Quadratisch, praktisch, gut?

In einem kobaltblau leuchtenden Würfel versteckt sich ein beinahe makelloser Apache-Web-Server, der unter Linux läuft und einfach aufzubauen und zu verwalten ist. Zur Konfiguration ist nur noch ein moderner Browser nötig.

Von: Ellen Neumann

Die in Mountain View, Kalifornien, ansässige Startup-Company Cobalt Networks (http://www.cobaltmicro.com) will mit ihren Mikro-Servern "Qube 2700D" und "Qube 2700WG" kleinen und mittleren Unternehmen, Internet Service Providern (ISPs) und Privatkunden eine preiswerte Alternative zu herkömmlichen Servern für Internet- und Intranet-Anwendungen bieten.

Die Qubes sind trotz ihrer geringen räumlichen Abmessungen von 18,4 x 18,4 x 19,7 Zentimetern vollwertige, unter Linux laufende Apache-Web-Server. In der Standardausstattung verfügen die "Würfel" über 16 MByte Hauptspeicher, eine 2,1 GByte große Festplatte, einen mit 150 MHz getakteten RISC-Prozessor und eine 10BaseT-Ethernet-Netzwerkkarte. Ein SCSI-Anschluß für Erweiterungen fehlt ebenso wie eine Tastatur oder ein Floppy-Laufwerk, die beide jedoch auch nicht nötig sind. Die Konfiguration oder das Aufspielen von Software erfolgt über das Netzwerk. Cobalt bietet neben den Qubes auch Rack-Versionen mit den Maßen 43,2 x 31,8 x 4,5 Zentimeter an.

Zu Testzwecken erhielten wir einen der raren Würfel mit vorinstallierter ISDN-Karte, die leider den letzten freien PCI-Steckplatz besetzt. ISA-Steckplätze sind in keiner der angebotenen Varianten vorhanden, weil es sich bei letzteren um eine reine Intel-Architektur handelt.

Der Webmaster gibt IP-Adresse, Subnet-Mask und das Standard-Gateway über die an der Rückseite angebrachten Tasten des Geräts ein. An der Frontseite zeigt eine phosphorgrün leuchtende Lampe den Betrieb des Servers an. Die weitere Konfiguration wird per Web-Browser vorgenommen. Voraussetzung ist allerdings eine "moderne" Version, die Frames anzeigen kann. Der ganze Vorgang dauert etwa 10 bis 15 Minuten. Nach Eingabe der IP-Adresse in den Web-Browser leitet ein HTML-basierter Wizard den Administrator in sieben Schritten durch das Setup. Der Assistent fragt Domain-Namen, Administrationspaßwort, Datum, Uhrzeit, Zugriffssteuerung, Gruppen, Benutzer und die zu verwendenden Dienste wie beispielsweise E-Mail und FTP ab. Danach gelangt der Webmaster zur Startseite, der zentralen Homepage.

Über diese Web-Page kann er weitere Benutzer und Gruppen anlegen sowie Policies, etwa das Recht zum Ausführen von CGI-Programmen, festlegen. Darüber hinaus kann er hier Daten sichern und wiederherstellen, neue Software und Updates installieren sowie das System und dessen Dienste über verschiedene Java-Applets überwachen. Für jeden User sind sogenannte "Quotes", also Speicherplatzbeschränkungen auf der Festplatte des Qubes, definierbar.

Anwender erhalten über dieselbe Startseite Zugriff auf das eigene Benutzerkonto sowie auf veröffentlichte Inhalte ihrer Arbeitskollegen. Sie können nach Eingabe des vom Administrator zugewiesenen Paßworts ihre Web-Pages mit dem beigelegten Qube-Seitengenerator erstellen, an Diskussionsforen teilnehmen oder über das integrierte Dokumentenverwaltungssystem "Infoplace" Dateien ablegen und einsehen.

Das Anlegen von Web-Seiten mit dem integrierten HTML-basierten "Pagebuilder" ist etwas umständlich. Für aufwendige Projekte ist er kaum geeignet. In diesen Fällen erscheint der Einsatz eines Fremdproduktes sinnvoller.

Jeder vom Administrator eingerichtete Benutzer erhält eine E-Mail-Adresse nach dem Schema benutzername@hostname.domainname und ein Verzeichnis /users/benutzername, das über FTP- oder direkte Netzlaufwerk-Anbindung bestückt werden kann. Die Homepages sind dementsprechend über http://hostname.domainname/users/benutzername/index.htm zu erreichen.

Der integrierte Mailserver beherrscht die Mail-Protokolle SMTP, POP3 sowie IMAP4 und kann Nachrichten an

eine bestehende E-Mail-Adresse weiterleiten. Cobalt hat dem Web-Server zudem die Suchmaschine "Glimpse" beigelegt. Sie indiziert alle 24 Stunden die Verzeichnisse der Benutzer. Über eine allgemein verfügbare Suchfunktion können die Anwender dadurch Text- und HTML-Seiten aufspüren. Ein einfaches Web-basiertes Forumsprogramm dient ihnen darüber hinaus zur internen Diskussion.

Die Administration und Installation des Cobalt Qube ist gut durchdacht, und die Privatperson, die ein paar Seiten im Internet veröffentlichen möchte, hat einen zusätzlichen Nutzen von der integrierten Suchmaschine, dem Forum und der Infoplace-Dokumentenverwaltung.

Auch für einen ISP bieten die Geräte, auf den ersten Blick, viele Leistungsmerkmale, die auf einfache Weise administriert werden können und sofort einsetzbar sind. Folgende Punkte sollte ein Provider jedoch vor dem Kauf des Mikro-Servers überdenken:

Bei Weiterentwicklungen der eingesetzten Software (Betriebssystem, Web-Server und so weiter) ist der Anwender auf den Hersteller Cobalt Networks angewiesen, weil es sich um ein speziell auf den Prozessor und das System angepaßtes Linux 2.0 handelt. Der verwendete 150-MHz-RISC-Prozessor wird nicht mehr weiterentwickelt. Die CGI-Funktionalität des Servers beschränkt sich auf die Skriptsprache Perl. Andere das Leben eines Webmasters erleichternde Server-Erweiterungen, wie beispielsweise "Life Wire" von Netscape, "Cold Fusion Application Server" von Allaire, "Active Server Pages" von Microsoft und andere stehen nicht zur Verfügung. Es ist keine Datenbankfunktionalität durch die beigelegte Software vorgesehen.

Internet-Anwendungen werden jedoch zum großen Teil nicht mehr ausschließlich mit HTML und Perl entwickelt. Speziell für das Web optimierte Skriptsprachen verringern den Zeit- und Personalaufwand beim Erstellen einer Site. Zudem unterstützen sie das datenbankgestützte Veröffentlichen im Netz.

Zu Preisen zwischen 2500 und 3400 Mark bekommt der Käufer heutzutage bereits leistungsfähigere Hard- und Software als sie der Qube bietet – insbesondere wenn der Webmaster das kostenlose Betriebssystem Linux einsetzt. Das ausgefallene Design läßt den Würfel auch kaum in einem abgeschlossenen Serverraum erwarten. Interessant ist das Gerät jedoch beispielsweise für einen ISP mit Kunden aus kleinen und mittleren Unternehmen, die einen Internet- oder Intranet-Server bei sich im Hause aufstellen oder präsentieren wollen.

Darüber hinaus richtet sich die Produktreihe an Firmen aus dem Mittelstand, Schulen oder andere Einrichtungen, die weder die Zeit noch die personellen Ressourcen haben, um eine High-end-Lösung aufzubauen.

Potentielle Käufer dürfen nicht vergessen, daß dem Cobalt-System Grenzen gesetzt sind. Ohne Linux-Kenntnisse ist es nicht möglich,

weitere Programme zu kompilieren und zu installieren. Entsprechendes Wissen vorausgesetzt, ist in vielen Fällen der Griff zu einem Standard-PC mit einer Linux-Distribution zu überlegen. (afi)