Der empathische Netzwerker

So muss der Manager von morgen sein

Unternehmensübergreifende Netzwerke bilden

Sonst entsteht eine Investitionsruine wie der Flughafen Berlin.

Liebermeister: Richtig. Doch solche Leistungserbringungs-Gemeinschaften gibt es nicht nur in der Bauindustrie. Ähnliche Strukturen existieren heute in fast allen Branchen. Zum Beispiel dem IT-Sektor. Auch hier agieren die Unternehmen, wenn sie zum Beispiel ein neues Produkt entwickeln möchten, meist im Verbund. Das heißt, sie engagieren zum Beispiel Heerscharen externer Softwareentwickler und vergeben Teilaufträge an hochqualifizierte Spezialisten, von deren Expertise sie faktisch oft abhängig sind, wenn das Endprodukt wirklich Spitze sein soll. Also müssen die Verantwortlichen dazu fähig sein, tragfähige Beziehungsnetze zu knüpfen, die Spitzenleistungen erbringen.

Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt. Die Managementberaterin und Vortragsrednerin ist unter anderem Autorin des im FAZ-Verlag erschienenen Buchs "Effizientes Networking: Wie Sie aus einem Kontakt eine werthaltige Geschäftsbeziehung entwickeln".
Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt. Die Managementberaterin und Vortragsrednerin ist unter anderem Autorin des im FAZ-Verlag erschienenen Buchs "Effizientes Networking: Wie Sie aus einem Kontakt eine werthaltige Geschäftsbeziehung entwickeln".
Foto: Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter

Agieren in diesen Netzwerken die Partner auf Augenhöhe?

Liebermeister: Sie sollten es - zumindest weitgehend. Früher waren in der Regel die Zulieferer von ihren Auftraggebern abhängig. Heute ist dies teilweise umgekehrt. Ohne deren Spezialwissen sowie technische und personelle Unterstützung könnten viele große Unternehmen ihre Leistung gar nicht mehr erbringen - oder sie würden sich in kurzer Zeit zu Dinosauriern in ihrem Markt entwickeln und von diesem verschwinden.

Haben Sie hierfür ein Beispiel?

Liebermeister: Nehmen Sie die Automobil-Produktion. Hier lässt sich immer schwieriger sagen, wer in diesem Produktionsverbund der stärkere Partner ist: die Autohersteller, die die Fahrzeuge produzieren, oder die Elektronikhersteller, die die Autoelektronik entwickeln? Zuweilen gewinnt man den Eindruck: Die Elektronikhersteller sitzen am längeren Hebel, weil aus ihrem Know-how faktisch die technische Innovation der Fahrzeuge resultiert, die diese wiederum für Kunden attraktiv macht.

Weshalb das Gerücht grassiert, Google beabsichtige, selbst Autos zu bauen.

Liebermeister: Wenn dies von den Experten nicht als möglich erachtet würde, würde sich das Gerücht nicht so hartnäckig halten. Daraus folgt für die Manager der Autoindustrie: Sie müssen ihre Organisation mit anderen Unternehmen so vernetzen können, dass ihr Unternehmen auch noch in zehn Jahren marktfähige Autos baut.

Dass Führungskräfte künftig Netzwerker sein müssen, ist nun klar. Doch warum empathische?

Liebermeister: Lassen Sie mich dies an einem Beispiel erläutern. Ich merke bei meiner Arbeit als Managementberaterin immer wieder: Für manche Kunden arbeite ich gern, für andere weniger gern. Und das hat nichts mit dem Honorar zu tun, das sie mir zahlen, sondern damit: Wie ist die Kommunikation mit ihnen? Fühle ich mich von ihnen, obwohl ich eine externe Beraterin bin, als Person wahr- und ernstgenommen? Wie verbindlich sind Absprachen? Und, und, und….

Stimmt die Chemie, dann erbringe ich für Kunden auch gerne gewisse Mehr-Leistungen, weil ich mich mit ihnen und ihren Zielen identifiziere. Ähnlich verhält es sich bei den Dienstleistern, die für mich arbeiten. Habe ich bei ihnen das Gefühl, dass sie mich und meine Bedürfnisse verstehen, dann bin auch ich für ihre Bedürfnisse offener, was sich positiv auf die Zusammenarbeit und die Ergebnisse auswirkt, wodurch wiederum unsere Beziehung stabiler und tragfähiger wird.

Dasselbe gilt für die Zusammenarbeit im Big-Business, sei es auf der Ebene Führungskraft-Mitarbeiter, Unternehmensbereich-Unternehmensbereich oder Unternehmen-Unternehmen. Wenn die Partner die Bedürfnisse des jeweils anderen wahrnehmen und respektieren und sich ernsthaft um die Beziehung bemühen, dann werden aus den ehemaligen Schnittstellen Nahtstellen, was letztlich zu Spitzenleistungen führt. Das setzt jedoch voraus, dass die Partner keine emotionalen Autisten sind, sondern ein Gespür für ihr Gegenüber haben.