"Profil-Stalking" als Kavaliersdelikt

Geburtsdatum, Wohnort, Religion, Familienstand, Hobbies, Lieblingsmusik oder sogar das Tagebuch im Weblog: Persönliche Daten, die man einst nur über enge Freunde wusste, stellen Nutzer von Social-Networking-Plattformen auf ihren Online-Profilen heute der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung.

Profil-Stalking, das heißt, sich auf diesem Weg Einblick in das Leben eines bislang fremden Menschen zu verschaffen. Diese Praxis sei mittlerweile weit verbreitet, meint Danah Boyd, Anthropologin an der Universität Berkeley. Wir würden uns alle des Profil-Stalkings schuldig machen, behauptet die Wissenschaftlerin. Im Gegensatz dazu müsse man schon psychisch krank sein, um sich hinter Büschen zu verstecken und Menschen aufzulauern.

"Der Unterschied ist, dass echte Stalker wiederholt versuchen, im echten Leben oder auch im Internet Kontakt aufzunehmen", erklärt Jens Hoffmann vom deutschen Institut für Psychologie und Sicherheit . Profil-Stalking sei nur der neueste Weg, unsere tief verankerte Neugier zu befriedigen, erklärt Boyd den missverständlichen Begriff. Man dürfe allerdings nicht soweit gehen, Kontakt aufzunehmen, zieht auch sie die Grenze. Trotzdem können persönliche Informationen auf Seiten wie MySpace oder Facebook zur Gefahr werden. "Passen sie auf ihre Profile auf", so Hoffmann.

"Nur wenigen ist bewusst, dass viel mehr Menschen auf ihre Informationen zugreifen können, wenn sie diese in den eigenen vier Wänden ins Internet stellen, als wenn sie sie im Supermarkt auf das schwarze Brett schreiben würden", warnt Hoffmann, Autor des Buches "Stalking in Deutschland". Zumindest in einem Teil der Fälle sei die Recherche im Internet nur ein erster Schritt. "Stalker treffen ihre Opfer im realen Leben und informieren sich dann im Internet", erklärt Hoffmann. Durch ausführliche Beschreibungen auf privaten Profilen hätten die Täter dann das Gefühl, am Leben des Opfers teil zu haben und würden früher oder später Kontakt aufnehmen.

Informationen, durch die man genau lokalisierbar sei, sollten in jedem Fall vermieden werden, rät der Experte. Außerdem sei es als Person, die im öffentlichen Leben steht, nicht ratsam zuviel Privates preiszugeben. "Wenn man noch nie einen Stalker am Hals hatte, weiß man nicht, welche psychische Belastung daraus entstehen kann. Und Stalkingfälle dauern im Durchschnitt 28 Monate", warnt Hoffmann. (pte/mja)