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Meinungsverschiedenheiten und Ungereimtheiten deuten darauf hin, daß die neue Bundesregierung in Fragen Kryptographie und Sicherheit im Internet noch keine klare Linie hat. Sie scheint sich auf Kompromisse einzulassen, die der staatlichen Überwachung Tür und Tor öffnen könnten.

In Deutschland ist derzeit noch nicht abzusehen, ob und wie staatliche Organe den Datenaustausch über das Internet kontrollieren dürfen. Im Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Grünen steht dazu nichts. Nach Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi, http://www.bmwi.de) ist aber eine entsprechende Verordnung in Arbeit.

Entgegen der Empfehlung einer Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, auf eine Überregulierung zu verzichten, versuchte die Regierung Kohl, die klassische Telefonüberwachung auf das Internet zu übertragen. Der Entwurf löste damals bei vielen Experten Entsetzen aus. Harald A. Summa, Geschäftsführer des "Eco Electronic Commerce Forums", bezeichnete das Papier als "eine Katastrophe für die deutsche Internet-Wirtschaft". Jetzt gibt Summa Entwarnung, weil sich "die Sache in Luft aufgelöst hat". Zu Unrecht, wie der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss meint. "Ich gehe davon aus", so der Medienexperte der SPD, "daß die Regulierungsbehörde munter an diesem Entwurf weiterarbeitet."

Daraus macht das Bundeswirtschaftsministerium auch kein Hehl. Dessen Sprecher Frank Krüger bestätigt, daß "die Internet-Richtlinie auf Basis der TKÜV derzeit erarbeitet wird". Der Entwurf werde möglicherweise bereits in den nächsten Wochen fertig sein. Bis dahin würden Gespräche mit den betroffenen Ministerien und der Wirtschaft geführt.