Neuronale Netze für die Geisteswissenschaften

In Zusammenarbeit mit der Schelling-Kommission der Bayrischen Akademie der Wissenschaften hat ein Wirtschaftsunternehmen eine assoziative Suchmaschine auf Basis eines neuronalen Netzwerks entwickelt. Es soll Geisteswissenschaftlern helfen, Texte richtig zu interpretieren und einzuordnen.

Wann wurde ein undatierter Text verfasst? Wer ist Autor eines anonym publizierten Werks? Welche Entwicklungen durchläuft das Denken eines Autors? Die Klärung solcher Fragen gehört zum klassischen Aufgabenfeld eines Philologen und Editors; sie verlangt in besonderer Weise nach dem Verfahren der Interpretation und nach der hermeneutischen Tugend des semantischen Urteilsvermögens.

Neuronen: Darstellung von Neuronen aus histologischen Präparaten (van Gehuchten 1892)
Neuronen: Darstellung von Neuronen aus histologischen Präparaten (van Gehuchten 1892)

Neu entwickelte Computermodelle für neuronale Netze eignen sich für solche Forschungen als flexibles Werkzeug, dessen Möglichkeiten weit über die Suche nach Zeichenketten oder die Abfrage von Datenbanken hinausgehen. Assoziative neuronale Netze analysieren Datenbestände nicht auf der Grundlage von Worthäufigkeiten oder der Ähnlichkeit von Zeichenketten, sondern entwickeln selbst semantische Kategorien. Damit können, ohne externe Vorgaben, assoziative Beziehungen zwischen Texten und Begriffen hergestellt und so nachweisbar fundierte Interpretationshypothesen aufgestellt werden.