"Letzte Chance für Korrekturen"

Online-Durchsuchung: Bitkom schöpft neue Hoffnung

Nachdem der Bundesrat das Gesetz zur Online-Durchsuchung in seiner bisherigen Form abgelehnt hat, hat der Bitkom erneut Nachbesserungen gefordert.

Die Chance auf eine Verabschiedung besteht laut Bitkom weiter, sofern die Bundesregierung wie angekündigt ein Vermittlungsverfahren einleitet. "Diese letzte Chance für Korrekturen darf nicht ungenutzt bleiben", sagte Bitkom-Präsidiumsmitglied Prof. Dieter Kempf. "Wir brauchen zwar bessere Grundlagen zur Kriminalitätsbekämpfung im Internet. Der aktuelle Gesetzentwurf ist aber zu Recht sehr umstritten, weil er Fehlentscheidungen enthält und wichtige Fragen offen lässt."

Das so genannte BKA-Gesetz, in dem es um die Befugnisse des Bundeskriminalamts geht, war im Bundestag bereits verabschiedet worden. Mehrere Bundesländer fordern aber Änderungen und wollten den vorliegenden Gesetzestext daher im Bundesrat nicht mittragen.

"Wir müssen dafür sorgen, dass bei der Kriminalitätsbekämpfung die Verhältnisse gewahrt bleiben. Die Privatsphäre unbescholtener PC-Nutzer darf nicht unnötig verletzt werden", sagte Kempf. Das Bundeskriminalamt soll in eiligen Fällen zunächst auch ohne richterliche Genehmigung PCs durchsuchen dürfen.

Der Bitkom bemängelt zudem, dass zwar besonders geschütztes Material aus dem Kernbereich der Privatsphäre nicht verwertet werden darf, die Prüfung aber BKA-Mitarbeitern überlassen ist. "Das BKA soll in der Praxis weitgehend unkontrolliert entscheiden können - das darf nicht sein", so Kempf weiter. "Wenn es eilt, sollte mindestens ein Staatsanwalt die PC-Überwachung genehmigen, so wie es auch für Telefongespräche gilt. Und die Frage, welche intimen Daten von der Polizei nicht verwendet werden dürfen, muss Sache eines Richters sein."

Online-Durchsuchungen greifen dem Bitkom zufolge noch deutlich tiefer in die Privatsphäre ein als eine Telefonüberwachung. Deshalb dürften sie nur unter strengsten Voraussetzungen zulässig sein. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht im Februar dieses Jahres in einem ersten Urteil zu Online-Durchsuchungen klargestellt. Damit hat es ein "Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" geschaffen.

Der Gesetzgeber müsse klarstellen, ob nur Computer von Verdächtigen durchsucht werden sollen oder auch Zentralrechner von E-Mail-Anbietern, heißt es weiter. Eine Razzia auf Servern der deutschen Internet-Anbieter bringe wenig und schade nur. Jeder Nutzer könne E-Mails problemlos über ausländische Provider verschicken. (dsc)