Neuer Rückenwind

Intranets decken Defizite auf

Die Web-Welt macht diese Situation von sich aus nicht besser. Der Verdienst der Intranets ist es aber, daß Mißstände schneller offenkundig werden. Denn damit kommen Dinge wie ein globales Verzeichnis oder der Wunsch nach Verfügbarkeit an die Oberfläche.

Eine Perspektive ist die, daß bei den Betriebssystemen in den nächsten Jahren nicht viel passiert außer signifikante Verfeinerungen etwa bei der Unterstützung von Parallelverarbeitung, Dateisystemen mit expliziten Schutzmechanismen und Echtzeitverarbeitung. Insgesamt steigert man aber die Leistung, in dem man immer breitere Basisformate (32, 64, 128 Bit) unterstützt. Die Mikrokerntechnik, die bereits fast zwei Jahrzehnte erfolgreich in der Forschung eingesetzt wird, könnte endlich den Endanwender erreichen und eine sauberere Struktur für die Etablierung neuer und die Revision alter Dienste anbieten. Einen Hoffnungsschimmer dieser Art kann man bei NT sehen. Eine andere Perspektive für die 90er ist die Weiterentwicklung des automatischen Managements, das in den vergangenen 20 Jahren vernachlässigt wurde.

Die Arbeit an verteilten Betriebssystemen brachte in den 80ern signifikante Verbesserungen, was die Struktur, die Protokolle und die hierarchische Schichtung für die Funktion vernetzter Knoten als System bei großen Betriebssystemen anbetrifft.

Ein wünschenswertes Betriebssystem wird viele der Verfeinerungen beinhalten, die derzeit entwickelt werden. Insbesondere wird die Systemverwaltung mit weniger manueller Intervention als heute arbeiten, obwohl (und weil) die Anforderungen immer weiter steigen. Ein Betriebssystem muß sich mit Betriebssystem- und Netzwerk-Fehlern befassen und Verbindungen mit Tausenden von Systemen über nationale Grenzen hinweg mit unterschiedlichen Protokollen aufnehmen. Das Management dieser Systeme muß sich mit Problemidentifikation und Wiederaufsetzen nach Fehlern durch Netzwerkisolation und Sicherheitsproblemen befassen. Sicherheitsfunktionen werden in großen vernetzten Systemen zwingend. Netzwerkmanagement ist letztlich nur ein Teilaspekt des gesamten Systemmanagements.

Eine wichtige Triebfeder für die Weiterentwicklung stellen nach wie vor die Betriebssysteme der Unix-Familie dar sowie die Aktivitäten zur Vereinheitlichung und Standardisierung.

Die Anforderungen an ein Betriebssystem in einer vernetzten oder verteilten Umgebung sind wie folgt:

Veredelung und Bereitstellung von Betriebsmitteln, Veredelung und Bereitstellung von Funktionen, Benutzerverwaltung und -kontrolle, Modularität, Portierbarkeit, Skalierbarkeit, Multiuserfähigkeit, Multitaskingfähigkeit, Multithreadingfähigkeit, Integration lokaler, netzbezogener und systemweiter Funktionen.

Die Grundidee bei verteilten Betriebssystemen ist die Zusammenfassung von Rechnern und Nachrichtentransportsystemen unter einer einheitlichen Sicht. Ein VBS stellt sich dem Anwender wie ein gewöhnliches Betriebssystem dar, ist jedoch ein Programm, das die Betriebsmittel mehrerer (eventuell heterogener) unabhängiger Systeme kontrolliert und verwaltet und den Benutzern eine einheitliche Schnittstelle bereitstellt.

Hieraus ergeben sich zwei Hauptmerkmale:

Komponentenvielfalt durch heterogene Rechenanlagen und gegebenenfalls unterschiedliche Nachrichtennetze in einer Umgebung, Transparenz durch geeignete Abstraktion der Systemkomponenten.

Die Transparenz ist ein Mittel zur Abgrenzung gegenüber Netzbetriebssystemen. Bei einem VBS braucht der Anwender nicht zu wissen, an welchem Rechner er (logisch) arbeitet, wo seine Programme ausgeführt werden und wo sich die Daten befinden.

Die Komponentenvielfalt hat folgende Wirkungen:

Funktionsvielfalt durch unterschiedliche Rechensysteme, mehrere Prozessoren, qualitative und quantitative Parallelverarbeitung, räumliche Verteiltheit ohne enge Grenzen.

Und dies sind die Hintergründe, vor denen man alle anscheinend neuen Entwicklungen messen muß. Ein marodes System wird nur marginal besser, wenn es auf einmal ein paar Web-Standards oder einen Verzeichnisdienst unterstützt. Für den Anwender zählt letztlich nur eines: Wie performant, mit welcher Verfügbarkeit und zu welchen Betriebs- und Personalkosten seine geschäftskritischen Anwendungen laufen.

Für 1998 sind drei Systeme zu nennen, die einen wesentlichen Einfluß auf das Marktgeschehen haben: Microsoft Windows NT 5.0, Novell Netware 5, Unix am Beispiel HP-UX 11 und Sunsoft Solaris 2.6.

Die Position von Microsoft ist praktisch unerschütterlich. Eine Vereinheitlichung der Ressourcenverwaltung kann man nur mit einem guten Verzeichnissystem erreichen. NT 5.0 positioniert hier den Active Directory Service (ADS) als skalierbare, replizierbare und fehlertolerante Komponente. Als Adreß-Auflösungsmechanismus wird Domain Name System (DNS) benutzt. Daraus ergeben sich Anpassungsprobleme mit bestehenden Installationen, denn im Rahmen einer sauber konstruierten ADS-Umgebung müßten bestehende DNS-Konfigurationen eventuell geändert werden, was problematisch sein kann. ADS verläßt sich auf Baumstrukturierung und setzt zur Koordination verschiedener Domänen die Kerberos-Technik ein, womit sich eine hohe Sicherheit erzielen läßt. Allerdings konvergiert das System an dieser Stelle Richtung Unix, was ihm nur guttun kann. In den bislang vorliegenden Versionen werden als Clients nur NT-4- und NT-5-Workstations unterstützt. Dazu kommen Windows 95 und 98, eine Unterstützung von Clients mit weniger als 32 Bits bleibt fraglich.

Hinsichtlich des Netzwerk- und Systemmanagements werden die Entwicklungen um SMS (System Management Server) weitergetrieben. Hier liegen Fluch und Segen nah beieinander, weil der Grad der Unterstützung von Anwendungen sich danach richtet, ob diese von Microsoft oder befreundeten Systemhäusern kommen. Wenn die Umgebung stimmt, sind viele Benutzer mit den Möglichkeiten ganz zufrieden.

Momentan fällt auf, daß die Eckdaten für NT 5.0 auf den x86er- (32 Bit) oder Alpha-64-Bit-Plattformen weit auseinandergehen. So werden unter Alpha 32 GByte RAM unterstützt, bei x86 aber nur 4, was keinen Fortschritt gegenüber NT 4.0 darstellt. Unter Alpha können 30 GByte für Anwendungen genutzt werden, das übertrifft viele bekannte Unix-Versionen. Mit "Wolfpack" geht Microsoft das Problem der Fehlertoleranz an: Ein Server kann die Arbeit eines ausgefallenen Kollegen übernehmen. Der Weg zur freien Verteilung von Tasks über verschiedene Rechner hinweg ist nicht mehr weit. Allerdings wird es bei kritischen Anwendungen besser sein, zwei Alpha-Systeme (davon eines redundant) zu betreiben, als mehrere x86er. Innerhalb von zwei Jahren will Microsoft eine NT-basierte Cluster-Lösung entwickeln, die 16 Prozessoren umfassen soll.

Zusammenfassend hat Windows NT 5.0 den Vorzug, einen weiten Bereich von Anwendungen zu unterstützen und von Dritten unterstützt zu werden. Bleibt man in diesem Bereich, sind die Managementfunktionen ausgeprägt. Das Naming-System wird von Spezialisten angegriffen, aber es ist zu früh, darüber endgültig zu urteilen. Hinsichtlich der Total Cost of Ownership kommen mit Windows NT 5.0 endlich die ersten Möglichkeiten zur Fernverwaltung von 32-Bit-PCs. Nach neuesten Analysen sind sie durchaus dazu geeignet, der Java/NC-Bewegung einiges Wasser abzugraben.