Politik und Filter

Auch Deutschland setzt auf Selbstkontrolle

In Deutschland folgen Wirtschaft und Politik dem Ruf der EU nach Filtersystemen, die auf Selbsteinschätzungen der Anbieter beruhen. Das Engagement kam in Gang, als die Boulevardpresse in den Jahren 1999 und 2000 immer wieder Fälle von Nazi-Hetze und Kinderpornographie im Web aufgriff und das Internet dabei als Hort des Grauens verteufelte, in dem man bei jedem Schritt auf Gewaltverherrlichung und Pornographie stoße. Gerade Eltern und ältere Bürger ohne eigene Internet-Erfahrung adaptierten damals ein negatives Bild des weltweiten Netzes. Dies wiederum rief die Anbieter auf den Plan, die befürchten mussten, diese Gesellschaftsgruppen als potenzielle Kunden im Netz zu verlieren.

Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin und später das Bundesinnenministerium griffen daraufhin recht schnell die EU-Vorschläge auf. Wenig später schloss sich die CDU diesen Forderungen an. Tatsächlich verwirklicht wird nun offenbar ein System, dass – ebenfalls, wie es die EU forderte – auf dem "PICS-Protokoll" zur Selbst-Einstufung basiert. Das Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG) nahm 1997 Online-Angebote in die Bestimmungen zum Jugendschutz auf und forderte Vorkehrungen, auch in diesem Bereich Angebote für Erwachsene von Jugendlichen fernzuhalten.

Die Bertelsmann-Stiftung entwickelt in Zusammenarbeit mit der unter ihrer Leitung gegründeten Internet Content Rating Association (ICRA) eine Lösung, die auf einem Grundfilter beruht, der vom Endanwender oder seinem Administrator mit unterschiedlichen Negativlisten ausgestattet werden kann. Das System soll kostenlos verteilt werden.

Sofern die Anbieter beispielsweise jugendgefährdende Inhalte ehrlich und richtig klassifizieren, können dann kommerzielle Anbieter und gesellschaftliche Organisationen ihren Kunden oder Angehörigen Filter mit unterschiedlichen Gewichtungen anbieten – beispielsweise Kirchen, Gewerkschaften oder auch die Polizei. Institutionen wie das BKA sollen Listen zuliefern, die nicht allein auf Selbsteinschätzungen der Anbieter beruhen, sondern auch auf kriminalistischen Wertungen. (jo)