Neue Studie plädiert für Klassengesellschaft im Netz

Die Gleichbehandlung der Datenpakete ist volkswirtschaftlich ineffizient, wie eine aktuelle Studie der Universität St. Gallen feststellt. Deshalb plädiert die Universität für eine Einführung von Prioritätsklassen.

Neue Internet-Anwendungen wie Video on Demand, Voice over IP, Online-Spiele oder gehostete Anwendungen erzeugen nicht nur umfangreiche Datenströme, sondern stellen auch hohe Anforderungen hinsichtlich der Vollständigkeit und Beständigkeit der Übertragung. Die Gleichbehandlung aller zu übertragenden Inhalte wird diesen Ansprüchen kaum gerecht. Eine aktuelle Studie der Universität St. Gallen plädiert deshalb für die Einführung von Prioriätsklassen, im Fachjargon: für eine Quality-of-Service- oder QoS-Struktur.

Was passieren kann, wenn jedes Datenpaket mit derselben Dringlichkeit transportiert wird, zeigte sich Ende vergangenen Jahre in Südostasien: Ein Seebeben hatte sechs von acht Unterwasserkabeln vor der taiwanischen Küste zerstört. Die verbliebenen Kapazitäten wurden von hochvolumigen, aber ökonomisch relativ wertlosen Anwendungen verstopft, so dass einfache Transaktionen wie beispielsweise die Authentifizierung von Kreditkarten nicht mehr funktionierten, erläutert Walter Brenner, Lehrstuhlinhaber am St. Gallener Institut für Wirtschaftsinformatik (IWI).

Gemeinsam mit seinen Professorenkollegen Rüdiger Zarnekow (Technische Universität Berlin) und Jörn Kruse (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg) hat Brenner untersucht, wie sich diese für Anbieter wie Konsumenten unbefriedigende Situation verbessern ließe. Die Studie soll am Donnerstag über die Webpage der St. Gallener Hochschule zum Download bereitstehen. Gegen Entgelt wird später auch eine gedruckte Version zu haben sein.

Das momentan übliche "Best-Effort"-Modell ist "innovationsfeindlich" und "ökonomisch ineffizient", fasst Kruse die Untersuchungsergebnisse aus wirtschaftlicher Sicht zusammen. Indem die nach kommerziellen Gesichtspunkten geringwertigen, aber datenintensiven Applikationen immer mehr zunähmen, verdrängten sie die bereits vorhandenen "hochwertigen" Anwendungen und verhinderten möglicherweise sogar das Entstehen neuer Geschäftsmöglichkeiten im Internet.