diese Netze generiert wird, kann der Kunde bei kurzfristigen Gebührenreduzierungen oder Sonderangeboten ohne Zeitverzögerung den Kostenvorteil nutzen. Betreibern von Call-Centern ist der Parallelbetrieb von Least-Cost-Routern anzuraten. Beim Ausfall eines Routers bleibt die Netzverbindung zwar intakt, der Verlust der Routing-Funktion kann sich jedoch in höheren Verbindungskosten niederschlagen.

Moderne Telekommunikationsanlagen bieten als Sonderausstattung bereits eine integrierte LCR-Funktion an. Eine dedizierte Lösung wartet demgegenüber mit dem Vorteil auf, daß bei der Nutzung keine Abhängigkeit vom Router und vom Lieferanten der TK-Anlage besteht. Weiterhin lassen sich in diesem Fall die Routing-Funktionen auch von anderen Anwendungen benutzen. Bei vernetzten TK-Anlagen wird deren integrierte Software den wirtschaftlichsten Übergangspunkt in das Wählnetz bestimmen. An diesem Übergangspunkt übernimmt dann der LCR die weiteren Routing-Funktionen.

Als Routing-Ziele stehen letztlich nicht nur Kabelnetze, wie die genannten Teilnehmer-, Fern- und Verbindungsnetze zur Auswahl. Bei bestimmten Voraussetzungen können auch die Mobilfunknetze (GSM) ihre Kostenvorteile ausspielen. Dies ist vor allem bei netzinternen Gesprächen der Fall. Die Verbindung wird dabei von einem Funkserver aufgebaut, der an der TK-Anlage angeschlossen ist. Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel Funktelefone von Außendienstmitarbeitern kostengünstig "integrieren", wobei neben Sprache auch Fax- oder Datenübertragung denkbar wäre [1].

Rufnummernportabilität

Die sogenannte portable Rufnummer soll ebenfalls ab dem 1. Januar 1998 Wirklichkeit werden. Das TKG führt hierzu in §43, Absatz 5, folgendes aus: "Betreiber von Telekommunikationsnetzen haben in ihren Netzen sicherzustellen, daß Nutzer bei einem Wechsel des Betreibers und Verbleiben am selben Standort ihnen zugeteilte Nummern beibehalten können..." Dies bedeutet, daß der Kunde jederzeit einen Teilnehmernetzbetreiber wechseln kann, ohne Änderung seiner Rufnummer. Bei einem Umzug innerhalb eines sogenannten Ortsnetzbereiches erfolgt ebenso keine Rufnummernänderung. Der Netzbetreiber kann über die geographische Lage der Ortsnetzbereiche Auskunft geben. Bei ihm liegen entsprechende Pläne zur Einsichtnahme vor.

Nutzung von Festverbindungen

Bei bestimmten Anwendungen sind Wählverbindungen nicht möglich oder nicht wirtschaftlich. Dies ist der Fall, wenn eine Anwendung eine Online-Verbindung erfordert oder eine so große Informationsmenge übertragen wird, daß eine Festverbindung aus Kostengründen überzeugt. Bei der Vernetzung auf dem Firmengrundstück, im Stadtbereich oder im regionalen Umfeld bieten sogenannte City-Carrier, städtische Energieversorgungsunternehmen und Kommunen in einigen Gebieten ihre Dienste an. Die Vorteile dieser Anbieter liegen auf der Hand: Die Dienstleister kennen den Versorgungsbereich sehr gut. Bei Störungen sind Servicekräfte vor Ort und können für eine rasche Behebung sorgen. Auch in der Kostenkalkulation sind Vorteile zu erwarten. Ein Vergleich mit bundesweiten Anbietern ist auf jeden Fall anzuraten.

Telefonauskunftdienste

Auf dem Angebotsmarkt der Auskunftdienste haben sich bereits 24 Unternehmen eine entsprechende Lizenz für inlandsbezogene Rufnummern gesichert. Als erstes Unternehmen neben der Deutschen Telekom Medien bot die Firma Telegate ihre Dienste an. Da sich beide Anbieter im Preis nur bei Verbindungszeiten größer eine Minute unterscheiden, sind für den Kunden andere Auswahlkriterien entscheidend. Hier zählt die Erreichbarkeit ohne lange Wartezeiten, eine schnelle Informationsübermittlung und die Freundlichkeit des Call-Center-Personals. In der Qualität der Inhalte dürften keine Unterschiede erkennbar sein, da die Informationen aus der gleichen Datenquelle stammen. Die Tabellen auf Seite 37 geben einen Überblick über weitere Unternehmen, die eine Zugangsnummer für inlands- und auslandsbezogene Auskunftdienste erhalten haben. Zum 1. Januar 1998 werden sicherlich nicht alle ihren Betrieb aufnehmen, und durchsetzen werden sich letztendlich auch nur diejenigen Anbieter, die dem Kunden einen zusätzlichen Mehrwert bieten. Dies könnte zum Beispiel das Angebot von Kundendaten sein, wie sie der Bereich des Direktmarketings benötigt. Vorstellbar wäre auch, daß einzelne Unternehmen eine Sprachlizenz erwerben und bei einem Anruf die Verbindung an den gewünschten Teilnehmer weitervermitteln.

Entgeltfreie Mehrwertdienste

Auch die Kennzahl bei den sogenannten "entgeltfreien Mehrwertdiensten" ändert sich ab Januar 1998: Aus der bekannten Vorwahl 01 30 wird 08 00 [2]. 01 30 bleibt für bisherige Nutzer dieser Dienste allerdings noch bis Ende 2000 in Funktion. Einen Antrag auf Erteilung oder Umstellung einer solchen Rufnummer nimmt der bisherige Netzbetreiber, Diensteanbieter oder das Bundesamt für Post und Telekommunikation in Mainz (http://www.bapt.de) entgegen. Bei einer Umstellung ist eine sogenannte Rufnummerneinbettung in eine neue 0800-Kennzahl möglich. Die vorhandene Teilnehmernummer muß jedoch auf sieben Stellen aufgefüllt werden, wobei der Kunde die Füllzahlen selbst bestimmen kann. Ist diese neue Wunschrufnummer noch nicht vergeben, erfolgt die Zuweisung durch das BAPT direkt an den Kunden, denn auch hier gilt künftig Rufnummernportabilität. Für die Kennzahlen 01 80 und 01 90 (Shared-Cost/Premium-Rate) stehen entsprechende Regelungen noch aus. Bei diesen Rufnummern wird sich deshalb kurzfristig keine Änderung ergeben. Als Zugangskennung ist künftig 09 0x xx vorgesehen.

Vertragsgestaltung

Hat ein Kunde den für ihn optimalen Produktlieferanten beziehungsweise Dienstleister gefunden, kann er die Hände noch nicht in den Schoß legen. Eine professionelle Vertragsgestaltung ist unabdingbar. Der Dienstleister als Vertragspartner bietet zwar mit seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und gegebenenfalls zusätzlichen Leistungsbeschreibungen ergänzende Regelungen zum Anhang des Vertrages an. Dies bedeutet jedoch nicht, daß diese Zusatzklauseln den Bedürfnissen des Kunden gerecht werden.

Fehlen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen konkrete Aussagen über Ausgleichsmaßnahmen (Schadensersatz/Vertragsstrafe) bei Nichterfüllung und verspäteter Erfüllung des Vertrages oder bei auftretenden Mängeln, gelten die entsprechenden Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Da im BGB zwar auf Wandelung, Minderung und Schadensersatz, jedoch nicht auf konkrete Schadenssummen eingegangen wird, sind entsprechende Vertragsklauseln dringend anzuraten. Greifen die Paragraphen des BGB, liegt die Beweislast bezüglich der Schadenshöhe beim Kunden. Er muß die tatsächliche Schadenshöhe glaubhaft nachweisen können. Ein Gerichtsverfahren ist in der Regel langwierig und bringt außer zusätzlichem Ärger meist keine befriedigende Lösung - für beide Seiten. Dies spricht dafür, vorab eine konkrete Schadensregelung zu vereinbaren.

Ausgeschriebene TK-Großprojekte werden häufig nach den Ausführungen der Vertragsbedingungen für Bauleistungen (VOB) abgewickelt. Auch in diesen Fällen ist es wichtig, in den Ausschreibungsunterlagen oder in den besonderen Vertragsbedingungen auf das Thema Schadensersatz/Vertragsstrafe einzugehen. Die VOB gibt hier auch keine konkreten Regelungen vor. In bestimmten Verträgen könnte eine Prämienregelung dem Kunden einen zusätzlichen Vorteil bieten. Müßte zum Beispiel ein Projekt in sehr kurzer Zeit umgesetzt werden, wäre eine Prämienregelung für den Auftragnehmer ein zusätzlicher Anreiz, die Kundenlösung kurzfristig bereitzustellen. Der dabei erreichte Zeitgewinn kann für den Kunden einen so großen finanziellen Vorteil bringen, daß eine Prämienzahlung für beide Partner eine sinnvolle Vertragsergänzung darstellen könnte. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gewährleistung, die ebenfalls in den besonderen Vertragsbedingungen ihren Niederschlag finden muß. Die Gewährleistungsfristen werden von den Auftragnehmern häufig sehr kurz gesteckt. Der Vertragstext sollte deshalb gegenüber den AGB eine zusätzliche Aussage über die Gewährleistung treffen.

Eine Lösungsauswahl gestaltet sich sehr komplex, da eine Reihe von Parametern zu beachten sind. Die Kundenlösung sollte auf standardisierte Schnittstellen aufsetzen und keine proprietären Lösungen berücksichtigen. Solche Insellösungen sind meist nach einer technischen Anpassung der Gesamtlösung nicht mehr einsetzbar. Die zu Beginn als wirtschaftlichste Lösung eingestufte Alternative kann sich in so einem Fall sehr schnell als die schlechteste Lösung herausstellen. Ein sogenannter Worst Case wäre dann der komplette Austausch der Kundenlösung.

Sonstige Planungsparameter

Bei der Auswahl der Technik ist weiterhin darauf zu achten, daß Migrationspfade zu künftigen Standards offenbleiben. Dies garantiert einen Investitionsschutz auch über Jahre hinweg. Jede Kundenlösung ist als Einzelfall zu betrachten und gestaltet sich somit sehr komplex. Es gibt hier keine goldenen Regeln für einen Carrier-Wechsel oder für eine Dienste- beziehungsweise Produktauswahl. Die gesamte Lösung muß zum Unternehmenskonzept passen. Deshalb ist auch jeder Vertrag einzeln zu betrachten und an den Unternehmensgrundsätzen auszurichten.

Die Angebotsvielfalt wird sich im neuen Jahr ebenso verlockend wie verwirrend darstellen. Ein Wechsel des Dienstleisters oder Produktlieferanten sollte nur dann erfolgen, wenn die Vorteile für das Unternehmen klar auf der Hand liegen und - was nicht zu vergessen ist - die Umstellungskosten mit in die Überlegungen eingeflossen sind. Neue Produkte und Dienste bedeuten für die Mitarbeiter eines Unternehmens bei bestimmten Lösungen auch die Teilnahme an Schulungen und eine gewisse Eingewöhnungszeit. Die Akzeptanz durch die Mitarbeiter eines Unternehmens darf deshalb nicht unterschätzt werden. Sie kann gegebenenfalls die Wirtschaftlichkeitsberechnungen ad absurdum führen.

(gob)