Ordnungspolitik stand im Vordergrund

"Multimedia 2001 - Odyssee im visionären Raum oder Markterschließung mit nüchternem Kalkül" war das Motto des 9. NRW-Medienforums in Köln. Vor der Markterschließung steht allerdings die Deregulierung. Entsprechend dominierte auf dem Kongreß die Medienpolitik. Vertreter aus Politik, Wirtschaft und von der Telekom tauschten gebetsmühlenhaft ihre Argumente aus.

Von: Achim Born

In über 160 Veranstaltungen wurde versucht, die gesamte Bandbreite der medialen Themen abzuhandeln. Den Schwerpunkt bildeten dabei Fernsehen und Rundfunk. Vor diesem Hintergrund reduzierte sich Multimedia in den Diskussionen häufig auf den Aspekt des Digitalen. Neue Anwendungsfelder durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechniken konnten die Besucher am ehesten in der begleitenden Ausstellung entdecken.

In der Eröffnungsrede bezeichnete EU-Kommissar Martin Bangemann die ordnungspolitischen Vorstellungen mancher deutscher Medienpolitiker und Behörden aus globaler Sicht als ziemlich kleinkariert. "Zukunftsminister" Jürgen Rüttgers Spruch über ein Zuviel an Regulierung im Multimediabereich traf in die gleiche Kerbe. NRW-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hält die hierzulande durch Kartellrechtsdenken geprägte Diskussion angesichts der Murdochs und Turners dieser Welt für fehlgeleitet.

Der SPD-Politiker, der einen strikt wirtschaftsfreundlichen Kurs steuert, nutzte das Forum, um für zwei neue Multimedia-Projekte in Köln den symbolischen Startschuß zu geben. Den offiziellen Regelbetrieb nahm unter anderem das "Media-Net-Cologne" auf. Es bietet den im Kölner Großraum ansässigen Sendeanstalten, Studio- und Produktionsbetrieben die in Deutschland bislang einmalige Möglichkeit, Video, Audio- und Datensignale in digitaler Form und mit hoher Studioqualität (270 Mbit/s) über Glasfaser in Echtzeit ohne zusätzliche Kodierung oder Dekodierung zu übertragen. "Virtual Co-Location" heißt das zweite Projekt der Ford-Werke und einer ihrer Zulieferer (Dr. Schrick GmbH). Es erlaubt Ingenieuren beider Unternehmen, trotz räumlicher Trennung via ISDN-Verbindung zeitgleich an einem CAD-Modell zu arbeiten und über eine parallel ablaufende Audio-Video-Konferenz (via Bildtelefon) Fragen zu erörtern.

Telekom erprobt interaktive Videodienste

In der Ausstellung waren ferner die Projekte "Multimedia Gelsenkirchen" und "Infocity NRW" präsentiert. Zudem zeigte die Firma Digital das vor rund zwei Monaten in Köln und Bonn gestartete dritte deutsche Pilotprojekt "Interaktive Videodienste" der Deutschen Telekom. Als Medium wird das Kabelnetz der Telekom benutzt. Es wurde speziell in den Pilotgebieten um eine Glasfaser-Overlay-Struktur erweitert, die dazu dient, einen Rückkanal zu realisieren und die breitbandige Übertragung zum letzten Verstärkerelement zu sichern. Für die DVB-Fähigkeit (Digital Video Broadcast) des Videoservers (Alpha-System) sorgt die von Digital entwickelte Transport Multiplexing Unit (TMU), die aus verschiedenen Einzelströmen die DVB- und MPEG2-kompatiblen Multiprogrammströme zur Übertragung im Netz erzeugt. Mit dieser TMU können auch Videoströme übertragen und das IP-Protokoll für normale Datenübertragung im breitbandigen Vorwärtskanal genutzt werden.

Die Vergabe beziehungsweise Belegung der zur Verfügung stehenden Kanäle des Breitbandkabelnetzes ist seit Wochen ein Streitpunkt zwischen den Interessenten und der Telekom. Bernd Jäger, Geschäftsführer der ANGA (Verband Privater Netzbetreiber e.V.), drohte der Telekom damit, daß seine Klientel über Clustering der eigenen BK-Netze eine zweite Infrastruktur schaffen würde, wenn es nicht rasch zu einer Einigung über die Erweiterung der Kabelnetze komme. Jäger ließ zwar durchblicken, daß die ANGA-Unternehmen das Kabel als potentiellen "Multimedia-Highway" sähen, warnte aber vor überzogenen Erwartungen: "Wir bauen die Breitbandnetze nicht so aus, daß wir im nächsten Jahr ein interaktives Medium haben."

(cep)