Die Zukunft des Rechenzentrums

Software Defined Data Center – Hype oder Realität?

VMware-CEO Pat Gelsinger, im September letzten Jahres inthronisiert, um der EMC-Tochter als Fachmann für "Execution" neuen Schwung zu verleihen, begründet die aktuelle Stoßrichtung seines Unternehmens wie folgt: "Was würde passieren, wenn die gleichen Prinzipien, die einen einzelnen Layer des Rechenzentrums transformiert und den Kunden einen bisher nicht dagewesenen Wertzuwachs beschert haben, auf das gesamte Rechenzentrum angewendet werden?"

Software Defined Data Center: Mehr als nur Virtualisierung

Seit Jahren schon soll ein Großteil der an die 4.000 VMware-Entwickler damit beschäftigt sein, diesen Schritt von der Server-Virtualisierung in Richtung komplett virtualisiertes Rechenzentrum in neue Software zu gießen. Das Software-Defined Data Center (SDDC) bedeutet demnach: "Alle Infrastruktur ist virtualisiert und wird als Service geliefert. Die Kontrolle dieses Rechenzentrums geschieht vollständig automatisiert durch Software." Soweit die Theorie.

Die Praxis sieht anders aus: Bisher ist man allerseits kaum über die Ankündigungsphase hinausgekommen. Allenfalls kleine Schritte sind zu vernehmen, etwas mehr Virtualisierung hier, ein paar Ansätze für Cloud-Services dort. Dabei muss eines klar sein: Die Hardware-Basis der Rechenzentren wird auch in zukünftigen SDDCs bestehen bleiben, so wie ja auch virtuelle Maschinen (VMs) immer noch auf einem physikalischen Server aufsetzen. Zwar braucht es etwas weniger "Blech", dafür aber um so mehr an Performance und Verfügbarkeit, um die Ansprüche aller Applikationen und Tools ohne Latenz zu befriedigen.

Virtualisierung aller Säulen eines Rechenzentrums à la EMC = Software-Defined Datacentre.
Virtualisierung aller Säulen eines Rechenzentrums à la EMC = Software-Defined Datacentre.
Foto: EMC

Der Analyst Richard Fichera von Forrester Research geht davon aus, dass sich SDDC gleichzeitig in Richtung einer "Produkt-Kategorie" und eines zunächst unscharfen Trends entwickeln wird. Erste Produkte würden auf bestehenden Angeboten wie "Converged Infrastructure" sowie Cloud-Technologien und -Tools beruhen. Microsoft und VMware würden aber bald mit reinen Software-Lösungen herauskommen. Man dürfe deshalb, so Fichera, getrost davon ausgehen, dass zunächst einige Konfusion über genaue Features, Skalierbarkeit und Schnittstellen im SDDC-Umfeld herrschen werde.

Fichera erwartet ferner eine verstärkte Konkurrenz zwischen den Herstellern, die allesamt den neuen Infrastruktur-Markt beherrschen wollen. So habe Cisco mit seiner Erfahrung in puncto Netzwerk-Virtualisierung ("Software-Defined Network") teilweise die Nase vorn und könnte versucht sein, andere Hersteller auf diesem Gebiet auszugrenzen. Eine ähnliche Haltung könnte man auch vom Gespann EMC-VMware erwarten. VMware hat bereits letztes Jahr den SDN-Spezialisten Nicira übernommen. Damit bescherte VMware dem "Alliance"-Partner Cisco, der gemeinsam mit EMC und VMware das Joint Venture „VCE" gegründet hatte, direkte Konkurrenz. Seitdem wird immer wieder über die Zukunft von VCE und seinen Vblocks gemunkelt. Gemeint sind damit leistungsfähige Racks aus aufeinander abgestimmten Servern (hauptsächlich Cisco), Netzwerkelementen (Cisco), Speicher (EMC) und Virtualisierungslayer (VMware).