Pentium III sollte verboten werden

Intel hat wieder Ärger mit der Seriennummer des Pentium III: Eine Beratungsorganisation des Europäischen Parlaments empfiehlt, den Prozessor nach weiteren Untersuchungen nicht mehr für den Einsatz in Europa zuzulassen.

Der neueste Report der STOA macht zur Processor Serial Number (PSN) folgenden Vorschlag:

"(...) die zuständigen Komitees des Europäischen Parlaments sollten dazu aufgefordert werden, rechtliche Maßnahmen zu erwägen, um zu verhindern, dass mit einer PSN oder etwas Ähnlichem ausgestattete Chips in den Computern von europäischen Bürgern, Firmen und Organisationen installiert werden."

Das "Scientific and Technological Options Assessment" erstellt direkt für das Europäische Parlament Berichte in leicht verständlicher Sprache, die aktuelle Technologietrends bewerten. Die STOA-Berichte werden auch in den Entscheidungsprozess für EU-Resolutionen einbezogen, die dann von den EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt werden müssen.

Der STOA-Report 3.5, so der Name des Dokuments, wurde dem Europäischen Parlament bereits übergeben, wie STOA-Direktor Dick Holdsworth tecChannel auf Anfrage bestätigte.

Der Bericht, der noch nicht auf der Webseite der STOA veröffentlicht ist, stammt von dem für die STOA tätigen Mathematiker und Kryptografie-Experten Franck Leprevost. Er ist unter anderem an der TU Berlin und der Universität von Paris tätig. Leprevost forscht in den Gebieten Kryptografie, differenzielle Mathematik, Watermarking und Quantencomputer.

Als akute Sicherheitsrisiken für die EU sieht er neben der möglicherweise fälschbaren PSN auch das Abhören von ISDN-Verbindungen und die Abhörmöglichkeiten von US-Geheimdiensten für in Europa eingesetzte Verschlüsselungsverfahren.

Außerdem weist Leprevost darauf hin, dass die per BIOS ausschaltbare Seriennummer nachträglich wieder eingeschaltet werden kann. Hier ist allerdings anzumerken, dass dazu ein erheblicher technischer Aufwand an der lokalen Maschine eines Benutzers erforderlich ist. Bisher sind noch keine Fälle bekannt geworden, wo die PSN beispielsweise über ein ActiveX-Control wieder eingeschaltet worden wäre.

Leprevost nennt den Pentium III in seinem Bericht ausdrücklich, weil die CPU auf Grund von Intels Marktdominanz schnell zum Standardprozessor werden dürfte. Angesichts von Aldi-PCs mit einem Pentium III hat Leprevost damit voll und ganz Recht. Er weist aber auch deutlich darauf hin, dass es nicht um Intel, sondern nur um die Identifizierbarkeit von Systemen durch solche Seriennummern geht. Dass jeder PC mit Ethernet-Karte über die MAC-Adresse schon eine Seriennummer hat, erwähnt Leprevost jedoch nicht.

Ähnliche Probleme mit der PSN hatte Intel schon in China, wie Intels Vizepräsident Pat Gelsinger im Interview mit tecChannel bereits erläuterte. Die chinesische Regierung hatte man mit Gesprächen wieder beruhigen können. Wie heute zu erfahren war, betreibt Intel auch in Brüssel intensives Lobbying. Allgemein bewertet der Chipgigant die fortlaufende Diskussion um die PSN als "nicht so spannend". Seit die Empfehlung an die PC-Hersteller ergangen ist, die Seriennummer standardmäßig abzuschalten, haben sich auch die sonst sehr scharfen deutschen Datenschützer wieder beruhigt.

Dass die EU in Kürze den Pentium III schlicht verbieten wird, ist daher nicht zu erwarten. Spannend bleibt aber die Frage, wie das EU-Parlament auf die Vorschläge der STOA reagiert - und welchen Einfluss Intels Team in Brüssel darauf hat. (nie)