Zu viele Abteilungen mischen mit

Personalplanung läuft immer noch chaotisch ab

Der Fachkräftemangel fordert die Firmen heraus. Eine strategische Personalplanung und –beschaffung könnte weiterhelfen. Doch diese steckt vielfach noch in den Kinderschuhen.

Geht es um die Rekrutierung neuer Mitarbeiter, sind Unternehmen vom Ideal einer einheitlichen und umfassenden Personalplanung und -beschaffung weit entfernt. So zumindest lautet das Ergebnis der Hays-Studie "Personalbedarfsplanung und -beschaffung in Unternehmen", an der sich 169 Fachbereichsleiter aus den Sektoren IT, Forschung und Entwicklung, Finance sowie Produktion beteiligt haben.

Doch Jörn Bäumer, Rekrutierungsexperte bei Hays, sieht einen Silberstreif am Horizont: "In vielen Unternehmen sind zumindest erste Ansätze vorhanden." Laut Studie bestehen zwischen den Beteiligten häufig unklare Zuständigkeiten. "Jeder dritte Fachbereich sieht sich selbst in der Hauptverantwortung bei der der Entwicklung der Personalstrategie, umgekehrt zählen mehr als 80 Prozent der Personalleiter die Fachabteilungen nicht zu den Beteiligten bei der Strategie-Entwicklung - völlig außen vor bleiben Entwicklung und Einkauf", beschreibt er den Status quo.

Der lange Weg zum IT-Bewerber

Für das Verwirrspiel in der Personalsuche ist die IT nach Ansicht des Hays-Managers geradezu ein Paradebeispiel. Soll ein neuer IT-Profi eingestellt werden, wende sich der Fachbereich an die HR-Kollegen. "Die HR-Abteilung sagt zu, erwähnt aber nicht, dass der Kandidat überaus schwer zu bekommen ist", erklärt Bäumer. Nachdem die HR-Kollegen vergeblich einige Monate nach dem angeforderten Kandidaten gesucht haben, bitten sie, so der HR-Experte, einen Personaldienstleister um Unterstützung. Der gesamte Prozess verlängert sich, Unmut mache sich breit.

Um die Zeit bis zur Festanstellung zu überbrücken, frage die IT-Abteilung nach einem Externen, was sogleich zum nächsten Problem führe. Der Freiberufler könne dem IT-Chef nicht von der HR-Abteilung zugeteilt werden, da für ihn der Einkauf zuständig sei. Irgendwann, um die Geschichte endlich zu einem Ende zu bringen, besorgt der Einkauf doch einen Freelancer. Bäumer fasst das Tohuwabohu zusammen: "Für eine einzige Position gibt es in Unternehmen zwei Vertragsarten mit drei Abteilungen, die sich damit beschäftigen müssen". Den vierten Part wiederum übernehme die Geschäftsführung. Sie muss laut Bäumer dafür sorgen, dass die Anzahl der Mitarbeiter zum Umsatz passt. Die Topetage erhalte zwar von der HR-Abteilung die entsprechende Zahl der festangestellten Mitarbeiter - allerdings ohne die Anzahl der Externen. Diese würden von den HR-Mitarbeitern nämlich nicht erfasst.

"Ganz genau weiß im Grunde niemand über die Personalsituation im Haus Bescheid - und hier legt die Studie den Finger in die Wunde", betont der Hays-Manager. Das bestätige auch die Abbildung 9: Auf die Frage, wie erfolgt die Personalplanung im Unternehmen, erklärt die Fachabteilung, das liege im Ermessen der Fachbereiche. Sie würden bestimmen, wie die Personalplanung im Unternehmen laufe. Die HR-Abteilungen sagen: "Nein, das läuft alles ganz einheitlich, das läuft alles über uns." Es gibt einen einheitlich abgestimmten Prozess. Die Antwort des Einkaufs laute kurz und bündig: "Mal so, mal so, also 50 zu 50 ". Je nachdem, wer zur Personalplanung- und beschaffung befragt wird, gibt völlig unterschiedliche Antworten.

Rekrutierung von Freiberuflern

"Um den optimalen Personalbedarf sicherzustellen, muss der Bedarf gebündelt und einheitlich adressiert werden", betont Bäumer. Jetzt komme das Top-Management ins Spiel. Ihm müsse, so der Hays-Manager, bekannt sein, wie viele festanstellte Mitarbeiter im Haus beschäftigt, wie viele Aufgaben in Outsourcing-Verträgen ausgegliedert, wie viele Leute in Zeitarbeits-Verträgen und wie viele in Service-Verträgen tätig seien. "Schließlich hängt die Wettbewerbsfähigkeit auch davon ab, neue Geschäftsfelder mit geeignetem Personal zu erschließen", erklärt er.

Auch sollte die Rekrutierung externer Mitarbeiter seiner Ansicht nach ein integraler Bestandteil der Personalstrategie sein. Laut Hays-Studie handelt es sich um einen kritischen Faktor, wenn zwar 48 Prozent der befragten IT-Fachbereichsleiter angeben Freiberufler einzusetzen, aber die Entscheidung über deren Einsatz in den meisten Fällen ad hoc getroffen würde.

Sein Fazit: Das Top-Management müsse das Thema Personalbedarf vollkommen neu andenken, die Zuständigigkeiten im Unternehmen eindeutig klären, das Machtgerangel stoppen. Er appelliert an die Personal-Verantwortlichen, nicht länger Methoden einzusetzen, die bei ihren Großvätern en vogue waren.